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Schlingensiefs
Schauspieler verkauft weiter Nazi-Artikel
Vom
Ausstieg noch weit weg
Schlingensiefs Schauspieler verkauft weiter Nazi-Artikel
VON DANIELA PALUMBO
QU: Sonntagszeitung, 4. November 2001
ZÜRICH
- Mit seiner umstrittenen «Hamlet»-Inszenierung will
Christoph Schlingensief Neonazis von deren Hass-Ideologie abbringen.
Ob ihm das gelingt, darf bezweifelt werden: Einer der angeblichen
Aussteiger, die in dem Theaterprojekt auf der Bühne stehen,
ist Geschäftsführer einer Firma, die mit Nazi-Musik
und Ku-Klux-Klan-Fahnen handelt.
Seit dem 15. Oktober stehen Schlingensiefs Vorzeige-Ex-Neonazis
Torsten Lemmer und Tim Holzschneider wieder im Zürcher Schauspielhaus
auf der Bühne. Ausserhalb der Proben und Vorstellungen geht
Holzschneider indes noch anderen Geschäften nach. Er ist
Geschäftsführer der Firma VGR Multimedia. Am 18. Oktober
2001 lieferte das deutsche Unternehmen aus Hilden (Nordrhein-Westfalen)
CDs, Aufnäher und Fahnen an eine Basler Adresse. Wert: 563
Mark.
Die Liste der Ware liest sich wie ein Glaubensbekenntnis zu den
Nazis: Aufgeführt sind etwa die CD «Zerschlag deine
Ketten» der Skinhead-Band Sturmwehr sowie die Scheibe «Weisse
Musik Vol. I» der Neonazi-Band Kraftschlag. Geliefert wurden
auch Aufnäher mit Schriftzügen wie «Stolz und
Weiss» sowie mehrere Fahnen des rassistischen Ku-Klux-Klan.
Die Lieferung ging an einen Zwischenhändler in Basel.
Die Firma VGR Multimedia ist Rechtsnachfolgerin von Lemmers Firmen
Creative Zeiten Verlags- und Vertriebs-GmbH (CZ) und Funny Sounds
and Vision GmbH, die beide in Düsseldorf Konkurs angemeldet
haben. Bis zum 21. August 2001 hatte Torsten Lemmer selbst die
Firma VGR geleitet.
Gemäss Lemmer sollen bis Ende Jahr nur noch die Restbestände
im Wert von 20 000 bis 30 000 Mark verkauft werden. Er und Holzschneider
würden kein Geld aus dem Erlös erhalten, sagt Lemmer.
Die VGR habe Andreas Zehnsdorf, den ehemaligen Mitgeschäftsführer
von CZ, angestellt. Dieser beziehe ein Monatsgehalt und habe von
Tim Holzschneider alle Vollmachten erhalten.
Schlingensief
und Lemmer suchen Geld für den Aussteigerverein
Mit
diesen Firmenumstrukturierungen will Torsten Lemmer gemäss
eigenen Aussagen den Verkauf der Firma bis Ende Jahr vorbereiten,
um sein Neonazi-Aussteigertum unter Beweis zu stellen. Garant
für die Glaubwürdigkeit Lemmers ist der 81-jährige
Ludwig Moos, Lemmers Grossvater und Inhaber der Firma VGR.
In einem der SonntagsZeitung vorliegenden Sitzungsprotokoll des
Schauspielhauses Zürich vom 15. Oktober bezeichnet Lemmer
seinen Grossvater als «langjähriges SPD-Mitglied».
Von einem sozialdemokratischen Engagement Moos' gibts in Deutschland
allerdings keine Spuren - im Gegenteil: Gemäss der Berliner
Fachzeitschrift «blick nach rechts» war Ludwig Moos
in den Jahren 1992 und 1993 für die Freie Wählergemeinschaft
(FWG) - eine Republikaner-Abspaltung - stellvertretendes Ausschussmitglied
des Düsseldorfer Stadtrats.
Um den Neonazi-Aussteigerverein Rein, für den Schlingensief
und Lemmer Geldgeber suchen, nicht zu gefährden, soll jetzt
Torsten Lemmer auf Druck des Regisseurs einen Nachfolger für
Tim Holzschneider suchen. Denn dieser ist laut Schlingensief «als
Geschäftsleiter nicht glaubwürdig, da er nicht mit der
nötigen Hirnkapazität ausgestattet ist».
«Hooligan-Laden» wird überprüft
QU: Basler Zeitung, 6. November 2001
In Rheinfelden sorgt ein Laden für Aufsehen, noch bevor er
eröffnet ist. An der Geissgasse bietet der «Lolo-Versand»
demnächst «Hooligan Streetwear» und umstrittene
Symbole zum Verkauf an. Bezirksamtmann Ambrosius Kessler lässt
durch die Polizei abklären, ob ein Gesetzesverstoss vorliegt.
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«Hooligan Streetwear», «Skinhead»-Embleme
und keltisches Kreuz: Viele Rheinfelder stört das Schaufenster
des «Lolo-Versands». Foto BaZ |
Rheinfelden.
vzu. «Was ist denn das, ein Neonazi-Laden mitten in Rheinfelden»,
ruft ein Jugendlicher aus, der mit Kollegen durch die Geissgasse
spaziert und den neuen Laden kurz vor dem Albrechtsplatz sieht.
Auch ein anderer Passant äussert sich bei einem Augenschein
der BaZ entrüstet: «Das ist eine Schande für Rheinfelden.»
Stein des Anstosses ist das Schaufenster des «Lolo-Versands»,
der in ein paar Wochen sein Geschäft eröffnen will.
«Skinheads»
und «Hooligans»
«Hooligan
Streetwear» steht auf der Scheibe zu lesen. Im Schaufenster
werden Symbole präsentiert, die man sonst auf einschlägigen
Neonazi-Seiten im Internet findet. Zum Beispiel ein Kreuz in einem
Ring, das von den weissen Rassisten der «White Pride»-Bewegung
gerne verwendet wird. Daneben sind Gesichtsmasken, Embleme mit
der Aufschrift «Skinheads» und Fahnen mit martialischen
Zeichen zu sehen. «In Kürze wird der Lolo-Versand hier
in Rheinfelden den Hatt-Shop eröffnen» steht auf einem
Blatt Papier geschrieben. Wenig Freude löst diese Ankündigung
in der Nachbarschaft aus. «Die ganze Gasse regt sich auf,
so etwas brauchen wir hier nicht», sagte jemand, der nicht
namentlich genannt werden will. Es ist auch von Angst die Rede,
dass ein solcher Laden unerfreuliche Kundschaft anziehen könnte.
Laut dem «Schweizerischen Handelsamtsblatt» befindet
sich der Sitz des «Lolo-Versands» an der Holeestrasse
133 in Basel. Zweck der Einzelfirma ist der «Versand von
Kleidern und Schuhen». Weiter ist dem «Handelsamtsblatt»
zu entnehmen, dass ein Sacha Kunz, Basel, hinter dem Versandgeschäft
steht. Wie Recherchen der BaZ ergeben haben, ist Kunz Präsident
der ultrarechten Partei National Orientierter Schweizer (Pnos).
In dieser Funktion hat er am 31. Juli dieses Jahres eine Feier
von Rechtsextremen im fricktalischen Oberhof auf dem Bauernhof
der Familie Hess mitorganisiert.
Vom Begriff «Neonazi-Laden» will Marc Masselier, Teilhaber
des «Lolo-Versands», nichts wissen: «Wir werden
nur legale Dinge vekaufen. Und wir richten uns an ein breites
Publikum», erklärte er gegenüber der BaZ. So sollen
auch Artikel für Hardrock-, Techno- und Punk-Fans angeboten
werden.
Legal
oder illegal?
Trotzdem
haben das Bezirksamt und die Kantonspolizei den neuen Laden an
der Geissgasse bereits ins Visier genommen. «Ich wurde von
einer Frau am Freitag auf das Schaufenster aufmerksam gemacht.
Sie hat sich darüber entsetzt gezeigt», sagte Bezirksamtmann
Ambrosius Kessler gestern auf Anfrage. Kessler lässt jetzt
durch die Polizei abklären, ob der Laden über die nötigen
Bewilligungen verfügt und ob er verbotene Symbole anbietet.
«Wenn die Resultate der Abklärungen vorliegen, werden
wir entscheiden, ob wir ein Untersuchungsverfahren einleiten oder
nicht», so Kessler. Wie von der Kantonspolizei zu erfahren
war, gibt es in grösseren Städten eine Vielzahl solcher
Läden, deren Inhaber sich meistens nicht strafbar machen.
Ob legal oder illegal, für den Bezirksamtmann Kessler ist
der Shop auf jeden Fall «verpönt».
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