Wachsamkeit gefragt
QU: Solothurner Zeitung / NMZ, 2000-09-20; Seite 3a

In der Schweiz gibt es rund 700 Skinheads

Der harte Kern der Skinheads umfasst in der Schweiz rund 700
Personen und dominiert zunehmend die rechtsextreme Szene.
Obwohl der Rechtsextremismus keine grosse Gefahr darstellt,
geben einige Entwicklungen zu Sorge Anlass.

Die Skinheads werden immer jünger, ein guter Teil von ihnen ist
noch minderjährig, wie die Bundespolizei in ihrem gestern
Dienstag veröffentlichten aktualisierten Bericht zur rechten Szene
feststellt. Die von Rechtsextremen provozierten Vorfälle nehmen
seit 1999 wieder zu. Zuvor hatte sich die Lage während einiger
Jahre beruhigt gehabt.

Erhöhte Gewaltbereitschaft

Wie zu Beginn der 90er-Jahre nahmen die Übergriffe auf
Asylunterkünfte zu. 1999 registrierte die Bundespolizei elf
Anschläge. Strafverfahren und verschiedene gravierende Vorfälle
der jüngsten Vergangenheit lassen laut Bundespolizei auf eine
erhöhte Gewaltbereitschaft der Rechtsextremen schliessen. Die
Skinhead-Gruppen begannen die neuen
Informationstechnologien intensiv zu nutzen. Zum einen dienten
sie ihnen als schnelles, konspiratives Informationsmedium, zum
anderen nutzten sie das Internet zur Hebung des
Gruppenzusammenhalts, für Propaganda und als Vertriebskanal
rechtsextremer Lektüre und Musik. Zudem wurde das Internet als
niederschwellige Einstiegsmöglichkeit für Aussenstehende
benutzt.

In Deutschland gibt es laut Bericht der Bundespolizei Hinweise,
dass rechtsextreme Parteien Anhängerinnen und Anhänger aus
dem Dunstkreis gewalttätiger Skinheads rekrutieren. In der
Schweiz existiert bis anhin keine eigentliche neonazistische
Partei. Laut Bundespolizei sind die Schweizer Skinheads
deshalb weit politischer als in den Nachbarländern. Sie suchen
bereits seit den 80er Jahren nach tragenden Strukturen. Nach
dem Scheitern verschiedener Bewegungen stellen die
Staatsschützer neuerdings wieder Bemühungen zu einer
erneuten Politisierung der Szene fest.

Keine grosse Gefahr

Nach Einschätzungen der Bundespolizei stellen die
Rechtsextremen und insbesondere die Skinheads derzeit keine
grosse Gefahr für die nationale Sicherheit dar. Einige
Entwicklungen geben allerdings Anlass zur Sorge und verlangen
erhöhte Wachsamkeit. Kurzfristig sei in der Schweiz mit einer
erhöhten rechtsextremen Tätigkeit zu rechnen, schreibt die
Bundespolizei. Zudem steige die Gewaltbereitschaft. Sollte sich
in der Schweiz eine Führerfigur in der Skinhead-Szene
etablieren und allenfalls mit ausländischer Unterstützung eine
nationale Struktur entstehen, könnte sich das rechtsextreme
Potenzial stark erhöhen.

Demonstration in Liestal

Zurzeit wehren sich die Kantone selbst gegen
Rechtsextremismus. So hat beispielsweise die Baselbieter
Regierung die Durchführung einer Kundgebung der
rechtsextremen Partei National Organisierter Schweizer (PNOS)
verboten. Falls die Kundgebung am Samstag in Liestal trotzdem
stattfinden sollte, sind polizeiliche Vorbereitungen getroffen
worden, wie Alex Achermann von der Landeskanzlei sagte. Die
Partei hat gegen die Ablehnung des Gesuchs Beschwerde
erhoben.

sda

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