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R F O L G R E I C H E F A H N D
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QU: Der Spiegel, 12. Februar 2001
Private
Nazi-Jäger durchstreifen das Netz
Von
Lutz Kosbab
Sie jagen Neonazis im Internet und müssen selbst mit Morddrohungen
leben. Trotzdem setzt sich die "Aktion Kinder des Holocaust"
gegen alle Widerstände durch.
Eigentlich
hängen Jäger sich tote Köpfe als Jagdtrophäe
an die Wand. Auf der Internetseite der schweizerischen "Aktion
Kinder des Holocaust" (AKdH) zeigen Schnappschüsse von
"erlegten" Homepages den Jagderfolg. Das Bündnis
mit Sitz bei Basel spürt Homepages mit antisemitischen, neonazistischen
und rassistischen Inhalten auf und leitet deren Adressen an Polizei
und Internetprovider weiter.
Auf rechtsextremistische Seiten im Internet hat es die "Aktion
Kinder des Holocaust" abgesehen.
Nahezu 200 Seiten stehen bereits auf der AKdH-Homepage. Mehr als
100 davon wurden inzwischen von Justiz und Diensten, die Homepage-Speicher
im Internet anbieten, gesperrt. Allein der Internet-Dienst Yahoo-Geocities
machte in den vergangenen Monaten 42 Seiten, die AKdH angeschwärzt
hatte, dicht.
"Grundlage
für unsere Recherche ist das deutsche und schweizerische
Strafrecht", erklärt Samuel Althof, Sprecher der Gruppe.
Symbole, Parolen, Lieder, Computerspiele: Althof und seine Mitstreiter
wissen, wonach sie suchen müssen. Als Internet-Polizei fühle
sich die Gruppe zwar nicht, nötig sei ihr Einsatz dennoch.
"Die Behörden sind oft überlastet, einige wissen
vom Internet kaum mehr, als wo die linke und die rechte Maustaste
liegen", weiß Althof. Genug zu tun gibt es immer. Dem
Bundesamt für Verfassungsschutz sind aktuell mehr als 800
Homepages deutscher Rechtsextremisten bekannt. Damit hat sich
die Zahl gegenüber 1999 mehr als verdoppelt. Die Dunkelziffer
ist groß.
Für
ihr Engagement müssen Althof und seine Mitstreiter einiges
einstecken, bis hin zu Morddrohungen per Telefon und Internet.
In Diskussionen wird den politischen Internet-Putzern vor allem
Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgeworfen.
In den USA, wo viele der deutschen Homepages ins Netz gestellt
werden, hat die Redefreiheit traditionell einen hohen Stellenwert.
Das gilt erst recht für das Kommunikationsmedium Internet,
in dem sich auch Extremisten tummeln. Dafür hat Althof kein
Verständnis: "Wenn zu Hass und Mord aufgerufen wird,
kann das nicht von der Meinungsfreiheit geschützt werden."
Der Chaos Computer Club (CCC) aus Hamburg tritt für eine
grenzüberschreitende Informationsfreiheit ohne Zensur und
Behinderung ein. Das soll für alle gelten, geht es nach CCC-Sprecher
Andy Müller-Maguhn. "Die Verfolgung mag strafrechtlich
in Ordnung sein. Doch es entsteht so schnell der Eindruck, man
könne die absolute Kontrolle gewährleisten. Das ist
aber Quatsch. Im Netz findet eine aktive Völkerverständigung
statt. Foren und Newsgroups beweisen täglich, dass die Parolen
der Extremisten auch in der Diskussion schnell entkräftet
werden", erläutert Müller-Maguhn seine Ablehnung
gegen Kontrollmaßnahmen im Netz.
Mit
dem Filtersystem ICRA wollen die Bertelsmann Stiftung und Partner
wie Microsoft und AOL im Sommer eine Software-Lösung für
das Problem anbieten. Die wird auf dem Computer des Surfers installiert
und soll dann schon von vornherein Nacktaufnahmen, Sex, Gewalt
und Kraftausdrücke in Abstufungen aus dem Browser verbannen.
Dabei sollen Interessengruppen wie AKdH ihr Wissen einbringen
können. "Wir wollen über Module auch die Ausschlusslisten
anderer Anbieter in das ICRA-Filtersystem einbeziehen. Dann können
die User selbst die Wertevorstellungen einer bestimmten Gruppe
beim Surfen für sich übernehmen", erklärt
Thomas Hart vom Stiftungsreferat Medien die Pläne.
Ein
schneller Weg, um die Ziele von Gruppen wie AKdH umzusetzen, könnte
man meinen. Doch Samuel Althof lehnt dankend ab: "Damit versuchen
sich die Anbieter nur aus der Verantwortung zu stehlen. Unsere
Arbeit wird dadurch nicht überflüssig." Und CCC-Sprecher
Maguhn bringt es noch klarer auf den Punkt: "Das ist eine
reine Maßnahme zur Steigerung des Umsatzes. So wird jeder
Hausfrau vorgegaukelt, wie sicher doch das Netz sei. Eine ernsthafte
Auseinandersetzung mit problematischen Inhalten wird so nur verhindert."
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