Olivenöl aus Palästina
QU: Solothurner Tagblatt, 14. November 2001

Viel Arbeit für ein wenig Hilfe

Sami Daher, Besitzer der «Pittaria», setzt sich für seine Heimat Palästina ein: Er verkauft Olivenöl von palästinensischen Bauern. Denn wegen Israels Blockade haben diese wenig Aussicht auf Handel.

Fabian Schäfer

Die beiden Frauen fahren durch besetztes Gebiet. Sie werden von israelischen Militärs kontrolliert. Wenig später können sie die traurige Fahrt fortsetzen. Sumaya Farhat-Naser, Uni-Dozentin im palästinensischen Bir Zeit, Ehrendoktorin der Uni Münster und freie Autorin, will einer Freundin Land und Olivenbäume zeigen. Von dieser Fahrt ist in einem offenen E-Mail vom Juli zu lesen. Die Frauen fahren durch die Westbank. «Bald darauf sehen wir tiefe Gräben im Land und völlige Verwüstung.» Soldaten, die Erde verbrennen, die mit Bulldozern die Olivenbäume zerstören. «Mir bricht das Herz; ich bin mit diesen Bäumen aufgewachsen.»
Olivenbäume sind in Palästina nicht nur Bäume. Sie bestimmen die Landschaft und die Wirtschaft. Zumindest bis im letzten Herbst die al-Aksa-Intifada die Lage von Grund veränderte. Das Öl der Bäume, an denen die Bulldozer vorbeifuhren, wird zwar gepresst, aber nicht verkauft. Israel blockiert die Ausfuhr.


Viel Öl, aber kein Brot
Da will Sami Daher helfen. Er kommt selber aus Palästina, aus Nazareth, und lebt seit über 20 Jahren in der Schweiz und führt die inzwischen legendäre «Pittaria» in der Theatergasse. Seit langem ist er für Palästina in der Solidaritäts-Bewegung aktiv, erst recht seit Ausbruch der neuen Intifada. «Wir wussten, dass die Bauern das Vierfache einer gewöhnlichen Ernte eingebracht haben», sagt er. Und das ausgerechnet im letzten Herbst, als Israels Blockade einsetzte.
Dass die Ernte so gross ausfiel, erklärt er mit der einfachen Landwirtschaft, ohne Maschinen und Chemie, da gäben die Bäume lange wenig, dann viel her. «Jetzt haben sie viel Öl, aber kein Brot zum essen.»
Gemeinsam mit Gesinnungsgenossen gründete Sami Daher den «Verein Kampagne Olivenöl». Das Ziel ist klar: den palästinensischen Kleinbauern einen fairen Preis bezahlen, das Öl in die Schweiz verschiffen und hier verkaufen. «Aber nicht in irgendeinem Ladenregal», ergänzt er, «wir wollen es selber verkaufen.» An Marktständen zum Beispiel, wie Ende Oktober in Solothurn, oder im eigenen Laden, in der Pittaria. Denn wer das Öl kauft, der soll auch auf das Schicksal Palästinas hingewiesen werden.


9000 Liter Olivenöl
Das Problem war, wie erwartet, die Ausfuhr. Nur mit zweieinhalb Monaten Verspätung und mit Hilfe der Parc (Palestinian Agricultural Relief Committees), einer nicht gewinnorientierten Organisation aus Ost-Jerusalem, gelang es, genug Öl zu verschiffen. Die Parc unternimmt ähnliche Anstrengungen für Exporte nach Italien, Belgien oder Deutschland.
In die Schweiz lieferte sie 9000 Liter Olivenöl (extra virgin, «mit wenig ungesättigten Fettsäuren und Rückständen», wirbt Daher). Via Genua gelangte das Öl nach Burgdorf in die Abfüllerei und von dort in Läden in der ganzen Schweiz, auch in Sami Dahers Pittaria. Dort stehen allerdings nur noch sieben Schachteln mit Flaschen. «Wir hätten nie gedacht, dass wir das Öl so schnell verkaufen könnten.» Sollte sein Vorrat ausgehen, wird er die Kunden in den Drittweltladen «claro» nebenan schicken, der auch Olivenöl aus Palästina verkauft.
Jetzt will der Verein die Arbeit auswerten, Rechnungen bezahlen und weiterschauen. Eine Fortsetzung soll das Unternehmen sicher haben. «Ab März oder so» möchte Daher wieder Öl verkaufen können.


Tropfen auf heissen Stein
Und das alles im Bewusstsein, dass die ganze Arbeit nur ein Tropfen auf einen heissen Stein sein kann. «Aber wenn in Palästina irgendwann ein Staat entstehen soll, muss man jetzt helfen und Beziehungen und Organisationen aufbauen.»
Sumaya Farhat-Naser lebt in Palästina, in der Westbank, wo die Bauern diesen Herbst wieder Oliven ernten - falls ihre Bäume noch stehen. Das Ende ihres offenen E-Mails: «Ich bin noch immer voller Schmerz, und ich schreibe, damit niemand es wagen wird zu sagen: <Ich habe es nicht gewusst>.»


zurück


© Aktion Kinder des Holocaust 2001