Dünger für die braune Saat
QU: FACTS, 2001-12-06; Seite 37; Nummer 49

Pnos - Die Partei National Orientierter Schweizer organisiert am 8. Dezember in der Region Basel einen Vortragsabend. Auch der Holocaust-Leugner Bernhard Schaub tritt auf.

Von Andreas Schmid
Aus der linken Gesässtasche seiner Jeans ragt der rote Pass. Es ist der einzige Farbtupfer an Sacha Kunz, 23. Von den Kampfstiefeln bis zum Kragen ist der Präsident der braunen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) dunkel gekleidet. Sein Blick ist ebenso finster. Der Kurzgeschorene provoziert misstrauische Blicke in der Geissgasse mitten in der Altstadt von Rheinfelden AG, wo es vor Bürgerlichkeit trieft. An den Eingangstüren der Metzgerei, des Coiffeurs, der Krankenkasse und des unverdächtigen Ladens, der fairen Handel propagiert, hängen Plakate für Weihnachtskonzerte und Kerzenziehen.

Die Pnos hat anderes vor: einen Vortragsabend mit Neonazis in der Region Basel. Ein Vertreter der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) - unter dem Pseudonym John Brückel angekündigt - wird am Samstag, 8. Dezember, zum Thema «Zeitbombe Nahost» referieren. Die Pnos sei solidarisch mit der rechtsextremen NPD, sagt Sacha Kunz. «Wir machen das Gleiche in der Schweiz wie die NPD in Deutschland.» Neben Brückel spricht am Vortragsabend der bekannte Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub, 47, über den «Volksstaat der Zukunft». Er ist Pnos-Mitglied. Parteipräsident Kunz persönlich sorgt am Samstag für die musikalische Unterhaltung: Mit seiner Gitarre wird er die Schweizer Nationalhymne und Wanderlieder spielen.

Ausgerechnet an der Geissgasse in Rheinfelden wollten Sacha Kunz und sein Kollege Marc Masselier, 23, ein Geschäft mit Skinhead-Kleidern, Reichskriegsflaggen und Neonazi-Musik einrichten. Der Laden wird nie eröffnet werden, Kunz und Masselier sind Ende November aus dem Mietvertrag ausgestiegen. Das Lokal, vor dem der stämmige Kunz posiert, passt nicht in die propere Einkaufsstrasse. Die Schaufensterscheiben im Parterre sind eingeschlagen und mit antifaschistischen Parolen versprayt, die Fassade bröckelt. Der Widerstand aus der Bevölkerung, die kaputten Schaufensterscheiben und Morddrohungen haben die Neonazis dazu bewegt, einen anderen Standort zu suchen. «Primitive Anfeindungen brauche ich nicht», ärgert sich Kunz. «Ganz sicher ist, dass wir nun anderswo einen Laden auftun», sagt Masselier. Bis es so weit ist, vertreiben die beiden die einschlägige Neonazi-Musik weiter über ihren Lolo-Versand in Basel, den sie im September gegründet haben.
Sacha Kunz: PNOS Präsident
Foto: Stafan Jäggi, FACTS

Sacha Kunz zieht nervös an einer Zigarette. Sein rechter Handrücken ist mit Tätowierungen versehen: einem Hakenkreuz und den Buchstaben S-K-I-N - vom kleinen Finger bis zum Zeigefinger. «Ich bereue die Tätowierungen», beteuert Kunz. Er habe sie mit 15 Jahren machen lassen, um aufzufallen. «Ideologisch bin ich nie dazu gestanden.»

Der gelernte Maurer war früher aktiv bei der international berüchtigten, rassistischen Skinhead-Bewegung «Blood and Honour». Im September 2000 gründete er die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos). Laut Kunz hat die Pnos inzwischen über 100 Mitglieder im Alter zwischen 16 und 87 Jahren. Jürg Bühler vom Dienst für Analyse und Prävention im Bundesamt für Polizei dagegen schätzt die Mitgliederstärke der Partei nur auf wenige Dutzend. «Weil einer im Kern undemokratischen Bewegung ein demokratischer Anstrich gegeben wird, ist sie dennoch ernst zu nehmen», warnt Bühler.

«Die Schweiz darf kein Vielvölkerstaat werden», fordert die Pnos in ihrem Programm. «Die Schweiz uns Schweizern», lautet die Maxime. «Wir sind Sozialpatrioten», sagt Kunz. Ein Porträt von General Guisan ziert seine Basler Wohnung.

Er habe auf dem Bau oft als einziger Schweizer mit Ausländern zusammengearbeitet, erzählt Sacha Kunz. Und in der Freizeit sei er wegen seines Äusseren oft von Ausländern angerempelt worden. «Die reden gar nicht», schaltet sich Marc Masselier ein, «sie schlagen sofort zu.»

Seine Stelle auf dem Bau hat Kunz verloren, nachdem der «Blick» im Juli über seine rechtsextremen Aktivitäten berichtet hat. Seither ist er ausschliesslich für den eigenen Lolo-Versand tätig. Der Pnos-Präsident lebe von Gönnern im Hintergrund, die auch für das finanzielle Wohl der Partei sorgten, vermuten Szenekenner.

Der Pnos-Präsident wirkt verstockt. Für die Rhetorik ist der unscheinbare Marc Masselier besorgt. Die Kleidung - Turnschuhe und farbige Windjacke - outet den Metzger nicht als Neonazi. «Politisch bin ich Nationalsozialist», bekennt Masselier. Ein Hitler-Anhänger sei er aber nicht: «Massenmorde toleriere ich nicht.»

Masselier ist in der Partei für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Mit einem Inserat in der Gratiszeitung «Baslerstab» hat er Mitte November um Mitglieder für die Pnos geworben. Auf sich aufmerksam gemacht hat die Partei schon am 1. August mit einer Rechtsextremen-Party im Fricktal. Deshalb wird die Polizei am 8. Dezember besonders achtsam sein. «Wir wissen vom Vortragsabend und werden ihn genau beobachten», sagt Klaus Mannhart vom Basler Polizeidepartement.


Staatsschützer
Von der Gewalt zur Politik

Die rechtsextremen Gruppierungen in der Schweiz festigen und durchmischen sich.

Laut Staatsschutzbericht 2001 gehören in der Schweiz 800 bis 900 Personen zum Kern der Skinheads, 200 mehr als im Vorjahr. Aktiv sind rechtsextreme Gruppierungen vor allem in der Ostschweiz und in den Kantonen Zürich, Bern, Luzern, Aargau und Basel. «Es gibt eine neue Tendenz von der Gewalt zur Politik», sagt Jürg Bühler vom Dienst für Analyse und Prävention im Bundesamt für Polizei. «Damit wollen sich rechtsextreme Gruppen ein gefestigtes Fundament schaffen.» Am konsequentesten prakti- ziere dies die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) in Basel. Die Skinhead-Vergangenheit vieler Mitglieder lasse Gewalt jedoch nicht ausschliessen. «Wir können absolut kei- ne Entwarnung geben», sagt Bühler. Gemäss seiner Einschätzung sind Skinhead-, Hooligan- und die politisch rechtsextreme Szene zunehmend durchmischt. Weniger bedrohlich als die Pnos ist für den Staatsschützer derzeit die Nationale Partei Schweiz (NPS). Von der Schwester der deutschen NPD «gibt es nur ab und zu kleine Zuckungen», sagt Bühler.

Zusätzliches Konfliktpotenzial ergibt sich durch das Aufeinanderprallen von Links- und Rechtsextremen. Um den eskalierenden Streit in der Region Basel zu schlichten, hat die Aktion Kinder des Holocaust (AKdH) kürzlich Antifaschisten und die Pnos zum Gespräch geladen. Erfolglos: Die linke Seite erklärte von vornherein, «wir reden nicht mit Fa- schisten», Sacha Kunz[100] blieb[100] dem Treffen mit der AKdH trotz Zusage fern. Trotzdem sagt Samuel Althof von der AKdH: «Wir sind weiter bereit, mit dem Pnos-Präsidenten zu sprechen.»


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