Kinder
des Holocaust - Die braunen Surfer stoppen
QU: Basler-Stab, 19. Februar 2001
(Der Basler-Stab ist eine in Basel erscheinende Gratiszeitung,
die in alle Briefkästen verteilt wird)
Die
Basler Organisation kämpft gegen Nazis im Internet.
«Wir
fordern ein konsequentes Löschen aller Naziseiten und eine
wirksame Selbstkontrolle», erklärt Samuel Althof, Sprecher
der Aktion Kinder des Holocaust (AKdH). «Wir machen die
Internet-Provider regelmässig darauf aufmerksam, welche Inhalte
sie anbieten.» Der Einsatz der AKdH ist erfolgreich: Dieser
Tage haben die Swisscom, Sunrise/Diax und Tiscalinet auf Antrag
der AKdH den Zugang eines Providers gesperrt, der nazistisches
Material verbreitet.
Auch
der amerikanische Internet-Provider Yahoo hat auf Initiative aus
Basel über 40 deutschsprachige Sites mit rechtsextremem Inhalt
gelöscht.
Die Aktion Kinder des Holocaust ist ein internationaler Zusammenschluss
von Nachkommen Überlebender der nationalsozialistischen Judenverfolgung
und des antifaschistischen Widerstands sowie deren Angehörigen
und Freunden.
Seit
Jahren gegen rechts
Die Organisation ist in Münchenstein ansässig, agiert
aber international. Seit zehn Jahren kämpft sie schon gegen
Rassismus und Antisemitismus. Althof: «Seit vier Jahren
befassen wir uns systematisch mit Neonazis im Internet. So haben
wir auch das Gespräch mit den Verantwortlichen von Yahoo
gesucht und uns um eine Lösung bemüht», erzählt
Samuel Althof. Claudia Strixner vom Pressedienst Yahoo Deutschland
relativiert: «Es hat ein natürlicher Prozess stattgefunden.
Wir nehmen alle Rückmeldungen ernst und arbeiten mit den
Nutzern an der Qualität unseres Produktes.»
Falls Kenntnisse über Zuwiderhandlung der Geschäftsbedingungen
vorlägen, werde stets reagiert. In den USA herrscht allerdings
ein anderes Verständnis von Meinungsfreiheit. Deshalb gelten
laut Strixner nicht die gleichen Bedingungen wie in Europa.
Kampagne
geht weiter
Der Ausschluss von Internetseiten durch Yahoo bedeutet noch lange
nicht das Ende des Kampfes gegen Hasspropaganda im Internet. Die
AKdH prangert auf ihrer Webseite www.akdh.ch weitere Provider
an, die rechtsextreme Seiten verbreiten. «Das ist unser
Druckmittel», meint Samuel Althof. Viele Anbieter verstossen
mit den Naziseiten gegen ihre eigenen Richtlinien. Durch die öffentliche
Bekanntmachung drohen ihnen Image- und Werbeverluste. So sind
sie eher zur Kontrolle ihrer Server bereit.
«Wenn grosse Provider derartige Seiten verbieten, müssen
sich Rechtsextreme einen spezialisierten Provider suchen»,
erklärt Althof. «Dadurch wird das Angebot für
die eigentlichen Naziprovider zu gross.» Das führt
bei den kleinen Providern zu technischen und finanziellen Problemen.
Als Folge davon mussten bereits einige solche Provider verkauft
werden.
Nebst dankbaren Reaktionen aus Surferkreisen gibt es bei Althof
auch immer wieder aggressive Rückmeldungen. «Beschimpfungen
sind häufig», seufzt der Sprecher der AKdH. «Die
Arbeit ist schwierig und psychisch belastend.» Wie alle
Mitglieder der Organisation schöpft auch Samuel Althof die
Energie zur Weiterarbeit aus seiner persönlichen Geschichte.
Zusammenarbeit
Als Ergebnis der jüngsten Bemühungen hat sich immerhin
eine gewisse Zusammenarbeit zwischen der Aktion Kinder des Holocaust
und Providern wie Yahoo entwickelt. «Es besteht Hoffnung»,
meint Samuel Althof. «Doch die Skepsis bleibt. Schliesslich
tauchen täglich neue Naziseiten auf.»
Stephanie Gratwohl
|