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  Zweifel an den Methoden des Fricktaler «Nazi-Jägers» Heinz Kaiser fehle «psychologisches Know-how», kritisiert Samuel Althof von der «Aktion Kinder des Holocaust»
 

QU: Basler Zeitung, 03.02.2007

PHILIPP LOSER
Morgen Sonntag wird ein neues Internetportal für ausstiegswillige Rechtsextreme aufgeschaltet. Unterstützt wird www.zugera.ch vom Fricktaler «Neonazi-Jäger» Heinz Kaiser. Seit Jahren kämpft Kaiser gegen Rechtsextremismus mit nicht unumstrittenen Methoden.

Siehe auch weiter unten:

Neonazi-Aussteiger: Bedingt glaubhaft
Anmerkungen der akdh

18 ausgedruckte A4-Seiten ist das Mail lang, das Heinz Kaiser vor eineinhalb Jahren an einen schweizweit bekannten Rechtsextremen verschickte. 18 Seiten voller Andeutungen, Androhungen und Ultimaten. «Ich verrate Ihnen natürlich nicht, welche gesetzlichen Repressalien Ihnen demnächst bevorstehen könnten, aber ich kann Ihnen aufzeigen, wie Sie die zu erwartenden Sanktionen strafmildernd reduzieren können», hiess es im Brief. Kaiser schlug dem Rechtsextremen als «letzte Chance» ein Treffen auf dem Rütli vor, wo er sich vor versammelten Medien vom «braunen Sumpf» lossagen sollte.

Besagter Rechtsextremer stand bereits zu diesem Zeitpunkt in Kontakt mit Samuel Althof von der «Aktion Kinder des Holocaust». Der psychologische Berater mit eigener Praxis hilft seit rund zehn Jahren jungen Rechten, die aus der Szene aussteigen wollen. Er zweifelt an den Methoden von Heinz Kaiser: «Es fehlt ihm das psychologische Know-how und eine entsprechende Ausbildung, um Ausstiegswilligen wirklich zu helfen.» Mit harschen Briefen wie dem anfangs zitierten sei den jungen Männern nicht geholfen: «Sie gelangen von einer Dominanz-Orientierung in die nächste.» Als Beispiel nennt Althof Patrick Sandmeier, der in diversen Medien als «Vorzeige-Aussteiger» präsentiert wird und eng mit Kaiser zusammenarbeitet. Am Sonntag wird Sandmeier unter www.zugera.ch ein Internetportal für ausstiegswillige Rechte aufschalten. «Wenn jemand wirklich aussteigen will, braucht es eine innere Einkehr und eine lange Trauerphase», ist Althof überzeugt. Mit verfrühten Auftritten in der Öffentlichkeit wie jenen von Sandmeier wirke man dem diametral entgegen. Althof ist nicht der Einzige, der die Methoden von Kaiser kritisiert; er ist jedoch der Einzige, der dazu mit seinem Namen steht. Heinz Kaiser lässt die Kritik gänzlich unberührt: «Seit wann braucht es ein Diplom, um Rechtsextremen zu helfen?» Klar habe er damals beim Brief «Gas gegeben», aber das sei nur eine Reaktion auf den Kontakt mit dem Rechtsextremen gewesen.

Seit 15 Jahren arbeite er sehr erfolgreich und ehrenamtlich. «Wahrscheinlich ist Herr Althof einfach neidisch.» Kaiser war in der vergangenen Zeit häufig Thema von Medienberichten, darunter der baz er verzeigte mehrere Pnos-Mitglieder und strebt ein Verbot der rechtsextremen Partei an. Im Moment sei er an einer Dokumentation über rassistische Internet-Chatforen. «Dabei arbeite ich auch immer gut mit der Kantonspolizei Aargau zusammen.» Dort gibt man sich bedeckt. Sprecher Rudolf Woodtli: «Zum Fall Kaiser äussern wir uns nicht.»

Siehe auch:
Heinz Kaiser: Allein gegen den braunen Sumpf

 

Neonazi-Aussteiger: Bedingt glaubhaft

VON ALEXANDER SAUTTER
QU: Sonntagsblick 03.02.2007

Siehe auch:
Was die Hammerskins zu Patrick Sandmeier sagen   pdf

Ex-Neonazi Patrick Sandmeier (24) präsentiert sich in den Medien als geläuterter Aussteiger. Aber nicht alles, was er sagt, stimmt.

Sandmeier hat geprügelt und gepöbelt. Behauptet er. Als Neonazi in Springerstiefeln und Bomberjacke habe er Angst und Schrecken verbreitet. Vor vier Jahren sei damit Schluss gewesen. Wie es damals war, erzählte Sandmeier unter anderem dem «Tages-Anzeiger» und «20 Minuten». Nach seinem Ausstieg sei er von früheren Kameraden massiv bedroht worden, gab er dem «Beobachter» zu Protokoll: «Zwei Wochen lang patrouillierte eine Polizeistreife vor meinem Haus.»

Doch die, die da patrouilliert haben sollen, wissen von nichts: «Wir haben diese Aussage mit grossem Erstaunen gelesen», sagt der Aargauer Polizeisprecher Rudolf Woodtli. «Wir haben nie vor Herrn Sandmeiers Haus patrouilliert oder ihn auf irgendeine Art und Weise beschützt.»

Ist Sandmeier nur ein Bluffer? Ein ehemaliges Mitglied der Szene sagt: «Er war höchstens Mitläufer und nie so aktiv, wie er heute behauptet.»

Heute Sonntag startet Sandmeier mit Unterstützung des selbst ernannten Neonazi-Jägers Heinz Kaiser ein Internetportal namens zugera.ch für ausstiegswillige Rechtsextreme. Wegen der Finanzierung fragte Sandmeier bei der Eidgenössischen Fachstelle für Rassismusbekämpfung nach. Doch dort winkte man ab: «Dieses Projekt entspricht nicht unseren Qualitätskriterien», sagt Fachstellenleiter Michele Galizia.

Nach SonntagsBlick-Informationen gibt es auch bei der Fachstelle erhebliche Zweifel, ob Sandmeiers Selbstdarstellung mit der Realität übereinstimmt. Kaiser verteidigt Sandmeier: «Er ist noch ein Anfänger mit solchen Projekten, deshalb unterstütze ich ihn.»
Patrick Sandmeier selbst war trotz wiederholter Anfragen für SonntagsBlick nicht zu sprechen.

11.02.2007 Korrigenda:
Der SonntagsBlick zitierte letzte Woche den Sprecher der Kantonspolizei Aargau, wonach diese nie vor Patrick Sandmeiers Haus patrouilliert habe. Das ist und bleibt richtig. Wichtig ist aber: Für die Wohngemeinde Sandmeiers war gar nicht die Kantonspolizei Aargau, sondern die Stadtpolizei Aarau zuständig. Diese bestätigt auf unsere Anfrage, letzten August mehrmals vor Sandmeiers Haus patrouilliert zu haben, was die Kantonspolizei allerdings nicht wusste.


  09.02.2007
Anmerkung der akdh


Akdh Recherchen ergaben, dass Patrick Sandmeier nach einem Fernsehauftritt bei TeleM1 sich bei der Stadtpolizei Aarau meldete, nach dem er als Folge seines Auftritts telefonisch belästigt wurde. Die Stadtpolizei Aarau, die auch für die Gemeinde Erlinsbach zuständig ist, führte danach mehrere Patrouillien Fahrten bei Hr. Sandmeier durch.

Diese Tätigkeit kann nicht als Polizeischutz bezeichnet werden. Sie ist ein übliches Vorgehen das angewendet wird, wenn Betroffene sich ängstigen.
Im Beobachter vom 19.01.2007 wurde berichtet: „Als der Aargauer der Szene den Rücken kehrte, wurde er massiv verprügelt und brauchte Polizeischutz“.
Ähnliches behauptet gerne auch Heinz Kaiser von sich.

Es dürfen die Fragen gestellt werden, ob sich Patrick Sandmeier und Heinz Kaiser mit dem imaginierten „Polizeischutz“ und der damit verbundenen vorgängigen möglichen Bedrohung eine grössere Aufwertung oder Anerkennung versprechen oder dient sie der Darlegung einer höchst riskanten Arbeit und damit dem Aufbau eines operativ sehr bedrohlichen Feindbildes zur Rechtfertigung ihres Vorgehens ?

Es kann festgestellt werden, dass Patrick Sandmeier nicht als Folge seines Ausstieges aus der rechtsextremen Szene bedroht wurde.

Die akdh vertritt die Ansicht, dass eine seriöse Begleitung ausstiegswilliger Rechtsextremer, sowie die notwendige Begleitung von deren Familien oder dem weiteren Umfeld des Betroffenen, nur mit einer entsprechenden psychosozialen Aus- und Weiterbildung und einer gleichzeitigen Fachsupervision vorgenommen werden kann.
Diese Bedingungen sehen wir hier als nicht gegeben.


© Aktion Kinder des Holocaust