aktuell

archiv

home

 
Internet-Expertenforum gegen Neonazis

QU: Sonntagszeitung, 4.Juni 2001

Pädagogen, Politiker, Juristen, das Bundesamt für Flüchtlinge und der EHC Chur vernetzen sich zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus
Zürich - «Die Zeit wird uns zeigen, dass Hitler Recht hatte! Nach den Juden, die Zürcher», so lautet ein Eintrag im Gästebuch der Website www.zscfan.ch. «Nach Konsultation des Protokolls haben wir festgestellt, dass dieser Eintrag lustigerweise von einem Mitarbeiter der -Versicherung verfasst wurde», schrieb der Betreiber der Seite unbeholfen darunter. Auch der EHC Chur ist mit rechtsradikalen Fans konfrontiert. Er ist deshalb Mitglied von «Netz-Werk», einem neuen Diskussionsforum im Internet zum Thema Rechtsextremismus bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Das Forum richtet sich an Pädagogen, Jugendarbeiter, Sportfunktionäre, Juristen, Politiker, Polizisten und Wissenschaftler. Sie sollen sich im Kampf gegen den Rechtsextremismus vernetzen - europaweit.
Ausgegangen ist die Initiative von der Aktion Kinder des Holocaust (AKdH). Bei verschiedenen Kontakten mit den Behörden stiess der AKdH auf eine latente Hilflosigkeit im Umgang mit Neonazis. «Die Auseinandersetzung mit rechtsradikalen Jugendlichen ist aufreibend, manchmal gefährlich und eine enorme Belastung», sagt Samuel Althof, Sprecher des AKdH. Eine gute Informationsbasis könne eine Entlastung bieten. «Das Netz-Werk ist für Leute, die bei ihrer Arbeit mit Neonazis an Grenzen stossen», sagt Althof. Im Forum sollen keine plumpen Diskussionen stattfinden, sondern grundsätzliche Überlegungen zum Umgang mit Neonazis.
«Auch in anderen Diskussionsforen wird über Rechtsradikalismus diskutiert», sagt der deutsche Pädagoge Manfred Büttner, Herausgeber des Doppelbandes «Braune Saat in jungen Köpfen». «In diesen Foren handelt es sich aber oft um blosses Gerede junger, sehr engagierter Leute, aber nicht um eine ernsthafte, wissenschaftliche Auseinandersetzung.» Büttner, der seit Anfang Mitglied von «Netz-Werk» ist, hält den Ansatz des Forums für einzigartig.
Die Teilnehmer tauschen nach einem aufwändigen Aufnahmeprozedere ihr Knowhow aus, besprechen aktuelle Fälle, unterstützen sich gegenseitig und koordinieren die interdisziplinäre Weiterbildung. Das Forum zählt bereits 18 Mitglieder aus Deutschland und aus der Schweiz. Unter den Schweizer Teilnehmern befinden sich das Bundesamt für Flüchtlinge im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und die Nationalrätin Cécile Bühlmann, Mitglied der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. Ausserdem Franz Kohler, der im Auftrag des Kantons Basel-Landschaft ein Grundlagenpapier zur Verbreitung des Rechtsextremismus unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen verfasst hat, sowie der Provider Tiscali, einige Polizisten und der Vizepräsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes.
Daniela Palumbo


www.akdh.ch/netzwerk-anmeldung.htm




© Aktion Kinder des Holocaust