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Berner Zeitung; 2003-08-11
Gegen
50 Rechtsradikale trafen sich am Wochenende in Walkringen zum
geheimen
Parteitag. Antifa-Demonstranten störten zuvor den konspirativen
Treffpunkt.
Die Polizei liess beide gewähren.
·
Otto Hostettler
Zuerst lief alles wie geplant: Am Samstagmittag, kurz vor zwölf,
trafen die
ersten Rechtsextremisten beim Bahnhof Hasle-Rüegsau ein.
Am konspirativen
Treffpunkt, der erst kurz vor dem Parteitag den Gesinnungsgenossen
bekannt
gegeben wurde, versammelten sich innerhalb einer Viertelstunde
zwischen 10
und 20 Personen. Von dort wurden sie in den «Bären»
Walkringen geschickt -
zum geheim gehaltenen Treffpunkt der Partei National Orientiert
Schweizer
(PNOS). Vor wenigen Tagen war nur durchgesickert, dass sich die
aus den
Hammerskins entstandene Organisation im Kanton Bern zu einem Parteitag
treffen wollte (diese Zeitung berichtete). Der Treffpunkt Hasle-Rüegsau
wurde darauf via Handy verbreitet.
Bernhard
Schaub verjagt
Doch
die Vereinigung (gemäss Parteiprogramm «radikal - sozial
- national»),
die jeweils auch den Neonaziaufmarsch aufs Rütli am 1. August
organisiert,
musste sich kurzum neu orientieren: Nicht alle konnten planmässig
weiter ans
Nationalistentreffen nach Walkringen fahren. Ausgerechnet der
bekennende
Holocaustleugner Bernhard Schaub, der mit einigen PNOS-Exponenten
vor dem
Bahnhof auf Nachzügler wartete, musste sich im Dorfzentrum
verstecken: Um
12.45 trafen mit der S-Bahn im Bahnhof rund 70 Antifa-Demonstranten
ein,
skandierten lautstark Parolen gegen Faschisten und jagten das
verbliebene,
sichtlich überraschte Grüppchen davon. Eine gute Stunde
«besetzten» sie den
Bahnhof, «damit nicht noch mehr Neonazis an den Parteitag
gelangen», wie ein
Antifa-Sprecher sagte. Triumphierend wühlten darauf die vermumten
Aktivisten
in zwei Autos, darunter Schaubs BMW, und frohlockten mit den Ausweisen
des
49-Jährigen.
Auch
wenn ein Parteisprecher der rechtsnationalen Organisation anschliessend
betonte, Schaub sei nicht Mitglied der PNOS, gilt dieser als eigentlicher
ideologischer Führer der neuen rechtsnationalen Bewegung.
Er gehört zwar dem
Parteivorstand inzwischen nicht mehr an.Dochdie Zeitung «Deutsche
Stimme»
der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands
(NPD)
bezeichnete Schaub als Verfasser des PNOS-Parteiprogramms. Dennoch
sagt ein
PNOS-Exponent, Schaub nehme an der Versammlung in Walkringen nur
«als
Besucher» teil.
Schaubs
Reich
Immerhin,
Schaub hatte für seinen Besuch im Kanton Bern vorgesorgt:
In
seinem Auto fanden die Antifa-Demonstranten zahlreiches Propagandamate
rial,
darunter diverse Musik-CDs (z. B. Marschmusik der Waffen-SS),
ein Liederbuch
des Freibunds sowie Stapel seiner eigenen Pamphlete «Reich
Europa». Darin
schwärmt Schaub von einem «neuen Reich», das
«von einer höheren Einheit
beseelt» wird und dessen «Reichsregierung» die
Vermischung der Völker
verhindern werde.
Dutzendweise
gefunden wurde auch Schaubs 12-seitiges Blättchen «Leitsätze»
der Nationalen Ausserparlamentarischen Opposition der Schweiz
(NAPO). Diese
sieht sich als «Sammelbewegung für den echten nationalen
Widerstand in der
Schweiz». Im Hetzblatt heisst es auch: «Wir betrachten
Kulturfremde und
Fremdrassige in unserem Land und in Europa als Zivilbesatzer.»
Noch am
Samstagabend liessen Antifa-Verantwortliche verlauten, sie hätten
in Schaubs
Auto auch sein Adressbuch mit 339 Einträgen sowie sein Handy
mit 250
Telefonnummern gefunden. Arbeit für die Polizei gab es nur
am Rand: In
Hasle-Rüegsau war sie anfänglich gar nicht vor Ort,
später hielt sie sich
gegenüber der Antifa ebenso im Hintergrund wie in Walkringen
beim Parteitag
der Rechtsextremen.
Polizei
kontrolliert
Es
sei darum gegangen, eine Konfrontation zu vermeiden, sagte gestern
ein
Sprecher der Kantonspolizei. Am Ende des PNOS-Parteitages in Walkringen
habe
die Polizei sämtliche knapp 50 Besucherinnen und Besucher
kontrolliert,
liess die Kantonspolizei verlauten. Ob darunter auch der NPD-Mann
John
Bürgel gewesen sei, wollte die Polizei nicht bestätigen.
Rechtsradikales
Propagandamaterial sei keines sichergestellt worden - auch nicht
in den
beiden von den linken Aktivisten demolierten Fahrzeugen. Ermittlungen
zu
Sachbeschädigungen seien im Gang.
der
auftritt der PNOS
«Moderat,
eher rechts»
Die
Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) präsentiert
sich in den
letzten Monaten gegen aussen betont moderat. Die Zeit der kahl
rasierten
Köpfe ist vorbei, an der Veranstaltung waren nur wenige der
rund 50
vorwiegend jungen Personen (darunter etwa ein Dutzend Frauen)
kurz
geschoren. Man gibt sich schick angezogen im weissen Hemd.
Am
Rand ihres Parteitages in Walkringen liessen die Rechtsnationalen
süffisant verlauten, im Gegensatz zur gewalttätigen
Antifa-Bewegung sei die
PNOS «gewaltlos». Und: Die Umweltpolitik gleiche jener
der Grünen, die
Familienpolitik sei fast wie jene der CVP, nur bei der Ausländerproblematik
sei man «eher rechts», sagte der 21-jährige Ralph
Aschwanden. Er, der im
Kanton Aargau für den Nationalrat kandidiert, meint zur Position
in der
Ausländerpolitik: «Wir sind nicht so wie die SVP, die
nur spricht und dann
doch nichts macht.»
Laut
einem anderen PNOS-Exponenten habe die rechtsnationale Partei
auch im
Kanton Bern über eine Nationalratsliste nachgedacht. Doch
der von ihnen
angefragte - und seit Jahren einschlägig bekannte - Rechtsradikale
Roger
Wüthrich winkte ab. Am Parteitag in Walkringen trat als Gastredner
«der Herr
von der NPD» auf, wie der Parteisprecher den Deutschen John
Bürgel nannte.
Bürgel aus Süddeutschland ist Mitglied der rechtsextremen
Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). An der Veranstaltung
dabei
war Bernhard Schaub, der seit Jahren rechtsnationale Parolen herausgibt,
den
Genozid an den Juden im Zweiten Weltkrieg bestreitet und immer
wieder vor
Rechtsextremen in Deutschland referiert. Am 1. August formierte
Schaub in
Brunnen die angereisten Rechtsextremen zu einer Viererkolonne,
die darauf
nationalistische und ausländerfeindliche Parolen grölten
und ungehindert
durch den Ort marschierten.
Kollegial
begrüsst wurde in Walkringen auch der 25-jährige Sascha
Kunz, bis
vor wenigen Monaten Präsident der PNOS. Laut einem Parteisprecher
ist Kunz
inzwischen aus der Partei ausgetreten. Kunz betrieb vor zwei Jahren
in
Rheinfelden einen Skinhead-laden, verkaufte Neonazimusik, Reichkriegsflaggen
und Skinheadkleider. Weil Kunz einst Mitglied von «Blood
and Honour» war und
einen «unfähigen» Vorstand um sich hatte, wie
ein PNOS-Aktivist im Vorfeld
der Versammlung sagte, habe er sein Präsidentenamt abgegeben.
Inzwischen hat
die Partei eine neue Struktur: Es gibt nur noch einen «Vorsitzenden»,
dessen
Kompetenz sich auf die Leitung der Delegiertenversammlung beschränkt,
wie
ein PNOS-Sprecher sagt. Damit liege die Macht bei den einzelnen
Sektionen.
«Vorsitzender» ist der bisherige Vizepräsident
Jonas Gysin, ein langjähriger
Mitstreiter von Kunz.
Im
Kanton Bern verfügt die PNOS über ein Postfach in Aefligen.
ohs
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