QU:
Baslerstab 22.03.2006
Von Jan Fischer
Der
berüchtigte Holocaust-Leugner Bernhard Schaub macht wieder
von sich Reden. Scheinbar will er sein braunes Gedankengut nun
auch über Gymnastik- und Volkstanzkurse verbreiten.
So bietet der Rechtsextremist von Dornach aus Kurse für «Nordische
Gymnastik» an. Schaub bezieht sich bei diesen Übungen
auf Ideen von Sportaktivisten des Dritten Reichs.
Laut Schaub
entsprechen die Übungen «dem Bewegungstyp des mittel-
und nordeuropäischen Menschen ». Schaub ist einer der
bekanntesten Schweizer Rechtsextremisten. Er ist Mitbegründer
der Nationalen Ausserparlamentarischen Opposition und steht im
engen Kontakt zur deutschen Neonazi-Szene. Er wird deshalb von
deutschen und Schweizer Nachrichtendiensten beobachtet.
Bekannter
Extremist
Als gefährlichen
Werbefeldzug sieht deshalb Samuel Althof von der Aktion Kinder
des Holcaust Schaubs «Nordische Gymnastik»-Kurse:
«Er versucht, sich auf diese Weise ein neues Agitationsfeldaufzubauen»,
ist der Szenekenner überzeugt.«Und Schaub will wohl
auch eine Art rechtsextremen Lifestyle schaffen.» Bis jetzt
seien die Kurse aber noch in der «Entstehungsphase».
Dabei
kooperiert der Rechtsaussen mit Prominenten: etwa Astrid Heinzer,
im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schweizer Volkstanzkreise.
«So will Schaub dem Angebot ein seriöses Antlitz geben»,
vermutet Althof.
Heinzer kannte
Schaub nicht. «Ich wusste nichts von seinen Aktivitäten.»
Nun habe sie sich aber im Internet informiert. «Ich war
konsterniert, ich will nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden.»
Die geplante gemeinsame Veranstaltung im Januar, die im Internet
noch aufgeführt ist, sei sogar ausgefallen. «Schaub
hat keine Halle gefunden.» Heinzer will nun, dass Schaub
den Eintrag im Internet löscht.
Polizei
informiert
Der Schweizer Inlandnachrichtendienst kennt Schaubs Leibesertüchtigungsangebot,
so Sprecherin Danièle Bersier.«Dieser Sachverhalt
ist uns bekannt», hält sie sich jedoch bedeckt. Die
Bundespolizei stehe auch bei diesem Thema mit den kantonalen Behörden
in Kontakt. Die Kantonspolizei Solothurn ist über Schaubs
neue Aktivitäten informiert: «Die Kurse fanden bisher
jedoch ausschliesslich in der Ostschweiz, in Deutschland und in
Schweden statt», erklärt Polizeisprecher Frank Wilhelm.
«Schaub ist seit drei Jahren im Kanton Solothurn nicht mehr
in Erscheinung getreten», so Wilhelm weiter. «Wir
gehen davon aus,dass es sich bei seiner Dornacher Anschrift nur
um eine Briefkasten-Adresse handelt.» Deshalb sehen die
Ordnungshüter in ihrem Kanton aktuell keinen Handlungsbedarf.
Bernhard Schaub war trotz mehreren Versuchen gestern Dienstag
nicht zu erreichen.
Rechtsextremer
will Nazi-Lifestyle kultivieren. Aktion Kinder des Holocaust wehrt
sich gegen Verbreitung der «Nordischen Gymnastik»
QU: Basler Zeitung 22.03.2006
MARTINA
RUTSCHMANN
Klingt
harmlos. «Nordische Gymnastik». Erinnert an Nordic
Walking, an ältere Damen und Herren mit Stöcken im Wald.
So harmlos wie der Wald-Sport scheint diese Form der Gymnastik
nicht zu sein. Denn Bernhard Schaub, ehemaliges Aushängeschild
der rechtsextremen Partei National orientierter Schweizer (Pnos),
steht hinter dem Ganzen. Er bietet entsprechende Kurse in der
Ostschweiz, in Deutschland und Schweden an.
Auf
der Seite «www.nordgym.com» steht, was das Nordische
an dieser Gymnastik sei: «Sie entspricht dem Bewegungstyp
des mittel- und nordeuropäischen Menschen.» Schwerpunkte
der Kurse sind unter anderem Atemschulung und Kräftigungsübungen,
aber auch Themen wie Philosophie, Kraft und Schönheit werden
behandelt. Im Zusammenhang mit der nordischen Gymnastik tauchen
nebst deutschen Philosophen wie Nietzsche auch Namen aus dem dritten
Reich auf.
Sport
der HitlerJugend. Für Samuel Althof von der Rechtsextremismus-Präventions-Organisation
Aktion Kinder des Holocaust ist klar: «Bei diesen Kursen
geht es um mehr als um Gymnastik.» Schaub wolle sein rechtsextremes
Gedankengut unter dem Deckmantel des Sports unters Volk bringen.
«Er versucht, eine Art Nazi Lifestyle zu kultivieren.»
Fakten bestärken Althof in seiner Befürchtung. Auf Schaubs
Homepage sind ein Teil dieser Fakten nachzulesen - allerdings
indirekt. So wird der 1974 verstorbene Pädagoge Hinrich Medau
zitiert, dessen rhythmische Gymnastik im Kurs gelehrt wird: «Die
Deutsche Gymnastik widmet sich der Aufgabe, eine organische Bewegungsschulung
zu verwirklichen und mit deren Hilfe eine neue Leibeserziehung
aufzubauen», soll Medau gesagt haben.
Dass
dessen Gymnastik während des Dritten Reiches von der weiblichen
Hitlerjugend ausgeübt wurde, wird auf der Homepage verschwiegen.
Auch Medaus berufliche Kontakte zu Hitlers Lieblings-Filmemacherin
Leni Riefenstahl werden nicht erwähnt.
VOLKSTANZ
ALS LOCKVOGEL. Menschen aber, die nichts mit der Nazi-Zeit am
Hut haben, werden auf der Homepage namentlich aufgeführt:
Unter anderem Astrid Heinzer von der Basler Volkstanzgruppe. In
Schaubs Programm ist ein Volkstanz-Wochenende mit Gymnastik aufgelistet,
der im Januar hätte stattfinden sollen. Aus dem Kurs wurde
nichts, weil der vorgesehene Saal schon besetzt war.
Am
Morgen sollte nordische Gymnastik betrieben werden, nachmittags
wäre es mit Volkstänzen unter der Leitung Astrid Heinzers
weitergegangen. «Als ich diesem Kurs zugesagt habe, wusste
ich nicht, mit wem ich es zu tun habe», sagt sie. Dann warnte
sie Althof: «Ich bin aus allen Wolken gefallen. Ich habe
nichts von Schaubs Aktivitäten gewusst.»
Althof
streitet nicht ab, dass Schaub charmant sein könne. Genau
das sei das Problem: «Er versucht, mit einer wichtigen Person
aus der Volkstanz-Szene ein grosses Publikum anzulocken, um seine
radikalen Ansichten durchzubringen.» Bernhard Schaub war
für die baz nicht zu erreichen. Er hat eine Adresse in Dornach.
Dort werden Anmeldungen für die Kurse angenommen.
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