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Hassseiten
aus dem Netz verdrängen
Zürcher Skinheads betreiben im Internet nazistische Propaganda.
Die Basler Aktion Kinder des Holocaust geht dagegen an.
QU: Tages-Anzeiger, 26. März 2001
Von
Eva Büchi
Im
Februar liess die Schweizer Bundespolizei den amerikanischen Nazi-Provider
"14front88" und seine 754 Seiten auf den grössten
Schweizer Providern Bluewin, Sunrise/Diax, SwissOnline und IP-Plus
sperren. Seither können deren Kundinnen und Kunden die Homepages
von Sturmfront Dällikon nicht mehr anklicken.
Strafuntersuchung
läuft
Weitere Zürcher Homepages wie jene von Skinheads Limmattal
und von 8814webjump.com sind ganz gelöscht worden. Wie viele
Zürcher Skinhead-Seiten im Netz sind, ist der Kantonspolizei
nicht bekannt. Einzig der Betreiber von "8814webjump"
konnte von der Zürcher Kantonspolizei ermittelt werden; gegen
ihn läuft eine Strafuntersuchung. "Nur selten gelingt
es, die Betreiber rassistischer Homepages zu identifizieren, denn
die meisten weichen auf einen amerikanischen Server aus",
erklärt Hans-Jörg Naegeli von der Kantonspolizei Zürich.
Dazu kommt, dass die Betreiber ihre Spuren im Internet verwischen,
indem sie Domain- oder Mailadressen fälschen. Die Zürcher
Skinhead-Szene wachse kontinuierlich, zu einer Radikalisierung
trage das Internet bei, so Naegeli. "Es gibt im Kanton rund
200 aktive Skins, wovon sich die Hälfte einer Gruppe angeschlossen
hat." Bei der Kantonspolizei Zürich existiert kein spezieller
Internetermittlungsdienst; im Dezember hatte der Regierungsrat
die Schaffung einer kantonalen Fachstelle zur Bekämpfung
von Rechtsextremismus abgelehnt.
Hinweise
auf rechtsextreme Homepages erhält die Kantonspolizei hauptsächlich
von der Bundespolizei und Privaten, wie etwa dem Basler Verein
Aktion Kinder des Holocaust (AKdH). Dieser hat sich darauf spezialisiert,
rassistische und antisemitische Homepages auf explizit nazistische
Provider zu verdrängen. Zuerst informiert die AKdH ahnungslose
Provider darüber, dass sie Skinhead-Seiten aufgeschaltet
haben. Um eine Anzeige wegen Verstosses gegen das Anti-Rassismus-Gesetz
zu verhindern, schalten diese Provider die Skin-Seiten ab, so
geschehen etwa beim Schweizer Provider "agri.ch". Die
Betreiber der Skinhead-Seiten müssen einen neuen Unterschlupf
suchen und finden ihn oft bei explizit nazistischen und antisemitischen
Providern. Mit diesem Vorgehen verfolgt die AKdH eine Doppelstrategie.
Einerseits sollen unbedarfte Surfer beim ersten Klick Hassseiten
sofort dem braunen Sumpf zuordnen können. Denn die Sprache
der Hass-Provider und die verwendeten Symbole (Hakenkreuz) sind
eindeutig. Andererseits will die AKdH diesen Hass-Providern technische
und finanzielle Schwierigkeiten bereiten. Denn je mehr rassistische
Seiten etwa beim amerikanischen Gratisanbieter "14front88"
Unterschlupf suchen, desto grösser wird für ihn der
technische und finanzielle Aufwand. Bis er schliessen muss. Mit
dieser Strategie war AKdH bereits beim nazistischen Provider yoderanium.
com erfolgreich - der Betreiber machte dicht. Nun kündete
auch "14front88" - bei welchem die Sturmfront Dällikon
aufgeschaltet ist - Probleme an.
Mit
diesem Vorgehen seien die Ziele der AKdH erreicht, erklärt
Samuel Althof, Sprecher des AKdH. Nämlich "einen - wenn
auch nicht ganz - wasserdichten Jugendschutz sowie eine Sensibilisierung
gegenüber der Problematik". Erfolgsmeldungen wie jene
zum Provider "14front88" führten nicht dazu, dass
die Behörden die Hände in den Schoss legen und glauben,
das Problem im Griff zu haben. Im Gegenteil: "Bundesrätin
Ruth Metzler weiss, dass ein Handlungsbedarf besteht", sagt
Althof.
Wer
hinter den Zürcher Skinhead-Homepages steckt, ist kaum bekannt.
Für Sturmfront Dällikon zeichnet ein "Beat aus
Dällikon", für jene aus dem Limmattal ein "Odin88".
Zwischen ihm und dem Betreiber von "8814webjump" sollen
enge Kontakte bestehen, das Strafverfahren könnte hier Details
offenbaren. Über das gezielte Vorgehen der AKdH wetterten
kürzlich noch Skins im "Gästebuch" der Skinheads
Limmattal, die sich rege mit deutschen und amerikanischen Hass-seiten
verlinkten. Kurz nach dem Löschen der Limmattaler Seite erhielt
Samuel Althof eine Morddrohung von Schweizer Skinheads.
Sympathisanten
immer jünger
Der Boom der Glatzenszene ist wohl nicht zu Ende, prognostiziert
Journalist und Szenenkenner Jürg Frischknecht. Die Sympathisanten
und Mitläufer werden immer jünger. "Die Szene selbst
diskutiert über diese Babyskins. Dazu kommt: Der Nazi-Rock
ist dank MP3 heute viel zugänglicher. Es gibt Schulklassen,
in denen die Nazi-Rockmusik mit ihrer mörderischen Botschaft
zur Leitkultur geworden ist." Auch hier ist das Internet
Vermittler, auf Skin-Homepages werden Bands und deren CDs angeboten.
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