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  Internet-Streetworking- Extremismusprävention per Internet
 

QU: SozialAktuell im Juli 2004
von Bernadette Wüthrich

Vor vier Jahren haben Mitglieder der Aktion Kinder des Holocaust (AkdH)
"Netzteil" ins Leben gerufen. Die Organisation widmet sich unter anderem mittels Internet (Internet-Streetworking) der Extremismusprävention. Sie arbeitet dezentral und anonym. Zurzeit sind vier bis fünf nebenamtlich Mitarbeitende mit verschiedenen beruflichen Hintergründen aktiv. Netzteil wurde in den letzten beiden Jahren staatlich finanziell unterstützt, finanziert sich derzeit wie zuvor privat. Philosophie: Es wird bei der Extremismusprävention unterschieden zwischen programmatischen, rassistischen Rechtsextremen, gegen die politisch und juristisch vorgegangen wird, und meist jugendlichen symptomatischen Rechtsextremen, deren Rechtsextremismus als Versuch verstanden wird, eigene Unsicherheiten in der Identität und persönliche Probleme als Appell nach aussen zu tragen. Letztere werden mittels Kommunikation angesprochen und zur Reflexion angeregt. Damit soll ein Anwachsen der Rechtsextremenszene langfristig verhindert werden.

siehe auch: Kurzreferat über das von der AKdH entwickelte "Internet-Streetworkiung"© anlässlich der OSZE Konferenz ( the relationship between racist, xenophobic and anti-semitic propaganda on the Internet and hate crimes ) in Paris vom 16. - 17. Juni 2004  ... weiter

Zum Interviewpartner: Samuel Althof ist ausgebildeter Psychiatriepfleger und bietet in seiner eigenen Praxis psychologische Beratungen an. Er ist Gründungsmitglied und Sprecher der AKdH und auch bei Netzteil von Anfang dabei.

SozialAktuell: Warum machen Sie gerade Extremismusprävention per Internet?

Samuel Althof: Weil rechter wie auch linker Extremismus zum Teil im Internet verbreitet wird. Das Internet-Streetworking wurde von der AKdH (Aktion Kinder des Holocaust) ursprünglich als Mittel für die Rechtsextremismusprävention entwickelt.

Sie haben Jugendliche im Fokus…

Nicht nur, es geht auch um Erwachsene. Die Präventionsarbeit konzentriert sich aber eher auf Jugendliche. Wir unterscheiden zwischen symptomatischen und programmatischen Rechtsextremen und Linksextremen. Bei programmatischen ExtremistInnen bleibt in der Regel nur die politische und juristische Bekämpfung. Aber bei symptomatischen ExtremistInnen gibt es andere Möglichkeiten. Und die suchen wir.

Wie sieht die Präventionsarbeit konkret aus?

Ich erkläre es jetzt anhand von Rechtsextremismus, beim Linksextremismus weicht das Vorgehen zum Teil etwas ab. Wir suchen das Internet täglich nach rechtsextremen Inhalten ab, im deutschsprachigen Bereich monitoren wir pro Tag etwa 200 Seiten. Mit speziellen Programmen stellen wir sofort fest, was neu auf einer Seite ist. Als Grundlage für die Prävention versuchen wir ein Profil des Autors oder der Autorin der gefundenen Internetseite zu erstellen und versuchen zu verstehen, wer der Verfasser dieser Seite sein könnte. Der Verfasser "spricht" mit Text, Seitenlayout und technischem Know-How. All das wird von uns ausgewertet. Dann suchen wir danach, ob Unsicherheiten in Bezug auf die Selbstdefinition zu erkennen sind, ob es sich um einen symptomatischen Rechtsextremen handelt. Wenn ja, entscheiden wir uns, zu beobachten, mit dem Autor Kontakt aufzunehmen oder, wenn er straffällig ist, mit strafrechtlichen Massnahmen gegen ihn vorzugehen oder sie ihm anzukünden.

Als ich die Beispiele auf Ihrer Website durchsah, war ich erstaunt, dass da tatsächlich Dialoge zustande gekommen sind. Kann ein solcher Dialog aber eine echte Veränderung bewirken?

Das hängt davon ab, was man unter Veränderung versteht und was an Veränderung möglich ist. Bevor wir mit der Intervention beginnen, versuchen wir, neben dem Erstellen des Profils, den Betreffenden zu identifizieren. Oftmals werden extremistische Internetseiten anonym veröffentlicht. Wenn wir den Autor identifiziert haben und unsere Abklärungen zeigen, dass eine Intervention möglich ist, informieren wir bei Minderjährigen immer die Eltern. Manchmal geschieht dies anonym. Zu unseren Abklärungen gehört auch die Beurteilung einer möglichen Selbst- oder Fremdgefährdung des Autors.

Wie lässt sich das einschätzen?

Zunächst muss man wissen, dass in den letzten Jahren die Rechtsextremismusproblematik in der Presse übermässig hochgespielt wurde. Ich will die Problematik nicht verharmlosen, aber so schlimm, wie sie dargestellt wird, ist sie bei weitem nicht. Für konkrete Fälle haben wir verschiedene Möglichkeiten: Wir beobachten, was der Betreffende sagt, bevor wir mit ihm in den Dialog treten, mit wem er in Kontakt ist, welche Inhalte er austauscht. Ist er z.B. auf der Suche nach Teleskop-Schlagstöcken, wird es schwieriger. Wir klären ab, ob er sich z.B. an anderer Stelle gewalttätig geäussert hat oder entsprechend aufgetreten ist. Wir versuchen auch, sein Umfeld abzuklären. Es kann auch sein, dass jemand aus dem Umfeld eines Rechtsextremen auf uns zukommt und uns auf ihn aufmerksam macht. Dann haben wir sogar die Möglichkeit, über Zweit- und Drittpersonen mit ihm zu kommunizieren und im Umfeld genau auszuloten, was wirklich los ist.

Sie bleiben ja ziemlich lange anonym. Oder überhaupt?

Es gibt verschiedene Stufen. Wenn eine Intervention bei einem Jugendlichen schwerwiegende Konflikte auslöst, geben wir ihm eine Telefonnummer, über die er uns erreichen kann. Damit kennt er uns noch nicht unbedingt. Wir geben auch anonyme Nummern heraus, wo ihn dann jemand fachlich stützt und berät. Das Problem des Rechtsextremismus im Internet muss grundsätzlich in die Realität rückübersetzt werden. Im Internet glauben Jugendliche und sehr oft auch Erwachsene, sie befänden sich in einem rechtsfreien Raum und könnten tun und lassen was sie wollen. Dies trifft natürlich nicht zu. Der Konflikt muss auf dem Boden der Realität verstanden, analysiert und durchgearbeitet werden. Das ist es, was wir letztlich machen. Fast alle, die von uns im Internet-Streetworking angegangen wurden, kennen wir persönlich. Nur wenige, die selber anonym geblieben sind, haben wir physisch nicht kennen gelernt. Das Ziel ist immer, die Personen persönlich kennen zu lernen und in einen Kontakt weg von der Cyberwelt zu treten. Hier haben unsere Möglichkeiten im Internet ihre Grenzen: Die Intervention wird dort sinnlos, wo sie an der Schwelle von der Cyberwelt zur Alltagsrealität hängen bleibt und das im Internet postulierte Symptom nicht in der Realität bearbeitet werden kann.

Was wollen Sie genau erreichen bei symptomatischen Rechtsextremen?

Es geht darum, dass die Jugendlichen in einem ersten Schritt einen kritischen Bezug zu ihren eigenen Äusserungen entwickeln. Im Zentrum steht da die Frage nach den Gründen, warum jemand etwas Bestimmtes sagt und tut. Mit dem persönlichen Treffen macht der Jugendliche einen weiteren Schritt, er kommt erstens aus der Anonymität heraus, zweitens trifft er sich, in unserem Konzept, mit einer jüdischen Person. Das heisst, er schreitet über seine eigenen rechtsextremen Wertvorstellungen hinaus. In diesem Moment passiert nichts anderes, als dass wir Normalität praktizieren. Ich gehe zum Beispiel mit ihm einen Kaffee trinken, spreche mit ihm über das Wetter, über Fussball, über alles Mögliche. Wir sprechen nicht über Politik, sondern begegnen uns als Menschen. Und allein diese Begegnung hat Wirkung. Wir versuchen, einem symptomatischen Rechtsextremen nicht programmatisch oder ideologisch zu kontern. Damit würde ich ihn in die Defensive bringen. Ich habe das Interesse, ihm da zu begegnen, wo er als Mensch ist, wo er dann plötzlich von seinem Vater zu erzählen beginnt, von seiner Mutter, von den Problemen zuhause. Und da fängt die eigentliche Arbeit an.

Wie geht es dann weiter? Vermitteln Sie Beratungsstellen?

Das hängt auch von der Fragestellung ab. Wir versuchen grundsätzlich, so schnell wie möglich mit lokalen Behörden oder Jugendorganisationen Kontakt aufzunehmen, was es vor Ort eben gibt. Wir informieren dann, dass ein Problem besteht. Manchmal gelingt es, dass diese Organisationen dann übernehmen, aber nicht immer. Manchmal ist auch psychiatrische Betreuung nötig. Die Betroffenen müssen diesen Schritt auch wollen und daran interessiert sein. Unsere Begegnungen mit den Betroffenen selbst sind immer wertneutral der Person gegenüber. Auch wenn jemand schlimme Sachen sagt, gehen wir grundsätzlich von der Integrität der Person aus.

Die Kontaktaufnahme über Internet ist also ein erster Schritt...

Sie ist auf jeden Fall ein erster wichtiger Teil. Die Möglichkeiten, die das Internet bietet, sind je nach Art der Präventionsarbeit unterschiedlich. In der HIV-Prävention, die auch per Internet versucht wird, bestehen zum Beispiel ganz andere Voraussetzungen. Der Extremist hat ein Bedürfnis, mit seiner Message nach aussen zu treten. Er will gehört werden. In der HIV-Prävention jemanden dazu zu bringen, nicht mehr ungeschützten Verkehr zu haben, ist enorm schwierig oder, wie ich es sehe, via Internet kaum möglich, weil diese Botschaften im Verborgenen ablaufen, weil Öffentlichkeit hier von den Betreffenden eben nicht gewünscht ist. Hier sind via Internet keine grossen Interventionsmöglichkeiten im Sinne eines Internet-Streetworking möglich. Man kann zwar Aufklärungsarbeit machen, aber viel mehr nicht.

Was mich auch erstaunt hat bei diesen Mail-Dialogen: Es ging sehr schnell hin und her, zum Teil im Minutentakt. Wie gewährleisten Sie, dass immer jemand da ist, der auf die Mails antwortet?

In der Regel ist bei uns eine bestimmte Person mit einem bestimmten Fall betraut. Nach Bedarf können weitere Personen dazukommen, wenn es beispielsweise wichtig ist, dass auch eine Frau sich einmischt. Aber die Hauptperson muss wirklich da sein. Wenn der andere das Bedürfnis hat, endlos zu kommunizieren, darf man zwar auch sagen, dass man müde ist und die Antwort auf morgen vertagen. Es ist nicht grenzenlos, aber man muss sich entscheiden, für diese Person dann wirklich da zu sein.

Bezüglich der Anonymität: Ich habe in einem Interview mit Ihnen von Morddrohungen gelesen. Wie gehen Sie persönlich damit um?

Ich kann einerseits ziemlich genau abschätzen, wo Bedrohung real wird. Und ich nehme sie grundsätzlich ernst. Natürlich treffe ich entsprechende Sicherheitsvorkehrungen. Morddrohungen sind zudem auch Kommunikation: In der Regel geht es um Provokation. Oder anders gesagt: Bis jetzt waren es immer Provokationen, Einschüchterungsversuche.

Sie haben den Begriff des Internet-Streetworking schützen lassen. Wieso?

Wir haben für die Entwicklung des Internet-Streetworking eine sehr grosse Investitionsarbeit geleistet und wollen nicht, dass jemand ohne Quellenangaben Internet-Streetworking betreibt oder dieses kopiert.

Grundsätzlich wären Nachahmerprojekte aber doch begrüssenswert?
Wer das tun will, kann sich einfach bei uns melden, damit wir das besprechen können. Wissen Sie, das Internet-Streetworking ist entstanden aus der Auseinandersetzung mit den Rechtsextremen, die wir zu verstehen begonnen haben. Es geht um die Unterscheidungsarbeit zwischen programmatischen und symptomatischen Extremen, die nur von wenigen Leuten gemacht wird. Man muss auch persönlich ertragen lernen, dass es eben Personen gibt, die rechtsextrem erscheinen, im Inneren aber ein ganz anderes Problem haben.

Auf welchem theoretischen Konzept basiert diese Herangehensweise?

Sie basiert auf der Beobachtung und auf der langen Auseinandersetzung mit den Betroffenen. Und letztlich auch auf unserer eigenen Geschichte und auf der Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten. Unser Vorgehen ist eklektisch unter Anwendung von Mitteln des Psychodramas, der Gestalt- und der Gesprächstherapie.

Das müssen Sie mir genauer erklären

Als Kind Holocaustüberlebender bin ich in den Ängsten meiner Eltern gross geworden und habe deren Angst als real zu verstehen gelernt. Schaue ich aus dieser Sicht, dann sehe ich rechtsextreme Jugendliche als Nazis. Das heisst, ich erlebe mich in einer Bedrohungslage ohne entsprechende reale Ursache. Diese „Bedrohung“ ist ein transgenerationales Problem, durch die Erlebnisse in der Shoah meiner Eltern bedingt, in meinem täglichen Leben aber nicht real. Auseinanderzuhalten, was historisch oder familiengeschichtlich bedingt ist, und was real ist, das braucht sehr viel Energie und Kraft. Wer Rechtsextreme, besonders jugendliche, Nazis nennt, weiss nicht, was Nazis wirklich sind. Das wäre eine Bagatellisierung des Nationalsozialismus.

Bei der Recherche im Internet trifft man sicher auf viele Abstufungen: Wo beginnt Rechtsextremismus, wo greifen Sie ein?

Es gibt verschieden Formen des Eingreifens. Im Präventionssinn greifen wir dort ein, wo wir Unsicherheiten erkennen können, wo wir sehen, dass es ein Appell ist. Strafanzeigen machen wir, wenn bestimmte Delikte vorliegen, die sind relativ klar definiert. Verschiedene Provider haben ausserdem eigene Geschäftsrichtlinien, die bestimmte Dinge, zum Beispiel Hassreden, verbieten. Wenn wir sehen, dass jemand gegen AGBs der Provider verstösst, machen wir die Provider darauf aufmerksam, damit sie die Seite löschen können.

Sind die Provider kooperativ?

Seit einiger Zeit kann man sagen: grundsätzlich ja. Den amerikanischen Providern sagt man einen schwierigen Umgang nach, weil dort andere gesetzliche Bestimmungen gelten in Sachen freie Meinungsäusserung. Dies ist aber ein unzutreffendes Vorurteil. Wenn z.B. eine rassistische Seite in Amerika liegt, sich mit ihrem Inhalt aber an Schweizer Leser richtet, orientieren sich die Provider in der Regel nach Schweizer bzw. lokalem Recht. Es gibt aber in Amerika auch explizite Neonazi-Provider und da ist es mit der Strafverfolgung schwieriger.

Ihre Arbeit kostet und wird zurzeit privat finanziert. Wieso nehmen Sie das auf sich?

Aus unserer Sicht lohnt sich diese Arbeit, weil jeder jugendliche Extreme, den man abholen kann, bevor er programmatisch wird, weniger demokratiegefährdend ist, weniger gefährlich für unsere Gesellschaft und für sich selber. Es lohnt sich, an jedem einzelnen zu arbeiten. Ich würde sagen, Rechtsextremismus ist in der Schweiz im letzten Jahr um ein Drittel zurückgegangen. Das zeigen auch die Zahlen vom Bund. Auch sind rechtsextreme Internetseiten von Schweizer AutorInnen im Internet kaum noch zu finden. Ich denke, das hat viel mit unserer Arbeit zu tun.

Das heisst aber noch nicht, dass es weniger Rechtsextreme gibt...

Da wird es schwierig. Was ist rechtsextrem? Rechtsextreme halten die SVP für linksextrem. Es ist eine Frage des Standpunktes. Die Anzahl Personen, die eindeutig die Demokratie ablehnen und in die rechtsextreme Ideologie einsteigen, hat aus meiner Sicht abgenommen, Gewalttätigkeiten sind zurückgegangen. Das hat wohl auch mit den Nationalratswahlen zu tun: Es ist eine gewisse Politisierung zu beobachten, die einen Anteil der Rechtsextremen binden kann.

Was ist Ihre persönliche Motivation, bei Netzteil mitzuwirken?

Ich bin Kind jüdischer Eltern, die den Nationalsozialismus miterlebt haben. Da beginnt die Geschichte. Ich weiss, was damals geschah und was passieren kann, wenn man demokratiefeindliche Strukturen nicht rechtzeitig erkennt und diese mit entsprechenden Mitteln bekämpft. Letztlich geht es da auch um meine eigene Lebensqualität, wenn ich erkenne, wir haben zwar ein Rechtsextremismusproblem, aber es bedroht mich und unsere Gesellschaft nicht existentiell, im Sinne der Wahrnehmung meiner Eltern. Ich will mir vergegenwärtigen, wie Rechtsextremismus mich heute betrifft. Haben wir wieder Zustände wie 1933 oder nicht? Wir haben nicht. Ich will Ihnen ein konkretes Beispiel erzählen: Ich bin kürzlich mit zwei Jugendlichen in ein ehemaliges KZ gefahren. Als wir aus der Gaskammer kamen, hat der eine sein Handy genommen und es seinem Kameraden gezeigt. Als ich wissen wollte, um was es geht, meinte er, er könne mir das nicht zeigen, sonst würde ich bestimmt sehr, sehr wütend. Schliesslich hat er es mir doch gegeben: Auf dem Display war ein Hakenkreuz. Als ich ihm sein Handy kommentarlos und ruhig wieder zurückgab, war er verblüfft, weil er erwartete, ich würde es wütend wegschmeissen. Natürlich ist es ein Signal, wenn jemand ein Hakenkreuz auf dem Handy hat. Aber es war sein „Spielzeug“, er spielte und provozierte mit nationalsozialistischen Symbolen. Mich bedroht das nicht, obwohl es bedrohliche „Erinnerungen“ in mir wachruft. Diese Unterscheidung zu treffen, ist enorm wichtig. Bezeichnet man einen jugendlichen Rechtsextremen als Nazi, desidentifiziert man ihn und steckt ihn in ein massives gesellschaftliches Stigma. Mit der Bezeichnung Nazi ist er abgeurteilt. Darum ist das aus meiner Sicht psychische Gewalt.

Ich muss zugeben, Ihre Sichtweise erstaunt mich. Sie setzt sehr viel Arbeit an sich selbst voraus...

Das kommt letztlich aus dem Bedürfnis zu wissen, wo ich in meiner eigenen Geschichte stehe. Wenn es nicht gelingt, den Kontakt zu der Person hinter der Provokation herzustellen, dann glaube ich, war die Prävention nicht erfolgreich. Die reale zwischenmenschliche Begegnung ist das zentrale am Internet-Streetworking. Das Internet dient eigentlich nur als Vehikel auf diesem Weg.

Wann ist eine Intervention für Sie denn erfolgreich?

Grundsätzlich darf man die Latte für den Erfolg nicht zu hoch legen. Keiner der Rechtsextremen soll zum Linken umgepolt werden. Ein wichtiges Zeichen für einen Erfolg ist der Verzicht auf die Anwendung provokativer Mittel als Kontaktaufnahme und die Konzentration auf jene Fragen, die den Betroffenen wirklich beschäftigen. Ein Erfolg ist aus meiner Sicht auch dort gegeben, wo es gelingt, dass jemand sich kritisch mit sich selbst auseinandersetzen kann. Es gibt aber auch die Misserfolge, die Rückfälle, das gehört genauso zur Arbeit.

Vielen Dank für das Gespräch.

Aufgezeichnet von Bernadette Wüthrich

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