Sozialdarwinistische Rassentheorien aus dem okkulten Untergrund
des Kaiserreichs
von Helmut Zander
Die AKdH publiziert diesen Text mit der freundlichen Genehmigung
des K.G. Saur-Verlag, München.
"Soll
Goethe die gleichen Bedingungen haben wie ein beliebiger Hottentotte?"
(Rudolf Steiner)
Okkultismus: Von der Welt zur Hinterwelt Okkultismus ist eine gängige,
aber selten präzis definierte Selbstverortung im 19. und 20. Jahrhundert.
Der Begriff hat seit der Renaissance seinen festen Platz in der
europäischen Philosophietradition und bezeichnet, etwa in der Occulta
Philosophia Agrippas von Nettesheim, den untergründigen, verborgenen,
in diesem Sinn "okkulten" Hintergrund der Weltdeutung. Mit der Empirisierung
der Naturwissenschaften wurden Forschung und philosophische Reflexion
vielfach voneinander geschieden, die Rede von "zwei Kulturen" ,
die Differenzierung in Geistes- und Naturwissenschaften hat hier
ihre realitätserschließende Funktion. Die nunmehr "rein" empirischen
Naturwissenschaften erhoben teilweise einen monopolistischen Anspruch
auf Wirklichkeitsdeutung , der den Geisteswissenschaften nur noch
eine Provinz der Weltdeutung zuwies und Teilbereiche der naturphilosophischen
Disziplinen gänzlich ausschloß: Die Astrologie wurde von der Astronomie
getrennt, die Alchemie von der Chemie, die Hermetik von der Hermeneutik,
und die aus der Physik nun programmatisch entfernte Metaphysik wurde
vielfach zur Hinterwelt okkulter Deuter. Die fast flächendeckende
"Verwissenschaftlichung der Lebenswelt" begriff der Okkultismus
als Aufforderung zur Entwicklung einer umfassenden und ebenso wissenschaftlichen
"Weltanschauung". Gegen die Forschungsergebnisse der exakten Naturwissenschaften
hatte der Okkultismus des 19. Jahrhunderts allerdings keine Chance:
im wesentlichen aufgrund seiner intellektuellen Dürftigkeit, aber
auch durch positivistische Absolutheitsansprüche der damaligen Naturwissenschaften.
Zudem wurde die Vermittlung zwischen Naturwissenschaften und Philosophie
nun zur Domäne der Hermeneutik, deren Etablierung den Okkultismus
auch in diesem Punkt marginalisierte. Damit war der Okkultismus
des 19. Jahrhunderts nicht mehr, wie noch in der frühen Neuzeit,
eine komplementäre, sondern eine alternative Realitätsinterpretation
und wurde zur Residualkategorie gegen den empirischen Anspruch der
Naturwissenschaften. Er wurde nicht mehr als integratives Modell
der Weltdeutung wahrgenommen, als Theorie über verborgene Fundamente
innerhalb allgemein akzeptierter Weltdeutung, sondern mehr und mehr
als verstiegene Sonderwelt und gruppenstabilisierende Weltanschauungsproduktion
außerhalb des herrschenden Konsenses und zog die bissige Kritik
der Zeitgenossen auf sich: Es "kann kein Wort stark genug sein,
die Dummheit dieser neuesten Form der alten Wundersucht zu charakterisieren",
so mit "Schamgefühl" Fritz Mauthner im Jahr 1910. Die Euphorie,
eine reale okkultistische Alternative aufstellen zu können, verlor
sich in den 1920er Jahren. Seit diesem Zeitpunkt dominierte im Okkultismus
die gegenwissenschaftliche Perspektive, in der - und dies ist eine
gegenüber der Zeit um 1900 völlig gewandelte Situation - außerhalb
des okkultistischen Milieus kaum noch jemand dessen wissenschaftlichen
Konkurrenzanspruch ernstnahm. 1951 rechnet Adorno gnadenlos ab:
"Panik bricht nach Jahrtausenden von Aufklärung wieder herein",
"die Vernünftigkeit des Wirklichen ...[...wird]... durch hüpfende
Tische und die Strahlen von Erdhaufen ersetzt"; Okkultismus sei
per saldo "ein Symptom der Rückbildung des Bewußtseins", "ist die
Metaphysik der dummen Kerle". Im vorliegenden Rahmen ist es unmöglich,
auch nur eine Bestandsaufnahme der (in sehr unterschiedlichem Maß
okkultistisch arbeitenden oder sich verstehenden) Alchemisten, Anthroposophen,
Ariosophen, Astrologen, Astrometeorologen, Biomagnetiker, Chiromantiker,
Chirosophen, Gnostiker, Mazdaznan-Anhänger, Hochgradmaurer, Illuminaten,
Lebensreformer, Martinisten, Phrenologen, Rosenkreuzer, Spiritisten,
Symbolisten, Theosophen, der Anhänger von Bo Yin Ra (i.e. Joseph
Anton Schneiderfranken), Eliphas Levi (i.e. Alphonse-Louis Constant)
oder Joséphin Peladan oder der in der Parapsychologie mit Magnetismus,
Materialisationen, Medien, Odforschung, Seelenwanderung, Telepathie
oder Traumdeutung Tätigen zu bieten. Es erfolgt deshalb eine Einschränkung
auf den deutschen Bereich in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts,
wo es eine massive Gründungswelle okkultistischer Vereinigungen
und Gemeinschaften gab, bis zum Ersten Weltkrieg, der vielen Gruppierungen
den sozialen und, wie sich zeigen sollte, einen wesentlichen Teil
des mentalen Bodens unter den Füßen weggezogen hat. Rassentheoretische
Überlegungen finden sich im Okkultismus wie in jedem Segment der
Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, wobei Umfang und Intensität offenbleiben
müssen. Allerdings waren Rassentheorien offenbar meist in den Kontext
einer umfassenderen okkultistischen Weltanschauung integriert; okkultistische
Gruppen, die sich explizit über eine Rassentheorie konstituiert
hätten, sind eher selten. Zunächst wird die Theosophie behandelt,
die mit ihrem relativ frühen Auftreten, ihrer flächendeckenden Präsenz
in großen Städten, ihrer hohen Institutionalisierung, ihren mehreren
tausend Mitgliedern allein in Deutschland und ihren nachweislichen
Wirkungen auf Zeitgenossen des Fin de siècle ein wichtiger, möglicherweise
sogar zentraler Umschlagsplatz okkulter Vorstellungen war. Die Brechungen
theosophischer und verwandter Vorstellungen wird paradigmatisch
an drei Formationen aufgegriffen : Guido List und Adolf Josef Lanz
waren zwei wirkungsgeschichtlich wichtige Exponenten der Verknüpfung
von Okkultismus und völkischem Denken, die Deutschgläubige Gemeinschaft
steht exemplarisch für den im engeren Sinn religiös motivierten
Okkultismus, Lazar von Hellenbach indiziert die Grenzen einer voreiligen
Behaftung "des" Okkultismus mit völkischen Vorstellungen. An drei
okkultistischen Zeitschriften wird exemplarisch der Frage nachgegangen,
in welchem Maß sich die theosophischen Rassentheorien in populären
Medien niedergeschlagen haben. Eine zentrale Rolle als Erbin der
Theosophischen Gesellschaft spielt in Deutschland die Anthroposophie,
an der sich auch die Kontinuität völkischen Denkens aufzeigen läßt.
Theosophische Gesellschaften Die Theosophische Gesellschaft (TG)
wurde 1875 in New York gegründet, federführend von Helena Petrowna
Blavatsky und Henry Steel Olcott . Das spiritistische Erbe, besonders
Blavatskys, wurde zurückgedrängt und durch eine dreiteilige Programmatik
ersetzt, die in Deutschland 1897 folgendermaßen formuliert wurde:
1. Den Kern einer allgemeinen Menschenverbrüderung zu bilden, die
keinen Unterschied der Rasse, des Glaubens, des Geschlechts und
der Farbe kennt. 2. Das Studium arischer und sonstiger Litteraturen,
Religionen und Wissenschaften des Ostens zu fördern. 3. Die unerklärten
Naturgesetze, sowie die im Menschen schlummernden psychischen oder
Seelen-Kräfte zu erforschen. Mit der Übersiedlung Blavatskys und
Olcotts nach Indien (ins "Hauptquartier" Adyar bei Madras) im Jahr
1878 und dem Übertritt beider zum Buddhismus verstärkte sich der
Einfluß hinduistischer und buddhistischer Vorstellungen. 1885 wurde
Blavatsky durch den von der englischen Society of Psychical Research
initiierten Hodgson-Report der Fälschung von Briefen geheimer "Meister"
("Mahatmas") überführt, worauf sie Indien für immer verließ. Nach
einer Reise durch Italien, die Schweiz, Deutschland und Belgien
ließ sie sich 1887 in London nieder, wo sie u.a. für die "esoterische
Schule" der TG und als Freimaurerin tätig war. Um die Jahrhundertwende
präsentierte sich die Theosophie in mehrere konkurrierende Gemeinschaften
gespalten. Neben der TG Adyar als größter Gruppe war die zweitgrößte
seit 1895 The Theosophical Society in America unter William Quentin
Judge, 1900 mit Sitz in Point Loma , an deren Spitze 1900 Katherine
Tingley trat. In Deutschland spiegelte sich die zersplitterte internationale
Situation wider : Die erste deutsche theosophische Loge Germania
war 1884 unter der Präsidentschaft Wilhelm Hübbe-Schleidens gegründet
worden, doch brach sie über dem Mahatma-Skandal wieder zusammen
; 1894 wurde ein deutscher "Zweig" wiederbegründet . Nach Katherine
Tingleys "Kreuzzug" für Theosophie existierte seit 1896 eine deutsche
Sektion der amerikanischen Gesellschaft, die Theosophische Gesellschaft
in Deutschland mit acht Logen unter dem Vorsitzenden Franz Hartmann
und dem Vizepräsidenten Theodor Reuß (Hauptquartier Leipzig). Hartmann
jedoch trennte sich schon 1897 wieder und gründete in München die
Internationale Theosophische Verbrüderung (späterer Hauptsitz: Leipzig).
Im Jahr 1900 schließlich wurde in Berlin die deutsche "Sektion"
der TG Adyar gegründet, deren erster Sekretär Rudolf Steiner war.
Nach Olcotts Tod wurde Annie Besant Präsidentin der TG Adyar, unter
der die TG ihre größte Ausdehnung erreichte, aber in Deutschland
auch die Verselbständigung der Anthroposophischen Gesellschaft Rudolf
Steiners hinnehmen mußte. Die Bedeutung der TG für die Rezeption
religionsgeschichtlichen Materials und insbesondere für Vorstellungen
asiatischer Religionen ist kaum zu überschätzen. Der Boom der Reinkarnationsvorstellungen
um die Jahrhundertwende dürfte entscheidend auf ihren Einfluß zurückgehen.
In der Vermittlung eines spiritualistischen und monistischen Weltbildes
hat sie bis tief ins bildungsbürgerliche Milieu gewirkt; die Rezeption
bei Künstlern wie Piet Mondrian, Wassily Kandinsky, Odilon Redon
oder Joseph Beuys mag dafür exemplarisch stehen. Einen verbindlichen
Schriftenkanon gibt es dem Selbstverständis der Theosophie nach
nicht, doch haben im Lauf der Jahre Blavatskys Hauptwerke, die Entschleierte
Isis und insbesondere die Geheimlehre , de facto kanonischen Rang
erhalten. Für die Zeit um die Jahrhundertwende zählt auch Die Esoterische
Lehre oder Geheimbuddhismus von Alfred Percy Sinnet zum zentralen
theosophischen Lesegut. Diese Schriften sind teilweise eng miteinander
verknüpft: Die bei Sinnet mit einem zentralen Stellenwert versehenen
und intensiv zitierten "Mahatmabriefe" dürften (im wesentlichen?)
von Blavatsky stammen, die nun ihrerseits Sinnets Geheimbuddhismus
für ihre Geheimlehre verwandte, die teilweise aus Zettelbergen durch
Mitarbeiter zusammengestellt, teilweise posthum durch Besant ediert
wurde . Rassentheoretische Vorstellungen sind ein umfänglicher Bestandteil
der Werke Blavatskys wie Sinnets, werden allerdings nicht besonders
hervorgehoben und verschwinden in der Außenansicht hinter dem kosmologischen
Programm, das sich gleichwohl in der Rassenlehre materialisiert
und das den weiteren Horizont für die Interpretation der Rassenvorstellungen
bildet. Blavatsky konzipiert eine monistische Weltanschauung mit
einem pantheistischen Gottesbild: Sie lehrt "die fundamentale Identität
aller Seelen mit der universellen Oberseele" (I,45) und Gott als
"gleichbedeutend mit der Natur" (I,444). Die Kosmologie interpretiert
sie als "Emanation" (I,46), als "Evolution vom Geist zum Stoff"
(I,683), an der der Mensch durch Reinkarnationen partizipiere. Das
hier eingeschriebene rassentheoretische Programm findet sich schon
bei Sinnet formuliert. Er nimmt eine Entwicklung des Menschen über
sieben Planeten hinweg an, wobei auf jeder Planetenrunde sieben
"Wurzelrassen" einander abfolgen sollen, die in sieben "Stammrassen"
und diese wiederum in sieben "Zweigrassen" untergliedert seien ,
so daß sich 74 = 2401 Rassendurchgänge ergeben. Über all dem wölbt
sich, aus indischen Weltzeitaltervorstellungen übernommen, zusätzlich
eine Kreislauftheorie des Kulturwandels . Die aktuelle Zeit wird
in die fünfte Wurzelrasse der vierten Runde verlegt (I,208). Bei
Blavatsky liest sich eine Konkretisierung und Abbreviatur ihrer
Rassenvorstellungen folgendermaßen: Die Zeit naht heran, wo nur
mehr drei große Menschentypen übrig blieben werden. Die Zeit ist
vor dem Äufdämmern der Sechsten Wurzelrasse; die drei Typen sind
der weiße (arische Fünfte Wurzelrasse), der gelbe und der afrikanische
Negertypus - mit ihren Kreuzungen (atlanto-europäische Abteilungen).
Rothäute, Eskimos, Papuas, Australier, Polynesier u.s.w. - sterben
alle aus. Jene, welche begreifen, daß eine jede Wurzelrasse durch
eine Stufenleiter von sieben Unterrassen mit je sieben Zweigen u.s.w.
hindurchläuft, werden das 'warum' verstehen. Die Flutwelle der inkarnierten
Egos ist über sie hinausgerollt, um in entwickelteren und weniger
greisenhaften Stämmen Erfahrung zu ernten; und ihr Verlöschen ist
daher eine karmische Notwendigkeit. Einige außerordentliche und
unerklärte statistische Daten über das Verlöschen von Rassen sind
von de Quatrefages gegeben. Keine Lösung ausgenommen eine nach occulten
Grundsätzen, ist im stande, dieselben zu erklären. (II, 824f.) An
dieser Textstelle lassen sich zwei zentrale Elemente einer Konstruktionslogik
der theosophischen Rassenlehre aufweisen: 1. die evolutive Hierarchisierung
von Rassen und 2. die offene Konkurrenz mit empirisch-natur-wissenschaftlichen
Ansprüchen. 1. Blavatskys evolutiver Pantheismus setzt sich konsequent
in der Rassenlehre fort, in diesem Schlüsselzitat nicht offen erkennbar,
an anderer Stelle aber explizit verknüpft: die Geheimlehre "beschreibt
die kosmische Evolution und erklärt den Ursprung von allem auf Erden,
einschließlich der physischen Menschen, giebt die wahre Geschichte
der Rassen von der ersten bis herab zur fünften (unserer) Rasse,
und geht nicht weiter" (I,26). Binnenlogisch ist diese Verklammerung
konsequent, weil es im Selbstverständis eines monistischen Weltbildes
nichts geben kann, was sich seinem Ablaufmuster, hier: der Evolution,
entziehen könnte. Die Rassenevolution wird von Blavatsky teleologisch
gedacht: Den Zielpunkt will sie zwar nicht nennen, aber aus Zwischenbemerkungen
wird klar, daß sie mit mit einer linearen Fortschrittskonzeption
arbeitet. Die ersten vier Rassen werden als im wesentlichen kontiuierlicher
Entwicklungsprozeß geschildert, mit Verlängerung in die Zukunft
hinein: In der sechsten Wurzelrasse rechnet sie mit "fortgeschrittenen
Denkern" (I,317), die siebte werde "die Rasse der 'Buddhas', der
'Söhne Gottes', geboren von unbefleckten Eltern" sein (II,507).
Aus dieser gerichteten Evolution folgt, daß der Ablauf letztlich
nicht frei ist, und an diesem Punkt setzen die Zwänge und Hierarchisierungstendenzen
der Rassenlehre an. Konsequenterweise spricht sie in dem Schlüsselzitat
davon, daß das "Verlöschen" von Rassen "eine karmische Notwendigkeit"
sei. Nach der Logik des Systems folgt aus diesem Punkt, daß "Rothäute,
Eskimos, Papuas, Australier, Polynesier u.s.w." unausweichlich 'aussterben'
müssen, weil sie ihre Funktion in der Evolutionsgeschichte des Kosmos
ausgespielt haben. Am Beispiel der "Australier" erläutert sie dies
mit dem rassenideologischen Repertoire des 19. Jahrhunderts: Australien
ist eines der ältesten [...] Länder und befindet sich in der greisenhaften
Abgelebtheit des hohen Alters, ungeachtet seines 'jungfräulichen
Bodens'. Es kann keine neuen Formen hervorbringen, wenn ihm nicht
neue und frische Rassen, und künstliche Kultur und Züchtung zu Hilfe
kommen. (II, 207) Blavatskys gerade aktuelle Aussterbeliste erweist
sich bei näherem Hinsehen als eine Stabilisierung der Vorherrschaft
der "weißen", "arischen" Rassen und der europäisch-amerikanischen
Kultur, an die die indische als "älteste arische Rasse" (I,347)
angebunden ist. Auch diese Rassen werden zwar zugunsten neuer Kulturen
untergehen, aber in einer unabsehbaren Zukunft (II,465). Daraus
gefolgerte hierarchisierende Äußerungen, wie die "Abstufungen der
Intellektualität zwischen den verschiedenen Menschenrassen - dem
wilden Buschmann und dem Europäer", behauptet Blavatsky allenthalben.
Die prima facie apolitische Evolutionslehre ist im Detail eine mentale
Stabilisierung der machtpolitischen Herrschaftsverhältnisse des
Kolonialzeitalters, die offenbar bis in die eugenische Terminologie
der Rassenzüchtung hinein den europäischen Imperialismus legitimieren:
jedenfalls sind die "frischen Rassen", die mit "künstlicher Kultur
und Züchtung" den Australiern "zu Hilfe" kommen sollen, leicht als
ideologische Unterstützung der europäischen Unterwerfung der Aborigines
zu lesen. Allerdings ist die eurozentrische Wahrnehmung in der Theosophie
durch die Hochschätzung asiatischer Kulturen, besonders der indischen,
aufgebrochen, für deren politische Emanzipation sich dann Annie
Besant auch aktiv und erfolgreich eingesetzt hat. Die Rede vom theosophischen
"Universalismus" hat im wesentlichen in dieser Erweiterung des europäischen
Horizontes seine Berechtigung. Eine scheinbare lebensweltliche Plausibilität
erzielen die theosophischen Vorstellungen durch ihre Explikation
in organizistischen Metaphern. Blavatsky kennt, wie zitiert, den
damals üblichen Stammbaum der Menschen mit ihren "Wurzel-, Stamm-
und Zweigrassen", dabei "greisenhafte Stämme" und den "Keim" der
kommenden sechsten Unterrasse (den die Amerikaner bilden [II,464]),
Sinnet spricht konsequenterweise auch von Zeiten der "Blüte" . Er
parallelisiert die Volksgeschichte mit dem Leben des Individuums:
wie der Mensch, durch ein "unerbittliches Verhängnis gefesselt,
[...] durch eine vorgezeichnete Laufbahn vorwärts drängt, deren
Stufen - Säuglingsalter, Kindheit, Jugend, Reife, Alter [...] -
unabänderlich feststehen", so gelte "das Gleiche [...] für die Völker.
[...] Es giebt eine Geometrie, welche auf die Völker die Gleichung
ihrer Entwicklungskurven anwendet. Daran kann kein Sterblicher rütteln."
Die Akzeptanz dieser Metaphern in Verbindung mit einer augenscheinlich
kaum abgegrenzten Erklärungspotenz deckt fast alle sozialdarwinistischen
Konsequenzen ab. Das (Aus-)Sterben von Rassen ist bei einer ungebrochenen
Übertragung kaum noch zu vermeiden, und die Suche nach gerade untergehenden
Populationen wird von diesen Denkstrukturen gedeckt. Gegenüber abstrakteren
Rassenideologien sind so konstruierte Weltanschauungselemente auch
in einem nichtintellektuellen Bildungsbürgertum zu begreifen und
haben deshalb m.E. als eine Plausibilisierungsstruktur von hoher
Bedeutung zu gelten. 2. Blavatsky begibt sich in die Konkurrenz,
ja geradezu in einen gesuchten Schlagabtausch mit den empirischen
Wissenschaften, ein für sie und andere Okkultisten ausgesprochen
typisches Vorgehen: (a) Zitate von zeitgenössischen Koryphäen zur
Absicherung theosophischer Behauptungen, (b) Widerspruch gegen -
aus theosophischer Sicht - unvereinbare Positionen und (c) schließlich
das Angebot theosophischer Lösungen auf ungelöste Probleme gehören
zu den durchgängigen Argumentationsmustern in der Geheimlehre. (a)
Der Verweis auf Jean-Louis-Armand de Quatrefages im obigen Schlüsselzitat
ist durchaus typisch für den affirmativen Rekurs auf die Naturwissenschaften:
de Quatrefage, Anthropologe (und dezidierter Gegner Gobineaus),
den sie offenbar über sein Werk L'Espèce humaine wahrgenommen hat
und den sie oft mit präziser Quellen- und Seitenangabe zitiert (z.B.
II,464), wird zum Beleg für die Konkordanz theosophischer und allgemein
akzeptierter naturwissenschaftlicher Rassentheorien. Hier spiegelt
sich ein zentrales Anliegen von Blavatskys Theosophie wider: auf
der Höhe des wissenschaftlichen Diskurses und im Einklang mit den
Spitzen der Forschung eine theosophische Weltanschauung zu begründen
und so "die Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie",
wie der Untertitel der Geheimlehre lautet, zu realisieren. Über
die Gefahr der Historisierung theosophischer Positionen durch die
Revision wissenschaftlicher Erkenntnisse hat sich Blavatsky offenbar
keine Gedanken gemacht. Ihre Rassenlehre hat sie jedenfalls mit
großem Vertrauen in die Ergebnisse der zeitgenössischen Forschung
nicht zuletzt an die Darwinismusdebatte der 80er und 90er Jahre
des 19. Jahrhunderts geknüpft. (b) Am Widerspruch gegen wissenschaftliche
Positionen wird die Ernsthaftigkeit dieser Debatte für Blavatsky
besonders deutlich: Eine Abstammung des Menschen vom Affen lehnt
sie nämlich nachdrücklich ab, weil einige Theosophen Sinnets Geheimbuddhismus
so verstanden hatten: "weder Occultismus noch Theosophie haben jemals
die wilden Theorieen [sic] der heutigen Darwinisten verfochten -
am allerwenigsten die Abstammung des Menschen vom Affen" (I,209).
Sie entwirft stattdessen ein eigentümliches Alternativmodell, das
von der Unfähigkeit von Rassen, sich zu kreuzen, ausgeht, von der
"Unfruchtbarkeit zwischen zwei Menschenrassen, geradeso wie zwischen
zwei Tierspezies von verschiedener Art" (II,205). Dann aber kann
die Rassengeschichte nur so verlaufen, daß Rassen ganz untergehen
und neue durch die Evolution des Geistigen freigesetzt werden, die
in ihrer Entwicklung die alten Rassen aufheben. Die Unfruchtbarkeit
tasmanischer Frauen, von der Charles Darwin gesprochen habe, wird
in diesem Zusammenhang als Unfähigkeit zur Rassen"kreuzung" gedeutet,
weil die Tasmanier eben einer gerade untergehenden Rassen angehörten:
Die "Thatsache" der Unfruchtbarkeit sei "für den Occultisten [...]
sehr klar. 'Kreuzung', wie es genannt wird, von Europäern mit Tasmanierinnen
- das ist mit Vertreterinnen einer Rasse, deren Vorfahren ein 'seelenloses'
und gemütloses Ungeheuer und ein wirklicher menschlicher, wenn auch
noch ebenso gemütloser Mensch waren - brachte Unfruchtbarkeit mit
sich." (II,206) Die Australier werden sogar als "Abkömmlinge [...]
halbtierischer Stämme oder Rassen" eingestuft (II,205). Auf diesem
Hintergrund sucht sie Ernst Haeckels Theorie der kontinuierlichen
Entwicklung vom Affen zum Menschen zu widerlegen: die Menschenaffen
hätten zwar "einen Funken rein menschlicher Wesenheit" in sich,
der Mensch jedoch nicht "einen Tropfen pithekoiden Blutes in seinen
Adern" (II,203). Eine profunde Auseinandersetzung mit der Evolutionsdebatte
findet allerdings bei Blavatsky nicht statt. Die Rezeption Darwins
beschränkt sich über weite Strecken auf einen fortschrittsorientierten
Sozialdarwinismus, die Diskussion etwa um die Zellbiologie und ihre
Folgen für die Evolutionslehre in den 1870er/80er Jahren, um nur
ein Beispiel der Theoriefortschreibung zu nennen, kommen bei ihr
nicht vor, und die Debatte um die Genetik und die daraus folgende
Erweiterung der Evolutionstheorie durch das Mutationsprinzip sind
erst wenige Jahre nach ihrem Tod aufgebrochen. Die rassentheoretische
Debatte führt bei Blavatsky weitgehend ein Eigenleben und ist im
übrigen mehr in der populären Auseinandersetzung als in der Forschungsavantgarde
angesiedelt. (c) Die Korrektur des säkularen Wissenschaft findet
nun einerseits mit dem Gestus demonstrativer Bescheidenheit statt:
"Die esoterische Philosophie, daran wollen wir uns erinnern, füllt
bloß die von der Wissenschaft übrig gelassenen Lücken aus, und berichtigt
ihre falschen Voraussetzungen." (II, 206). Aber de facto besteht
der selbstbewußte Anspruch, das letztlich besser fundierte Wissen
zu besitzen und die empirischen Wissenschaften überbieten zu können.
Explizit im Blick auf die an den Tasmaniern erläuterten Elemente
ihrer Rassenlehre schreibt Blavatsky "der Wissenschaft" ins Stammbuch:
"In Bezug auf keinen Punkt des Obigen ist die Wissenschaft bis jetzt
bereit zu glauben - aber sie wird es am Ende müssen." (II, 206)
Blavatsky hat sich nun in ihrem Selbstverständnis nie unter die
Rassisten des 19. Jahrhunderts gezählt, im Gegenteil: die Aufhebung
der Trennung der Religionen oder die brüderliche Vereinigung der
Menschheit waren programmatische Ziele ihrer Theosophie. Aber mit
den in ihrem Evolutionssystem angelegten Zwängen, wo am Fortschritt
die überwundene und aufgehobene Geschichte abgelesen werden kann,
wo also "fortschrittliche" Rassen ihr Gegenbild erzeugen, zurückgebliebene
nämlich und untergehende, ist sie an ihren eigenen Egalitätsforderungen
gescheitert: Brüderlichkeit gibt es nur im eingegrenzten Bereich
"rassischer" Zeitgenossenschaft, weil die Völker unter der Perspektive
ihrer Evolution eben nicht gleich und die Menschen ergo ungleich
sind. Brechungen des Okkultismus 1. Guido von List und sein Umkreis
Als Wegbereiter der Verbindung von völkischem Gedankengut mit Okkultismus
und insbesondere mit der Theosophie gilt Guido List , "von" List,
wie er sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts nannte. Seine um die
Jahrhundertwende möglicherweise begrenzte Ausstrahlung über den
Dunstkreis des deutsch-völkischen Wien hinaus hat weltgeschichtliche
Dimensionen erhalten, weil er über Josef Lanz alias Jörg Lanz von
Liebenfels Hitlers rassistische Vorstellungen beeinflußt haben soll
und aus diesem Grund auch gut bearbeitet ist. Lists Anspruch der
Erneuerung der abendländischen Kultur aus dem Fundus der germanischen
Tradition ist insoweit dem Okkultismus zuzurechnen, als er diese
Forderung mit wissenschaftlichem Anspruch vertritt und mit eigenen
Forschungen zu belegen sucht, publiziert in den Bänden seiner Guido-List-Bücherei,
etwa im Geheimnis der Runen (1908) oder der Bilderschrift der Ario-Germanen
(Ario-Germanische Hieroglyphik; 1910). Im Kontext der im 19. Jahrhundert
immer stärker rassisch gedeuteten, ursprünglich sprachwissenschaftlichen
Kategorie einer arischen Rasse bietet List eine eigene Theorie an,
die Germanen an die Spitze der Rassenentwicklung zu denken. List
verlagert einen Teil seiner Begründungen in alte oder unüberprüfbare
Quellen: die heterogene Mischung von Mantren, Edda, Astrologie oder
Kabbala gehören zu dem Fundus, wo reale Quellen schnell in fiktive
übergehen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts, als wichtige theosophische
Werke in deutscher Sprache erschienen, bezog List auch diesen Bereich
mit ein: Blavatskys wichtigste Veröffentlichungen hat er gekannt,
ihre Kosmologie in seine Vorstellungen eingebaut , und vice versa
akzeptierten ihn deutsche Theosophen als Popularisator ihrer Ideen
. 1903 publizierte er in der Zeitschrift Gnosis , die 1904 mit Rudolf
Steiners Zeitschrift Lucifer zusammengeschlossen wurde . Lists Einfluß
ist, wie so oft, nur schwer präzise zu bestimmen, aber sein Wirkungsfeld
läßt sich an der Guido von List Gesellschaft andeutungsweise identifizieren.
Hier hatten sich illustre Persönlichkeiten zur Unterstützung Lists
und der Propagierung seiner Ideen zusammengefunden, vermutlich durchwegs
unter Akzeptanz seiner völkischen Vorstellungen. Signifikanterweise
sind wiederum die Anschlüsse an die Theosophie deutlich : Franz
Hartmann, eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Theosophie,
gehörte zu dieser Gesellschaft , Friedrich Wannieck, ein Großindustrieller
, war ausgewiesener Theosoph, ebenfalls der habsburgische General
Blasius Schemua, der darüber hinaus Beziehungen zur esoterischen
Schule Alois Mailänders oder zu der Herausgeberin des Zentralblatts
für Okkultismus, Demeter Georgievitz-Weitzer, besaß. Franz Herndl,
der als Verfasser okkulter Novellen hervorgetreten war, fand sich
dort , Max Seiling, der aus dem Spiritismus in die Theosophie und
später zu Steiners Anthroposophie wechselte, mit der er schließlich,
zum Katholizismus konvertierend, brach, gehörte dazu, auch Friedrich
Schwickert, Astrologe und Verehrer von Edward Bulwer-Lytton, einem
der einschlägigen okkulten Romanschriftsteller des 19. Jahrhunderts,
oder Karl Heise, um 1900 Mazdaznan-Anhänger und später in der Zusammenarbeit
mit Rudolf Steiner zu finden. Last not least stößt man in Lists
Gesellschaft auch auf den "Ariosophen" Lanz von Liebenfels der seine
arische Rassenideologie mit Argumenten von wissenschaftlichem Anspruch
unterfütterte, von archäologischem Material für seine Rassentheorien
bis hin zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, wie den 1887 entdeckten
Röntgenstrahlen oder der 1896 entdeckten Radioaktivität, die er
zum Unterbau seiner parapsychologioschen Vorstellungen verwandte
. Daß er von Blavatsky beeinflußt ist , verwundert bei dieser Konstellation
nicht mehr. 2. "Deutschgläubige Gemeinschaft" Eine dezidiert religiöse
Variante des völkischen Okkultismus liefert die Deutschgläubige
Gemeinschaft, 1911 von Otto Sigfrid Reuter gegründet. Hier ging
es nicht nur um Weltanschauungsproduktion, sondern um Kirchengründung
mit einem dezidiert auf "die Deutschen" finalisierten rassistischen
Anspruch. Er forderte 1912, "Deutscher (reiner und freier) Abstammung"
zu sein und "aus diesem Grund Religion [zu] haben in Freiheit, die
dem Deutschen ziemt". Die gesamte Kosmologie wird deutschtümelnd
ausgerichtet: "Also nicht: Das All ist in mir, sondern ich bin aus
dem All geboren, mit meiner rassischen Bestimmtheit, als die deutsche
Gestaltung des Alls." Die Legitimation dieser völkischen Religion
geschieht hier im gleichsam selbstverständlichen Rückgriff auf germanische
Literatur, insbesondere auf die Edda. Die Konkurrenz mit der philologischen
Forschung wird offenbar in den "regelmäßigen Eddastunden" nicht
einmal mehr gesucht, Gruppenkonsens und schlichte Behauptungen ersetzen
die kritische Prüfung der Quellen. Die so begründete deutsche Religion
mit ihrer Apotheose von deutscher Rasse und Nationalstaat war schon
vor dem Ersten Weltkrieg in der Semantik zeitgenössischer Wissenschaft
immer weniger zu verorten, so daß nur der Rückgriff auf alternative
Theorien blieb. Die okkultistische Isolierung vom wissenschaftlichen
Diskurs wurde zu einer Überlebensbedingung dieser Variante christlicher
Religion. 3. Lazar von Hellenbach In welchem Ausmaß der Okkultismus
der Jahrzehnte um 1900 völkischen Vorstellungen Vorschub geleistet
oder sie propagiert hat, muß im vorliegenden Rahmen offenbleiben.
Vor generalisierenden Einschätzungen warnen jedoch nicht nur Gemengelagen
wie der Internationalismus der Theosophie bei gleichzeitigen sozialdarwinistischen
Auf- und Abstiegschoreographien, sondern auch Okkultisten wie Lazarus
von Hellenbach . Er hatte die Theorie eines "Metaorganismus" zwischen
physischem Leib und geistigem Ich (oder Seele) entworfen, der übersinnlicher
Wahrnehmung fähig sein sollte und dem er paranormale Fähigkeiten
wie Hellsehen, Telepathie oder Gedankenübertragung zuwies: von Hellenbach
war also mit okkulten Gegenständen (und natürlich mit der Theosophie
) bestens vertraut. Politisch war er auf der Seite des Sozialismus
zu finden, und dementsprechend liegt, wenn er auf Themen im Kontext
rassischer Fragen zu sprechen kommt, der Schwerpunkt seiner Argumentation
auf der sozialen Erklärung ethnischer Phänomene. In seinen Ausführungen
über "den Juden" etwa interpretiert er spezifisch jüdische Eigenschaften
als Folgen ihrer sozialen Situation, "die sie sich nicht selbst
gegeben haben, die ihnen aufgedrungen wurden" . Die Physiognomie
und Sprache der Juden hat in der Regel nichts Einladendes und Ansprechendes;
[...] Man betrachte die engen, schmutzigen Stadtteile, die man ihnen
überall zuwies, man bedenke die Verachtung und Verfolgung, die sie
erlitten, und man wird sich über die unvortheilhafte Rasseneigenthümlichkeit
nicht mehr wundern können. In fast lamarckistischer Interpretation
bringt Hellenbach soziale Prägungen gegen vermeintlich naturwüchsige
Determinanten ins Spiel. Konsequenterweise ist er im Blick auf das
Judentum ein Gegner des Antisemitismus und im übrigen der völkischen
Rhetorik durchwegs abgeneigt. 4. Okkultistische Zeitschriften Die
Frage nach der realen Präsenz von Rassentheorien läßt sich beim
momentanen Stand der Forschung kaum beantworten. Eine Annäherung
ermöglichen die okkultistischen Zeitschriften, die vermutlich näher
an den Fragen des Leserkreises waren als die theosophischen Programmschriften,
die meist ohnehin aus dem angelsächsischen Raum stammten. Die drei
ausgewählten Zeitschriften decken einen Zeitraum vom Ende des 19.
Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg ab und sind alle der Theosophie
verpflichtet. (a) Der Vâhan war das Mitteilungsblatt für Theosophen,
die der Theosophischen Gesellschaft Adyar nahestanden. Hier wurden
vor allem Übersetzungen aus englischen theosophischen Zeitschriften
publiziert; er erschien von 1899 bis 1906. Völkische Themen spielten
keine hervorgehobene Rolle, vielmehr dominierten Fragen der systematischen
Kohärenz der theosophischen Weltanschauung, insbesondere Probleme
der Seelenwanderungslehre. Anfang 1902 wurde die Rassenthematik
jedoch in einem Artikel Occident und Orient. Ohne Ansehen der Rasse
des Theosophen George R.S. Mead behandelt, in dem das egalitäre
Ideal der Theosophie hochgehalten wurde, etwa in der Kritik an einem
amerikanischen Zweig, der sich geweigert hatte, eine "Negerin" als
Vorsitzende zu akzeptieren (3, S.115). Aber schon auf der Titelseite
der Märznummer des Jahres 1902 hießt in einem Kommentar zur Gründung
der italienischen Sektion: Nach unserer theosophischen Lehre ist
die teutonische Unter-Rasse eine spätere, also entwickeltere, als
die lateinische; in ersterer haben sich durchschnittlich ältere
Menschenseelen verkörpert, und da ist es nicht mehr als recht, dass
sich der ältere Bruder des hoffnungsvollen jüngeren annimmt. So
findet sich nur durch wenige Seiten getrennt die Deklamation des
theosophischen Universalismus neben der sublimen Hierarchisierung
des Verhältnisses zwischen Italienern und "Teutschen". Noch zum
Ende dieses Jahres 1902 äußerte sich wiederum Mead zur Rassenfrage,
diesmal zu den Hautfarben: Er hielt vorsichtig an einer möglichen
Abstufung der Rassen fest, stellte allerdings die übliche Rangfolge
auf den Kopf: "Thatsache ist, dass der höchst entwickelte Menschentypus
dunkle Haut hat, während ein geringerer Fortschrittsgrad mit hellerer
Farbe verbunden sein mag." (4, S.40) Im nächsten Jahrgang der Zeitschrift
findet sich ein Artikel von A.P. Sinnet, der die theosophische Spekulation
über die "Wurzelrasse" und die "fortgeschrittensten" Menschen widergibt
(5, S.84) - ohne Reflexion auf die Hierarchisierungsimplikate. Im
letzten Jahrgang erhielt Karl Bleibtreu die Gelegenheit, sich mit
Heinrich Driesmans auseinanderzusetzten, mit ihm gegen die Milieutheorie
zu wettern, sich aber in Rassenfragen gegen ihn zu stellen und die
theosophische Konzeption der Rasse'reinheit' gegenüber der "Blutmischung"
zu verteidigen. Die Konsequenzen zog Bleibtreu mit systematischer
Unerbittlichkeit: Driesmans Milieu- und Mischungstheorie tauge nicht
zur Erklärung "unserer auserwählten arischen Rasse", mache etwa
nicht deutlich, weshalb in Skandinavien "dies Eismilieu das physisch
und psychisch höchststehende Menschenmaterial (Arier) neben dem
tiefstehenden (Eskimos, Lappen) gezüchtet haben soll" (7, S.88).
Schließlich wirft eine Debatte über die Einschätzung der "Kreuzung
mit einer niederen Rasse", wenn also ein Europäer "eine Wilde" heirate
(7, S.139), in mehreren Voten einige Schlaglichter auf die mentale
Disposition der Leserschaft. Wie immer man sich zu dieser Frage
stellte, ob man bei der 'Minderwertigkeit' einer Rasse immerhin
nicht automatisch an die Minderwertigkeit ihrer Menschen glaubte
(7, S.139f.), ob man eine solche Heirat als Hilfe zur Höherentwicklung
vorsichtig begrüßte oder im Gegenteil als "Schwäche, Gefühlsduselei
oder Caprice" abtat, weil sich im Kontext der Seelenwanderungstheorie
"hunderte von Lebensläufen [...] nicht in einem Leben wettmachen"
ließen (7, S.184), immer stand das Modell von höheren und niederen
Rassen unbefragt im Hintergrund. Aus diesen Texten und Debatten
läßt sich die Folgerung ziehen, daß rassistische Vorurteile in diesem
theosophischen Milieu entweder vorhanden waren und aktualisiert
werden konnten oder aber von den theosophischen Inhalten überhaupt
erst induziert wurden. Wie dem auch sei: offenbar lag die theosophische
Rassenlehre abrufbereit vor, und die Explikation von Rassenvorurteilen
im System der Theosophie geschah mit Debatten ums Detail, aber ohne
Widerspruch im Prinzip. (b) Die Neue Metaphysische Rundschau, Tischner
zufolge Nachfolgerin der Zeitschrift Sphinx und der Metaphysischen
Rundschau , verstand sich als Publikationsorgan für den gesamten
Bereich okkulter Phänomene und erschien von 1897 bis 1917 . Sie
wollte wissenschaftlich exakt und in "ver-ständlicher Form" verfaßt
sein und hatte sich der "mystischen Forschung" verschrieben (1897/98,
S.5). Die Nähe zur Theosophie signalisierte sie durch Artikel prominenter
Theosophen (z.B. Franz Hartmanns) oder die Rubrik "Theosophische
Rundschau", später durch die Übernahme des theosophischen Emblems
ins Titelblatt. Rassentheoretische Artikel gab es in den ersten
Jahren nicht, jedenfalls nicht offensichtlich. Von daher ist es
überraschend, daß im Jahrgang 1906 nicht nur Heinrich von Lessel
über Wotans Schuld und Verhängnis, sondern auch Guido List mit gleich
zwei Artikelserien, über Das Geheimnis der Runen und Von der Armanenschaft
der Arier, Platz fand. Im kommenden Jahr folgte Adolf Josef Lanz
mit weiteren völkisch einschlägigen Artikeln: über den "Affenmenschen
in der Bibel" und über die "assyrischen 'Menschentiere'" in der
anthropologischen Forschung. Im Jahr 1910 (S.36f.) findet sich ein
kurzer Hinweis auf Ernst Ludwig Freiherr von Wolzogens Festspiel
Die Maibraut im Wiesbadener Naturtheater, in der Lists "Armannenweisheit"
gefeiert wird. Mit aller Vorsicht kann man aus diesem Befund schließen,
daß völkische Themen nicht im Vordergrund standen, aber auch nicht
auf besonderen Widerstand stießen. Nicht überraschend ist die Reaktion
auf die Nationalisierungswelle mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs,
der nicht in das transnationale Wissenschaftsverständnis des Okkultismus
und auch nicht zur Internationalität der Theosophischen Gesellschaft
paßte (die die nationalistischen Strömungen in den einzelnen Ländern
kaum pazifizieren konnte ), gleichwohl aber in der evolutionären
theosophischen Hierarchisierung von Völkern interpretierbar war,
wie sich bei der Anthroposophie (vgl. Kap. 4) noch zeigen wird.
Auch in der Neuen Metaphysischen Rundschau war der Hurra-Patriotismus
der verendenden Belle Époque zu hören, wenn auch nicht ohne leise
Zwischentöne. Peryt Shou (i.e. Albert Schulz) bekam die Gelegenheit
zu einem pathetischen völkischen Bekenntnis: "Des Blutes Mysterium
hat sich uns aufgetan. Wir sind bis in unseres Wesens letzte Faser
von einem Ton erschüttert und verwandelt. Wir sind 'Deutsche' geworden,
'Deutsche' hinüber über unser Grab, 'Deutsche' dort oben selbst."
(1914, 211) Fünf Seiten später gestand ein anonymer Autor, möglicherweise
Paul Zillmann, daß jeder "die Weltlage durch sein national gefärbtes
Glas" anschaue, aber auch er vollzog die nationalistische Wendung:
"Die geistigen Kräfte, die göttlichen Heerscharen, stehen auf Seiten
derer, die sich dem Geistigen geöffnet haben: Deutschland und Oesterreich."
(1914, 217). Daß unter diesen Umständen Paul de Lagarde (i.e. Paul
Anton Bötticher) posthum zur "Wegbereitung der nationalen Religion"
aufrufen durfte (1915, S.3), ist nicht mehr verwunderlich. (c) Das
Zentralblatt für Okkultismus schließlich , von 1907 bis 1933 erschienen,
war die vielleicht populärste der hier aufgeführten Zeitschriften
. Auch sie ist dem theosophischen Umfeld eindeutig zuzuordnen: in
ihrem Titelblatt trug sie u.a. das theosophische Emblem , bekannte
Theosophen gehören zu den Beiträgern, der Verlag Max Altmann war
einer der wichtigsten Publikationsorte theosophischer Literatur
vor dem Ersten Weltkrieg. Der Blick auf dieses Blatt schließlich
mahnt möglicherweise, wie analog Lazar von Hellenbach, zur Vorsicht
bei der generalisierenden Vermutung, daß die okkultistischen Zeitschriften
mit völkischem Gedankengut durchsetzt gewesen wären. Im dritten
Jahrgang findet sich zwar ein Doppelartikel von B. Wiedenmann zu
"versunkenen Kontinenten" und den "Rassen und Runden" der Menschheit,
der damit die Präsenz theosophischer Rassenvorstellungen signalisiert,
aber dies ist auch schon der einzige offensichtliche Bezug auf rassentheoretische
Vorstellungen. Eine Änderung brachte der Erste Weltkrieg mit sich,
mit dem allerdings auch die Herausgeberschaft aus den Händen von
Demeter Georgievitz-Weitzer auf Max Altmann überging. In Jahrgang
1914/15 gab es eine Reihe von nationalistisch oder völkisch affizierten
und manchmal kontaminierten Artikeln, aus denen einer von dem schon
im Umfeld Lists erwähnten Karl Heise herausgegriffen sei. Er konnte
mit Berufung auf Lanz eine Suada gegen "Rassenverschleierung" und
"Fremdrassentum" loslassen und sein "Hinauf zum Ariertum!" über
den deutschen Okkultismus herabrufen (S.225). Die deutsche Theosophie:
Steiners Anthroposophie Mit der Trennung der Anthroposophischen
von der Theosophischen Gesellschaft Adyar am Ende des Jahres 1912
war die Anthroposophie die dominante Vertreterin theosophischer
Vorstellungen in Deutschland; die weiterbestehenden theosophischen
Vereinigungen wurden zu marginalen Größen. Durch Rudolf Steiner
mutierte die Theosophie zu einer stark durch die deutsche kulturelle
Tradition geprägten "Weltanschauung", mit naturphilosophischer Goetherezeption,
deutschem Idealismus oder Ernst Haeckels religiösem Biologismus
als wichtigen Ideenlieferanten. Steiners philosophischer Angelpunkt
war ein spiritueller Monismus: Er nahm, wie Blavatsky, eine fundamental
geistige Verfassung auch der materiellen, sich grosso modo evolutiv
aus dem Geistigen entwickelnden Welt an und machte Präsenz und Wirkungen
dieses Geistigen zum beherrschenden Thema der Anthroposophie: "Anthroposophie
ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschen zum Geistigen
im Weltall führen möchte." (GA 26, 14) Seine Rassentheorien, die
er praktisch vollständig nach seinem Eintritt in die Theosophische
Gesellschaft im Jahr 1900 formulierte , sind in diese Kosmologie
eingebaut: Die Rassen werden als materialer Teil der Evolution des
Geistigen verstanden, wobei es, auch hier folgt Steiner der theosophischen
Tradition, zu einer Hierarchisierung von Rassen, von "keimenden"
(GA 104, 89), also von blühenden und absterbenden Völkern kommt,
Wertungen, die weitgehend kongruent mit denjenigen Blavatskys sind.
In diesem theosophischen Horizont beschreibt er detailliert die
"planetarischen" Runden der Kosmogenese und benennt darin auch minutiös
die Rassen der Weltgeschichte, die sich am leichtesten in einem
tabellierten Überblick erfassen lassen : 1. Saturnzustand 2. Sonnenzustand
3. Mondenzustand 4. Erdenzustand - (1.) polarische Wurzelrasse -
(2.) hyperboräische Wurzelrasse - (3.) Lemurier - (4.) Atlantier
-- Rmoahls -- Tlavatli-Völker -- Tolteken -- Ur-Turanier -- Ur-Semiten
-- Akkadier -- Mongolen. - (5.) arische (GA 11,32) oder nachatlantische
Wurzelrasse -- Altindische Unterrasse (7227-5067 v.Chr.) -- Urpersische
Unterrasse (5057-2907 v.Chr.) -- Ägyptisch-chaldäische Unterrasse
(2907-747 v.Chr.) -- Griechisch-lateinische Unterrasse (747 v.-1413
n.Chr.) -- Fünfte nachatlantische Unterrasse (1413-3573 n.Chr.)
-- die zukünftige Unterrasse (3573-5733 n.Chr.) -- weitere nachatlantische
Untertasse (5733-7893 n.Chr.) - (6.) zukünftige nachatlantische
Wurzelrasse - (7.) weitere nachatlantische Wurzelrasse. 5. Jupiterzustand
6. Venuszustand 7. Vulkanzustand Aus dem theosophischen Hintergrund
stammt die Struktur dieses Modells: die Planetenzustände und die
Differenzierung in Wurzel- und Unterrassen sowie die Spezifizierung
der Rassen in Untergruppen zu jeweils sieben Einheiten gibt es schon
bei Blavatsky und Sinnet, die Parallelisierung von Bewußtseinsfortschritten
im Fortgang der planetarischen Verkörperungen ebenfalls. Der Atlantiskomplex
ist in der Geheimlehre gleichfalls durchgängig präsent, aber möglicherweise
liegen Steiners Quellen auch in der populärwissenschaftlichen Literatur
der Jahrhundertwende. Ignatius Donnelly hatte 1882 den Beweis zu
erbringen versucht, daß zwischen Europa und Amerika ein Kontinent
gelegen habe , eine ausgesprochen populäre Theorie, der jedoch durch
die Entdeckung der Kontinentaldrift durch Alfred Wegener im Jahre
1912 der geophysikalische Boden entzogen war. Auch die Begriffe
der Unterrassen sind im (populär-)wissenschaftlichen und/oder theosophischen
Kontext zu verorten: Die "Turanier" beispielsweise, die schon Blavatsky
kennt , besaßen ihre Plausibilität in der wissenschaftlichen Debatte
des 19. Jahrhunderts: sie waren von dem Orientalisten Max Müller
als neue Kategorie für nicht-indogermanisch und nicht-semitisch
sprechende Völker Asiens und Europas eingeführt worden; mit den
Erkenntnisfortschritten in der Ethnolinguistik wurde auch diese
Theorie obsolet. Solche Beispiele machen deutlich, in welchem Ausmaß
Steiner (wie auch Blavatsky) sich als Disputant in der naturwissenschaftlichen
Diskussion der Jahrhundertwende begriff. Er ordnete sich zwar in
die "okkulte Wissenschaft" ein (GA 140, Titel), aber eben nicht
im Sinne eines rückständigen Außenseiters, sondern er beanspruchte,
"auf der Höhe des wissenschaftlichen Denkens" (GA 11, 14) seinen
Beitrag zur Überwindung des Materialismus (GA 11, 9-14) und zur
Lösung der "Welträtsel" (vgl. GA 18), letztlich zu einer integralen
Weltanschauung zu liefern. Die sozialdarwinistischen Konsequenzen
des evolutionistischen Denkens greifen bei Steiner ähnlich rigide
wie bei seinen theosophischen Vorbildern. Seine Hierarchisierungen
nimmt er auf dem Hintergrund einer hochreduktiven Rassentheorie
vor, die von drei oder fünf Rassen ausgeht - weiße Europäer, schwarze
Afrikaner und gelbe Asiaten, sowie als "Seitenzweige" rote Indianer
und braune Malayen : Die Indianer hält er für eine "degenerierte
Menschenrasse" im "Hinsterben" (GA 105, 106f.). "Die Neger" etwa
gehören für Steiner zu einer "degenerierten", "zurückgebliebenen"
Rasse (GA 105, 106), zu den "letzten Überbleibseln" vergangener
Zeiten (GA 105, 107) mit einem "starken Triebleben", und sie sind
deshalb "auf Rennen und auf die äußere Bewegung aus, die von den
Trieben beherrscht ist" (GA 349, 55). Aus dieser evolutionären Zurückweisung
dekretiert Steiner kulturelle Inferiorität: "Soll der vollkommene
Geist ebensolche Voraussetzungen haben wie der unvollkommene? Soll
Goethe die gleichen Bedingungen haben wie ein beliebiger Hottentotte?"
(GA 8, 47) Was Steiner hier als weite Perspektive aus der Höhe anthroposophischer
Kosmogenese darstellt, erweist sich bei näherem Hinsehen als unbewältigter
Kulturkonflikt, in dem sich die Angst vor der ihm fremden schwarzafrikanischen
Kultur in der fast trotzigen Behauptung europäischer Überlegenheit
Bahn bricht: [...] wir geben diese Negerromane den schwangeren Frauen
zu lesen, da braucht gar nicht dafür gesorgt zu werden, daß Neger
nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen; da entsteht durch
rein geistiges Lesen von Negerromanen eine ganze Anzahl von Kindern
in Europa, die ganz grau sind, Mulattenhaare haben werden, die mulattenähnlich
aussehen werden! (GA 348, 189) Die Postulierung universeller geistiger
Zusammenhänge wird zum Einfallstor für Ängste, so daß für Steiner
die Abschottung bis zur geistigen Romanzensur hin die Folge ist.
Politisch gesagt: "Die Negerrasse gehört nicht zu Europa, und es
ist natürlich nur ein Unfug, daß sie jetzt in Europa eine so große
Rolle spielt." (GA 349, 53) Das Judentum, von Steiner als Rasse
definiert, erliegt in dieser Hermeneutik der gleichen kulturellen
Ausgrenzung. Die evolutionstheoretische Herabsetzung arbeitet mit
der Behauptung, das Judentum habe die Stufe eines kollektiven Bewußtseins
noch nicht verlassen: "Der Bekenner des Alten Testaments sagte noch
nicht in seiner Persönlichkeit: Ich bin ein Ich. Er fühlte sich
in dem ganzen alten jüdischen Volke und fühlte das 'Gruppen-Volks-Ich'"
(GA 103, 58). Die Folgen sind fast stereotyp die gleichen wie bei
"den Negern" und laufen auf eine Eliminierung aus der Geschichte
hinaus: Da die monotheistische "Mission" des Judentums abgelaufen
sei (GA 121, 127) und "die Offenbarung des alten Judentums [...]
als etwas Wertloses auf unserer Erde angesehen werden" müsse (GA
148, 80), "könnten die Juden eigentlich nichts Besseres vollbringen,
als aufgehen in der übrigen Menschheit, sich vermischen mit der
übrigen Menschheit, so daß das Judentum als Volk einfach aufhören
würde" . "Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt,
hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und
daß es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte."
(GA 32, 152) Ähnliche Vorstellungen, zumindest was die "Wilden"
anbetrifft, lassen sich auch bei Blavatsky finden, hinsichtlich
des Judentums scheint bei ihr allerdings keine derart dezidierte
Abwertung im Namen des Fortschritts vorzuliegen. Bei Steiner wie
Blavatsky ist dies aber weniger, jedenfalls nicht primär, Ergebnis
einer rassistischen Selbstdefinition, als vielmehr Folge der Zwänge
des sozialdarwinistischen Ansatzes: die ehemaligen Akteure der Geschichte
werden zu Opfern des Fortschritts, und diese Konstruktionslogik
verleitet dazu, die Kulturen, die man hinter sich gelassen zu haben
glaubt, auch zu benennen: "die Neger", "die Wilden" oder "die Juden"
sind dafür im 19. Jahrhundert nur allzu beliebte Opfer. Ein Unterschied
Steiners zu Blavatsky und der englischsprachigen Theosophie besteht
allerdings in der Finalisierung der Rassen- und Völkergeschichte,
die der deutschnational großgewordene Steiner in die "weiße Rasse",
näherhin ins "Deutschtum" (GA 64, 36) verlegt. Zu einem entscheidenden
Terminus wird dabei der Begriff des Volkes, die nächstkleinere Kategorie
unterhalb der Rasse, dem eine Schlüsselposition zuwächst (das aber
hat auch linguistische Gründe, da im englischen kein äquivalentes
Wortfeld für Volk/völkisch zur Verfügung steht): "Volksgeister"
(GA 121, 24), "Volksgemüt" , "Volksmerkmale" (GA 121, 75), "Volksseelencharakter"
, "Volksseelenwesen" , "Volkstum" (GA 121, 85), "Völkerindividualität"
(GA 121, 30), oder "Gruppen-Volks-Ich" (GA 103, 58) sind nur eine
Auswahl aus Steiners "völkischem" Vokabular, das teilweise aus dem
völkischen Diskurs entnommen ist, teilweise aber wohl auch auf Neubildungen
Steiners zurückgeht (z.B. "Völkerindividualität"). Dabei versteht
er unter "Volksseele" oft die kollektive Identität eines "Volksseelenwesens"
, unter "Volksgeist" oft ein individuelles, engelartiges Wesen:
Wenn Sie sich solche Wesenheiten denken, die auf der Stufe der geistigen
Hierarchien stehen, die wir Erzengel nennen, haben Sie einen Begriff
von dem, was man 'Volksgeister' nennt, was man die dirigierenden
Volksgeister der Erde nennt. (GA 121,24) Derartige Volksgeister
werden nun einzelnen Völkern zugeordnet, die Steiner anthropomorph
als "Völkerindividualitäten" bezeichnet (GA 121, 30). Auch hierbei
bestimmt Steiner wiederum sehr bewußt seine Position in der wissenschaftlichen
Debatte: so könnten die "Völkercharaktere", wie Steiner, die damalige
völkerpsychologische Diskussion aufgreifend, erläutert, von der
"gewöhnlichen Wissenschaft" (GA 121, 7) nicht ausreichend erkannt
werden, aber auch unter "Okkultisten" (GA 121, 12) sei das Thema
gemieden worden. Nur bei sich selbst sieht Steiner also den entscheidenden
Einblick in die okkulte Dimension der Völkergeschichte. Zu den möglicherweise
typisch deutschen Elementen von Steiners völkischen Ansichten gehört
auch seine Integration der "germanisch-nordischen Mythologie" (GA
121). Dabei handelt es sich - um ein kurzes Beispiel zu geben -
um die synkretistische Amalgamierung von Topoi der germanischen
Literaturen innerhalb seines synkretistischen Evolutionsmodells:
So werden mit der Begründung, die "nordische Mythologie" vermittle
das 'klarste' "Bild der Weltenevolution" (GA 121, 136), Baldur und
Loki zu Repräsentanten von Fortschritt und Vergangenheit . In ähnlicher
Manier integriert Steiner weitere, im völkischem Milieu beliebte
Figuren aus der germanischen Mythologie. Eine systematische Pointe
der Anthroposophie, die enge Korrelierung von geistiger und irdischer
Welt, arbeitet er auch in "völkischen" Fragen heraus. In Rezeption
der Mikro-Makrokosmos-Analogie haben die Ereignisse zwischen Völkern
in der materiellen Welt ihr Pendant in der geistigen Sphäre: Kriege
sind ihrer "wahren" Natur nach nur Epiphänomene von Kämpfen in der
übersinnlichen Welt: Dieser Kampf im Himmel gleichsam, er spielt
sich ab zwischen Rußland und Frankreich in der geistigen Welt, ein
lebendiger Kampf zwischen Osten und Westen. Und dieser Kampf ist
die Wahrheit, und dasjenige, was sich in der physischen Welt abspielt,
das ist die äußere Maja, das ist die Entstellung der Wahrheit. (GA
174b, 63) Auch die evolutive Dimension kehrt in der Völkertheorie
wieder: Aber in allem, was sich in und mit den Völkern entwickelt,
entwickelt sich noch etwas anderes. Es ist ein Fortschritt in der
menschlichen Entwickelung. (GA 121, 25) Ist das nicht ein ungeheuer
harter Gedanke, daß ganze Völkermassen unreif werden und nicht die
Fähigkeit entwickeln, sich zu entfalten, daß nur eine kleine Gruppe
fähig wird, den Keim zur nächsten Kultur abzugeben? - Aber dieser
Gedanke wird für Sie nicht mehr etwas Beängstigendes haben [...].
Die Rasse kann zurückbleiben, eine Völkergemeinschaft kann zurückbleiben,
die Seelen aber schreiten über die einzelnen Rassen hinaus. (GA
104, 89) Steiner verbleibt dabei keineswegs auf der abstrakten Ebene
eines formalen Entwicklungsmodells, sondern unterfüttert es mit
Stereotypen, mit negativen wie positiven Vorurteilen, die teils
aus seinen Jahren vor 1900, teils aus der Zeit als Theosoph stammen
und um die Jahrhundertwende nicht selten waren: Die französische
Kultur sei "gewissermaßen reif und überreif geworden" (GA 174b,
61), "dem britischen Volk" attestiert Steiner eine besondere Nähe
zum Materialismus (GA 157,39), "den slavischen Nationen" "Feindseligkeit
[...] gegenüber der deutschen Bildung" (GA 31,117), den Russen aber
auch eine Dichtungstradition "aus den Tiefen der eigenen nationalen
Wesenheit" (GA 33,111). Die Apotheose des deutschen Volkes gipfelt
in der Akzeptanz von Formulierungen, die es in eine Erlöserfunktion
einrücken und letztlich eine weniger prosaische Formulierung des
deutschen Überheblichkeitssyndroms "Am deutschen Wesen / Soll die
Welt genesen" darstellen. So zitiert er zustimmend den katholischen
Priester Xavier Schmidt: "Wie Israel auserwählt war, den Christus
leiblich hervorzubringen, so ist das deutsche Volk auserwählt, denselben
geistig zu gebären." Und Steiner kommentiert: "Wie ist da das Erfassen
des Christentums im Geiste von diesem einfach gebildeten Priester
Xavier Schmidt gekennzeichnet! Es lebt das, was ich charakterisiert
habe, schon durchaus bis in das tiefste Volksgemüt hinein." Allerdings
finden sich bei näherem Hinsehen auch vermittelnde, teilweise sogar
gegenläufige Töne. Steiners Vorstellungen etwa von der Entwicklung
des Individuums und vor allem von dessen Reinkarnationsgeschichte
marginalisieren gesellschaftliche und biologische Faktoren massiv,
weil sie mit jeder Inkarnation neu zusammengestellt werden. Die
Karmatheorie unterstellt ein Durchwandern von Völkern im Verlauf
der Reinkarnationen (GA 157, 28) und hebt damit die physiologischen
Rassengrenzen auf. An einigen Stellen baut Steiner psychologisch
vor: im Schlaf etwa könne man gerade dem Volksgeist begegnen, den
man hasse (GA 174b, 59). Auf der sozialen Ebene mag eine kulturnationale
Definition des "Deutschtums" - "ein Deutscher ist man nicht, ein
Deutscher wird man" - von der evolutiven oder genetischen Fixierung
distanzieren. Allerdings wäre es auch nicht schwierig, zu all diesen
moderierenden Äußerungen wieder Gegenbelege zu finden, etwa diejenigen
aus dem Umfeld einer vulgärmaterialistischen Blutmythologie: "Wir
verstehen die Rassenfrage aber nur, wenn wir das geheimnisvolle
Wirken des Blutes und der Blutmischung unter den Völkern verstehen."
(GA 55, 42) Steiners Œuvre ist letztlich von einer nicht systematisierten
oder hermeneutisch integrierten Ambivalenz gekennzeichnet, in der
Unvereinbares und Widersprechendes stehengeblieben ist. Es hängt
dabei von den Interessen der Leser ab, ob die Anthroposophie rassistisch
interpretiert wird oder nicht. Die Rezeptionsgeschichte bietet Belege
für beides. Wirkungen Die Wirkungen der völkischen Vorstellungen
aus dem Okkultismus und vor allem aus Theosophie und Anthroposophie
heraus sind weder innerhalb der Theosophie noch außerhalb leicht
auffindbar, weil diese Gruppierungen nicht primär als völkische
wahrgenommen wurden und deren völkische Vorstellungen in andere
Theorieformationen eingeschweißt sind. Vor allem bei dem Versuch,
die ideologischen Hintergründe des Nationalsozialismus aufzudecken,
wurde zwar mehrfach auch auf den Okkultismus der Jahrhundertwende
verwiesen, doch eine wissenschaftlich zufriedenstellende Aufarbeitung
fehlt weitgehend, da es oft beim Kurzschluß von der zeitlichen Koexistenz
okkult-völkischer mit nationalsozialistischen Vorstellungen auf
deren Wechselwirkungen blieb. Direkte Wirkungen auf Hitler hat es
vermutlich nur durch Lanz von Liebenfels gegeben, über die Thule-Gesellschaft
sind die Wirkungen jedoch auch in weitere Bereiche des Nationalsozialismus
eingeflossen . Die Anthroposophische Gesellschaft wurde (wie auch
die Theosophische) von den Nationalsozialisten verboten, viele Anthroposophen
wurden zwischen 1933 und 1945 zu Opfern des Regimes, manche aus
politischen Gründen verhaftet. Die Frage nach personellen und ideologischen
Gemeinsamkeiten wurde vermutlich auch deshalb lange nicht gestellt.
Dennoch hat es eine Reihe von Anthroposophen gegeben, die im Nationalsozialismus
die Nähe zum eigenen völkischen Gedankengut erkannten, etwa den
"Erzoberlenker" der Christengemeinschaft, Friedrich Rittelmeyer
, oder den SS-Untersturmbannführer Werner Georg Haverbeck, der noch
1989 mit den in der Anthroposophischen Gesellschaft eher in den
Hintergrund gerückten völkischen Vorstellungen Steiners ihn in deutschnationaler
Absicht als "Anwalt für Deutschland" reklamierte - sehr zum Mißfallen
vieler Anthroposophen . Umgekehrt haben sich Nationalsozialisten
anthroposophischer Vorstellungen, nicht unbedingt aus dem Bereich
völkischer Vorstellungen (und nicht notwendig als überzeugte Anthroposophen),
bedient: Der SD-Chef Otto Ohlendorf, 1941/42 Leiter der SS-Einsatzgruppe
D in der Sowjetunion, förderte die biologisch-dynamische Landwirtschaft
, Rudolf Hess ließ einige Waldorfschulen bis 1937 weiterführen und
schützte den biodynamischen Landbau, dessen Verband erst nach seinem
Flug nach England verboten wurde , und Medikamente der Arzneimittelfirma
WELEDA wurden von dem Dachauer KZ-Arzt Sigmund Rascher bei Menschenversuchen
verwandt . Hitler selbst soll durch den Anthroposophen Walter Johannes
Stein mit Vorstellungen Steiners bekannt gemacht worden sein und
eine Vorliebe Hitlers für biodynamische Produkte wird kolportiert;
Steiners politische Vorstellungen hat Hitler allerdings explizit
abgelehnt. Steiners völkerpsychologische Vorstellungen einschließlich
ihrer Hierarchisierungen von Völkern prägen bis in die Terminologie
hinein manche anthroposophische Veröffentlichungen bis heute, wenn
etwa 1953 "eine wissenschaftliche, das heißt objektive Volksseelenkunde"
propagiert oder 1965 "dem [sic] Engländer [...] eine tiefe Abneigung
gegen alle begriffliche Theorie und Systematik" verordnet oder noch
1990 (!) das "hebräische Volk" im Kontext von Steiners Untergangsszenario
interpretiert wird . Von einer kritischen Auseinandersetzung mit
diesen Rassismen oder gar deren Revision ist unter Anthroposophen
fast nichts zu spüren. Neben und in den humanistischen Vorstellungen
unter Anthroposophen findet sich weiterhin die völkische Tradition.
Deshalb gibt es von anthroposophischer Seite auch die Befürchtung,
"daß viele heutige Anthroposoph/innen wohl auch rassistische Ansichten
haben" . * * * Quellen und Literatur: Der Okkultismus der Jahrhundertwende
ist unzureichend erforscht, die Masse des primären Materials nicht
wissenschaftlich gesichtet. Die einschlägigen Publikationen sind
durchwegs älteren Datums und entweder Veröffentlichungen über den
Okkultismus ohne Berücksichtigung der völkischen Dimension (Kiesewetter,
Tischner) oder Veröffentlichungen aus völkischer Perspektive ohne
Referenzen auf den Okkultismus . Erst mit der historiographischen
Aufarbeitung der NS-Zeit rückten diese Fragen als "Hintergrund"
des Nationalsozialismus ins Interesse, vielfach als Frage nach seiner
weltanschaulichen Genese, in der weniger seriösen Literatur mit
dem Anspruch, dessen "eigentliche" Kräfte offenzulegen. Das Interesse
konzentrierte sich dabei auf wenige Personen, Hitler und Himmler
auf nationialsozialistischer, List und vor allem Lanz auf okkultistischer
Seite. Weitgehend außerhalb des Blickfeldes bleibt die Thematik
in den einschlägigen Bearbeitungen der Geschichte des Rassismus.
Für den Bereich Okkultismus und völkische Vorstellungen ist die
Arbeit von Glowka hilfreich, aber kursorisch; Fricks umfangreiches
Werk stellt eine beachtliche Sammelleistung dar, ist allerdings
nicht immer zuverlässig und für völkische Fragen wenig ertragreich.
Für die völkischen Vorstellungen der Theosophie ist mir keine umfassende
wissenschaftliche Literatur bekannt, sehr nützlich ist jedoch Goodrick-Clarke.
Bibliographisch ist weiterhin Mohler wichtig. Viele ältere Einzelveröffentlichungen
sind heute grosso modo nur noch von wissenschaftsgeschichtlicher
Bedeutung, insbesondere sind sie für den Komplex der okkultistischen
Wurzeln des Nationalsozialismus durch Goodrick-Clarke überholt.
Die meisten Grundschriften der Theosophie (etwa Blavatskys Entschleierte
Isis und ihre Geheimlehre oder Besants Uralte Weisheit) werden von
theosophischen Verlagen weiterhin verlegt und sind gut greifbar.
Neben einer großen Zahl von Selbstverständigungsliteratur sind inzwischen
auch kritische Veröffentlichungen erschienen (Ruppert, wichtig Campbell,
Klatt). Steiners Schriften werden seit 1955/56 in der Rudolf Steiner
Gesamtausgabe ediert. Bislang sind etwa 350 Nummern erschienen,
darunter auch die einschlägige, teilweise unten genannte rassentheoretische
Literatur. Veröffentlichungen zu Steiners Person gibt es fast nur
aus anthroposophischer Perspektive (Lindenberg, Wehr), zu einzelnen
Aspekten seiner Weltanschauung ist inzwischen auch kritische Literatur
auf dem Markt (z.B. Bannach, Heyer, Geisen, von Stieglitz). Steiners
rassische Vorstellungen sind in den letzten Jahren thematisiert
worden (Zander), teilweise in scharfen Tönen (Wölk). Mit Steiners
Nachwirkungen im Nationalsozialismus hat sich durchweg kritisch
der Anthroposoph Wagner auseinandergesetzt, zur Rezeption auch nach
1945 vgl. Zander. Programmatische Schriften: Annie Besant: Die uralte
Weisheit. Eine kurzgefaßte Darstellung der Lehren der Theosophie
(1897). Leipzig: Th. Grieben 1898. - Helena Petrowna Blavatsky:
Isis entschleiert. Ein Meisterschlüssel zu den alten und modernen
Mysterien, Wissenschaft und Theologie. Bd.I: Wissenschaft (1877).
Leipzig: Lotus-Verlag o.J. [1907]; Die Entschleierte Isis. Ein Meisterschlüssel
zu den Geheimnissen alter und neuer Wissenschaft und Theologie.
Bd.II: Theologie (1877). Leipzig Theosophisches Verlagshaus o.J.
[1909]. - Dies.: Die Geheimlehre. Die Vereinigung von Wissenschaft,
Religion und Philosophie. 4 Bde. (1888-1893). Leipzig: W. Friedrich
o.J. [1899-1921]. - Alfred Percy Sinnet: Die Esoterische Lehre oder
Geheimbuddhismus (1883). Leipzig: J.C. Hinrichs'sche Buchhandlung
1884. RUDOLF STEINER (Auswahl einschlägiger Werke; alle Ausgaben:
Dornach: Rudolf Steiner Verlag; GA = Gesamtausgabe): Aus der Akasha-Chronik
(1904-1908). Dornach 1986 (= GA 11). - Die Geheimwissenschaft im
Umriß (1910). Dornach 1977 (= GA 13). - Die geistigen Hintergründe
des Ersten Weltkrieges (1914-21). Dornach 1962 (= GA 174b). - Die
Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhange mit der germanisch-nordischen
Mythologie (1910). Dornach 51982 (= GA 121). - Vom Leben des Menschen
und der Erde. Über das Wesen des Christentums (1923). Dornach 1980
(= GA 349). Zeitschriften: Neue Metaphysische Rundschau. Monatsschrift
für philosophische, psychologische und okkulte Forschungen, in welcher
enthalten ist Archiv für Biomagnetismus; Rundschau für Astrologie;
Theosophisches Forum; Phrenologische Rundschau; Metaphysische Bücherei.
Ab dem zweiten Jahrgang: Neue Metaphysische Rundschau. Monatsschrift
für philosophische, psychologische und okkulte Forschungen in Wissenschaft,
Kunst und Religion. Herausgegeben und verlegt von Paul Zillmann,
Zehlendorf bei Berlin, ab dem zweiten Jahrgang Gross-Lichterfelde
bei Berlin, 1 (1897) - 22 (1915) [ab Bd. 5 (1902) als Band 9 (1902)
gezählt]. - Der Vâhan. Zeitschrift für Theosophie, Organ der Theosophischen
Gesellschaft; ab Jahrgang 4, Heft 5: Der Vâhan. Unabhängige Monatsschrift
für Theosophie. Redakteur: Richard Bresch. Leipzig, wohl im Selbstverlag,
1 (1899-1900) bis 7 (1905-1906). - Zentralblatt für Okkultismus.
Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften,
herausgegeben von Karl Brandler-Pracht, ab 3/1909-1910 von Demeter
Georgievitz-Weitzer, ab 8/1914-1915 von Max Altmann (Schriftleiter:
Arthur Grobe-Wutischky). Leipzig: Verlag von Max Altmann, 1 (1907-1908)
bis 26 (1932-1933). Historiographische Literatur: Klaus Bannach:
Natur als Geist. Eine systematische Interpretation der Anthroposophie
[i.Vorb.]. - Bruce F. Campbell: Ancient Wisdom Revived. A History
of the Theosophical Movement. Berkeley u.a. 1980. - Karl Richard
Hermann Frick: Die Erleuchteten. Bd.I: Gnostisch-theosophische und
alchemistisch-rosenkreuzerische Geheimgesellschaften bis zum Ende
des 18. Jahrhunderts - ein Beitrag zur Geistesgeschichte der Neuzeit;
Bd.II: Licht und Finsternis. Gnostisch-theosophische und freimaurerisch-okkulte
Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert, T.1:
Ursprünge und Anfänge; T.2: Geschichte ihrer Lehren, Rituale und
Organisationen. Graz 1973-1987; hier: II/2, S.259-344. - Thomas
Geisen: Anthroposophie und Gnostizismus. Darstellung, Vergleich
und theologische Kritik. Paderborn u.a. 1992. - Hans-Jürgen Glowka:
Deutsche Okkultgruppen 1875-1937. München 1981. - Nicholas Goodrick-Clarke:
The Occult Roots of Nazism. The Ariosophists of Austria and Germany
1890-1935. Wellingborough 1985. - Friedrich Heyer: Anthroposophie
- ein Stehen in Höheren Welten? Konstanz 1993. - Carl Kiesewetter:
Geschichte des neueren Okkultismus. Geheimwissenschaftliche Systeme
von Agrippa von Nettesheim bis zu Carl du Prel. Leipzig: W. Friedrich
1891. - Norbert Klatt: Theosophie und Anthroposophie. Neue Aspekte
zu ihrer Geschichte aus dem Nachlaß von Wilhelm Hübbe-Schleiden
(1846-1916) mit einer Auswahl von 81 Briefen. Göttingen 1993. -
Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner. Eine Chronik 1861-1925. Stuttgart
1988. - Ders.: Rudolf Steiner. Reinbek 1992. - Armin Mohler: Die
konservative Revolution in Deutschland 1918-1932. Ein Handbuch.
2., neu bearb. u. erw. Aufl. Darmstadt 1972, insbes. S.221-224;
Ergänzungsband ebd. 1989. - Horst Reller, Manfred Kießig u. Helmut
Tschoerner (Hg.): Handbuch Religiöse Gemeinschaften. Freikirchen,
Sondergemeinschaften, Sekten, Weltanschauungen, Missionierende Religionen
des Ostens, Neureligionen, Psycho-Organisationen. Gütersloh 41993,
S.409-476. - Hans-Jürgen Ruppert: Theosophie - unterwegs zum okkulten
Übermenschen. Konstanz 1993. - Klaus von Stieglitz: Die Christosophie
Rudolf Steiners. Voraussetzungen, Inhalt und Grenzen. Witten 1955.
- Rudolf Tischner: Geschichte der Parapsychologie. Tittmoning 1960.
- Arfst Wagner: Anthroposophen und Nationalsozialismus. Probleme
der Vergangenheit und Gegenwart [Teil I]. In: Flensburger Hefte,
Nr.32 (1991), S.6-78. - Ders.: Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus
[Teil II]. In: Flensburger Hefte, Sonderheft Nr.8 (1992), S.50-130.
- Ders. (Hg.): Dokumente und Briefe zur Geschichte der anthroposophischen
Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. 4
Bde. Rendsburg 1991-1992. - Gerhard Wehr: Rudolf Steiner. Leben,
Erkenntnis, Kulturimpuls. Freiburg i.Br. 1982, München 21987. -Volkmar
Wölk: Natur und Mythos. Ökologiekonzeption der "Neuen" Rechten im
Spannungsfeld zwischen Blut und New Age. Duisburg 1992. - Helmut
Zander: Der Weltgeist auf dem Weg durch die Rassengeschichte. Anthroposophische
Rassentheorie. In: Justus H. Ulbricht u. Stefanie von Schnurbein
(Hg.): Völkische Religion und Krisen der Moderne. Köln/Weimar/Wien
[i.Vorb.].
Quelle: Handbuch zur "Völkischen Bewegung" 1871-1918. Hg. v. Uwe
Puschner, Walter Schmitz und Justus H. Ulbricht. München et al.:
Saur 1996.
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