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Neue Luzerner Zeitung; 2002-08-27
Rechtsextreme
wollen auch in der Innerschweiz über Internet
Propaganda machen. Aber es hat Stolpersteine
und Fallen.
«Heil
Kameraden! Wir kommen aus einer Region, welche früher nur
von Kanacken, Zecken und Jugoslawen bevölkert wurde. Und
darum gründeten wir den Nationalen Widerstand! Mit dem Ziel,
eine saubere und weisse Schweiz.» so begrüsste
der Nationale Widerstand Innerschweiz vor zehn Tagen die Surfer
auf ihrer Homepage. Zum Verkauf angeboten wurden Hakenkreuzfahnen
und Embleme des Nationalsozialismus.
Homepage
wieder gesperrt
Die
Homepage ist inzwischen bereits wieder gesperrt worden. Das Netzwerk
Aktion Kinder des Holocaust (AKdH) ist auf die Seite aufmerksam
geworden und hat den Gratis-Anbieter Yahoo aufgefordert, die Seite
zu sperren. Obschon eine Natelnummer auf der Homepage aufgeführt
ist, konnte der Webmaster nicht eruiert werden. Die Handynummer
lautet auf eine nicht registrierte Prepay-Karte.
Pnos:
«Weiss nicht alles»
Was
steckt hinter dem Nationalen Widerstand Innerschweiz? Der Luzerner
Journalist und Beobachter der Rechtsextremen-Szene, Hans Stutz,
vermutet, dass in der Region Luzern «Bestrebungen von Rechtsextremen
bestehen, eine Organisation auf die Beine zu stellen.» Stutz
glaubt indes nicht, dass in Luzern demnächst rechtsextreme
Parteien an Wahlen teilnehmen werden.
Die
Teilnahme an Wahlen plant für 2003 die rechtsextreme Partei
National orientierter Schweizer (Pnos). Auf deren Homepage wird
auch jedoch ohne Name und Adresse eine Sektion Luzern
angegeben. Will die Pnos auch im Luzerner Wahlkampf mitmischen?
«Unsere Partei ist so stark am Wachsen, dass ich nicht über
alle regionalen Vorhaben Bescheid weiss», sagt ein Pnos-Sprecher.
AKdH-Sprecher Samuel Althof entgegnet: «Die Pnos wird schweizweit
auf nicht mehr als 100 Mitglieder geschätzt.» Und Hans
Stutz fügt an: «Es gibt bis jetzt keine Indizien dafür,
dass in Luzern irgendwelche Aktivitäten der Pnos geplant
sind.»
Ähnlich
denkt Jürg Frischknecht, Zürcher Journalist und Kenner
der Rechtsextremen-Szene, insbesondere der Pnos: «Dass es
diese Leute juckt, ist offensichtlich. Aber sie befinden sich
in einem Dilemma: wer an Wahlen teilnimmt, muss seinen Kopf zeigen.
Das wollen diese Leute nicht.»
Rechtlichen
Spielraum ausnützen
Homepages
rechtsextremer Organisationen, die wie der Nationale Widerstand
Innerschweiz mit Hakenkreuzfahnen und Nazi-Emblemen werben,
befinden sich oft an der Grenze zur Illegalität. Heikel wird
es dann, wenn Hakenkreuzfahnen über eine Homepage vertrieben
werden. Marcel Niggli, Fribourger Strafrechtsprofessor: «Die
Frage stellt sich, ob hier Propaganda betrieben wird oder nicht.»
Wer privat Hakenkreuzfahnen besitzt, macht sich gemäss dem
Rassendiskriminierungsgesetz nicht strafbar. Selbst das Tragen
von T-Shirts mit entsprechenden Symbolen ist erlaubt. «Tendenziell
geht der Vertrieb solcher Symbole über Homepages aber in
Richtung Propaganda.» Bei Verstoss gegen das Rassendiskriminierungsgesetz
drohen Gefängnisstrafen bis drei Jahre.
Das
eidgenössische Justizdepartement will seinerseits auf die
Aktivitäten der Rechtsextremen reagieren: Bis 2003 soll mit
neuen Gesetzesartikeln künftig der Handel, Verkauf und Besitz
von nationalsozialistischen Symbolen gänzlich verboten werden.
«Lockvogel
von Linken»
Zurück
zum Nationalen Widerstand Innerschweiz. Die Homepage, die gemäss
Hans Stutz «sehr dilettantisch aufgebaut ist», scheint
nicht von einer Organisation mit ernsthaften Absichten gemacht
worden zu sein. Stutz: «Ich vermute, dass es sich hierbei
um eine Einzelperson handelt.» Noch weiter geht Samuel Althof:
«Gut möglich, dass die Seite von Linken als Lockvogel
hergerichtet wurde. So können E-Mail-Adressen und Telefonnummern
von Rechtsextremen gesammelt werden.» Althof stützt
seine Vermutung darauf, dass auf der Homepage «im Internet
schon vor langer Zeit aufgetauchte Bilder verwendet wurden.»
CHRISTOPH
REICHMUTH
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