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Neonazis
auf Bundesamt.ch
QU: Sonntagszeitung,
19. August, 2001
Die AKdH hat den im Artikel beschriebenen Sachverhalt entdeckt
und entsprechende Behörden und die Sonntagszeitung informiert.
Die rechtsradikale Nationale Partei Schweiz tarnte sich mit unverfänglicher
Web-Adresse
VON DANIELA PALUMBO
ZÜRICH - Wer www.bundesamt.ch eintippt, gelangt nicht etwa
auf die offizielle Web-Adresse eines schweizerischen Bundesamts,
sondern auf eine Seite, die bis vergangenen Mittwoch mit der rechtsextremen
Nationalen Partei Schweiz (NPS) verlinkt war. Das Bundesamt für
Informatik und Telekommunikation (BIT) klärt zurzeit ab,
ob der Domain-Besitzer rechtswidrig gehandelt hat.
Anfang Woche prangten aufBundesamt.ch ein Schweizerkreuz-Wappen,
ein Foto des Bundeshauses in Bern und ein Bild der Helvetia. Die
Surfer wurden mit folgenden Worten empfangen: «Willkommen
auf Bundesamt.ch. Hier entsteht eine Seite von Schweizer für
Schweizer.» Unter der sitzenden Helvetia stand der Name
«NPS
Nationale Partei Schweiz». Wer auf die Helvetia
klickte - dem einzig funktionierenden Link -, landete auf der
Homepage der rechtsextremen Partei NPS. Deren Gründer D.M.
musste sich schon wegen eines rassistischen Vorfalls im Kanton
Bern vor Gericht verantworten.
«
ist kein rechtlich geschützter Titel»
Seit
Mittwoch verwischt der Inhaber der Domain bundesamt.ch alle Spuren,
die ihn mit Rechtsradikalen in Verbindung bringen könnten:
Die Helvetia und damit der Link zur NPS sind verschwunden, der
Satz «Hier entsteht eine Seite von Schweizer für Schweizer»
ebenfalls.
Das Bundesamt für Polizei (BAP) weiss seit Dienstag von der
Existenz dieser Deckseite und hat den Fall an das BIT weitergeleitet.
Dieses klärt nun ab, ob der Domain-Besitzer durch die Täuschung
rechtswidrig gehandelt hat. Wenn nicht, sind der Bundespolizei
die Hände gebunden. « ist kein rechtlich geschützter
Titel», sagt Claudio Frigerio, Chef des Rechtsinformationsdienstes
im BIT. Er werde aber dem BAP empfehlen, den zuständigen
Provider aufzufordern, die Web-Seite Bundesamt.ch zu sperren.
Web-Seiten von rechtsextremen Gruppierungen stehen von überall
her unter Druck. Die Betreiber suchen daher immer wieder nach
Schlupflöchern, indem sie ihre Seiten verstecken. «Die
Domain «Die NPS ist eine rechtsradikale Kleinpartei, die
versucht, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen», sagt
Hans Stutz, Beobachter der rechten Szene. Der Versuch der NPS,
durch ihren Auftritt auf Bundesamt.ch mehr Glaubwürdigkeit
zu erlangen, ist wohl gescheitert.
Auch in den USA haben sich deutsche Neonazis Behörden-Domain-Namen
geschnappt. Auf www.bundesinnenministerium.com und www.verfassungsschutz.org
. verbreiten sie ihre Propaganda. Wie der «Online-Spiegel»
berichtete, prüft das Bundesamt für Verfassungsschutz
in Köln jetzt ebenfalls alle rechtlichen Möglichkeiten,
um dagegen vorzugehen.
Streit um www.Behördenadressen
QU: Sonntagszeitung, 26. August 2001
Die Vergabe von Domain-Namen wird neu geregelt: Offiziell klingende
Adressen sollen auch zu einer Behörde führen
VON DANIELA PALUMBO
Die Internetadressen www.bundes-rat.ch, www.bundesgericht.ch,
www.bundesamt.ch, www.bundeshaus.ch oder www.staatsschutz.ch gehören
den Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
könnte man meinen - schliesslich klingen sie alle so schön
offiziell. Falsch: Die genannten «Bundes»-Adressen
sind in den Händen von Namen-Fetischisten und -Besetzern,
welche die Behörden-Web-Adressen blockieren.
Das Bundesgericht in Lausanne beispielsweise musste sich mit der
Domain www.bger.ch zufrieden geben, weil bundesgericht.ch schon
besetzt war. In der Schweiz vergibt die Nonprofit-Organisation
Switch Internetadressen mit der Endung .ch und .li. «Wir
haben keine Ahnung, wie wir mit Bundesnamen verfahren sollen.
Wir wären froh, wenn endlich ein Präzedenzfall geschaffen
würde», sagt Switch-Mitarbeiter Marcel Schneider. Dies
könnte schon bald der Fall sein: Im Moment ist ein Rechtsstreit
gegen den Besitzer der Domain bundesgericht.ch hängig, wie
ein Sprecher in Lausanne bestätigt.
Auch die Bundeskanzlei hat das Problem erkannt: «Kurz- oder
langfristig müssen Adressen wie bundeshaus.ch oder bundesamt.chauf
eine Seite führen, die Informationen über eine offizielle
Behörde enthält, die von dieser offiziellen Behörde
auch geliefert werden», sagt der zuständige Beamte.
Wie der Bund das Problem lösen will, ist jedoch unklar. Switch
hat schon mal erwogen, die im Staatskalender aufgeführten
Namen zu reservieren. Doch dazu ist die Organisation nicht authorisiert,
und beim Bund fehlen direkte Ansprechpartner.
Unterdessen will das Bundesamt für Kommunikation in der Revision
der Verordnung über Adressierungselemente im Fernmeldebereich
die Vergabe von Schweizer Domain-Namen regeln. Die Verordnung
sieht vor, dass die Namen von Kantonen und politischen Gemeinden
für diese reserviert sind. Ausserdem kann das Bakom Gemeingut-Bezeichnungen
enteignen, wenn ein überwiegend öffentliches Interesse
es verlangt. Bis 1. Oktober 2001 sollen etwaige Besitzer von Gemeinde-
oder Kantonsnamen - gegen Entschädigung - die Domain abtreten.
Ferner dürfte das Bakom Internet-adressen, die über
fünf Jahre nicht aktiv sind, neu zuteilen. Ende Jahr ist
ein Bundesbeschluss vorgesehen. Aber die Revision der Verordnung
ist umstritten. Gemäss Internetexperte David Rosenthal könnte
die Revision weitaus weniger weit reichend und ambitiös ausfallen,
als ursprünglich vom Bakom vorgesehen. Laut Rosenthal hätte
der Bund gegen die irreführenden Betreiber von Behördennamen
schon heute etwas in der Hand. Das Lauterkeitsrecht und das Wappengesetz
bieten Möglichkeiten, um gegen Missbrauch vorzugehen.
Seit 1997 versucht Switch, zumindest Missbräuche mit Gemeindenamen
zu verhindern. Wer sich um einen solchen bewirbt, muss das Einverständnis
der Gemeinde vorweisen. Damit alles reibungslos funktioniert,
sollten sich die Gemeinden zuvor aber über die InternetSchreibweise
ihres Namens einigen. St. Gallen beispielsweise könnte man
sowohl mit Bindestrich als auch in einem Wort schreiben.
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