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  Rudolf Steiner Verlag wegen Rassendiskriminierung angezeigt
 


Dornach. Rassismus-Experte will Buch verbieten lassen
QU: Basler Zeitung, 29.09.2007

siehe auch:
anthroposophie und antisemitismus

Buch wird vorerst nicht ausgeliefert
Rudolf Steiner ist erklärungsbedürftig 30.02.208

Markus kocher, Lukas Meili
Wegen umstrittener Textstellen im Werk von Anthroposophie-Gründer Rudolf Steiner unternimmt der Rechtsextremismus-Experte Samuel Althof rechtliche Schritte.

«(...) Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte.» Diese Passage, geschrieben von Rudolf Steiner und 2004 vom gleichnamigen Dornacher Verlag herausgegeben, ist für Samuel Althof klar «menschenfeindlich». Der Basler Rassismus-Experte hat Strafanzeige gegen den Verlag erstattet: «Man muss verhindern, dass ein solches Buch mit Sätzen, die einem ganzen Volk die Existenzberechtigung aberkennen, weiter erscheint», fordert Althof.

Steiner sei nicht nur unproblematisch, warnt der Kritiker. Innerhalb der Anthroposophie setze sich diese Erkenntnis zwar langsam durch, aber noch nicht genug. Althof kritisiert, der Verlag habe es damals versäumt, die bekanntermassen umstrittenen Stellen im Buch mit einer Fussnote zu versehen. Damit hätte er es den Lesern ermöglicht, die radikalen Ansichten Steiners im richtigen historischen Licht zu betrachten. «Offenbar geht es nur mit Druck», folgert Althof. Er fordert den Verlag auf, seine Verantwortung wahrzunehmen und neu ausgelieferte Exemplare des umstrittenen Buchs, bis zum Erscheinen einer kommentierten Neuauflage, mit einem erklärenden Beiblatt zu versehen.

«PROBLEM IST BEKANNT.» Dem Verein «Nachlassverwaltung Rudolf Steiner» mit Sitz in Dornach ist das Problem mit der möglichen rassistischen Auslegung mancher Passagen bekannt, wie Cornelius Bohlen, der Präsident des Vereins, sagt. Seit dem Jahr 2000 liege ein Bericht einer niederländischen Kommission vor, in dem alle umstrittenen Stellen aufgelistet seien. «In den neusten Auflagen der Bücher weisen wir bei diesen Passagen mit Fussnoten auf die Problematik hin.» Allerdings könne es noch ein Weilchen dauern, bis die neuen Auflagen der Bücher in den Umlauf kommen. Bohlen könnte sich aber › wie von Althof gefordert › ebenfalls vorstellen, den Büchern ein Beiblatt mit Erklärungen beizulegen.

Rassismus vorgeworfen
Dornach Klage gegen Rudolf Steiner Verlag

QU: Basellandschaftliche Zeitung, 28.09.2007

Samuel Althof, Gründer der «Aktion Kinder des Holocaust», hat den Rudolf Steiner Verlag in Dornach bei der Solothurner Staatsanwaltschaft angezeigt. Grund sind Passagen aus Reden von Rudolf Steiner (1861 › 1925), dem Gründer der Anthroposophie. Dies meldet «Telebasel».

Steiner sagte, dass das Judentum als solches sich erhalten habe, sei «ein Fehler der Weltgeschichte». Solche Aussagen in Band 32 des 2004 neu aufgelegten Gesamtwerks von Rudolf Steiner würden im Buch nicht kommentiert, sagt Althof. Er verlange nicht, dass der Verlag die Aussagen lösche, aber dass er sie kennzeichne und kritisch kommentiere. «Das Beispiel zeigt, dass Rudolf Steiner ein Rassismusproblem hatte», sagt Althof.

Walter Kugler, Leiter des Rudolf Steiner Archivs, war gestern nicht erreichbar. Er schrieb im Buch «Feindbild Steiner», die Nazis hätten die Anthroposophie verboten › unter anderem, weil Steiner «enge Beziehungen» mit Juden hatte. (bru)

Strafanzeige gegen Anthroposophen
Samuel Althof reichte Strafanzeige ein wegen antisemitischen Sätzen von Rudolf Steiner. Bericht von Tele Basel vom 28.09.2007
Bericht ansehen





Buch wird vorerst nicht ausgeliefert
QU:
Basler Zeitung; 24.11.2007

Dornach. Die Nachlassverwaltung Rudolf Steiner reagiert auf drohendes Strafverfahren
Von Thomas Fischer


Verstossen Textpassagen in Rudolf Steiners Werk gegen die Anti-Rassismus-Bestimmung? Die Auslieferung des Buches «GA32» seiner Gesamtausgabe wurde jedenfalls gestoppt.

«Die Gesinnung von Rudolf Steiner war klar nicht rassistisch. Dies zeigt sich auch in seinem Tun, das nie von einer rassistischen Gesinnung geprägt war», betont Cornelius Bohlen, Präsident der Nachlassverwaltung Rudolf Steiner. Steiner sei auch nie politisch in rassistischer oder antisemitischer Weise aktiv gewesen.

Bohlen reagiert damit auf ein drohendes Strafverfahren. Ende September 2007 wurde publik, dass der Basler Rechtsextremismus-Experte Samuel Althof bei der Staatsanwaltschaft Solothurn ein Gesuch um Einleitung eines Strafverfahrens deponierte. Althof störte sich an bestimmten Passagen, die aus einem Werk Rudolf Steiners stammen, und die er als klar «menschenfeindlich» bezeichnete. Diese Textstellen würden gegen die Anti-Rassismus-Bestimmung im Schweizer Strafgesetzbuch verstossen. Er forderte den Verlag auf, die problematischen Passagen wenigstens mit Sonderhinweisen zu kommentieren. Die Kommentare könnten auf einem Beiblatt dem Buch beigefügt werden, schlug Althof vor.

judentum kritisiert. Bohlen hatte bisher von der Staatsanwaltschaft noch nichts gehört, wie er sagt. Das betroffene Buch mit der Nummer 32 der Gesamtausgabe von Rudolf Steiner und dem Titel «Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884›1902» wird laut Bohlen jedoch nicht mehr weiter ausgeliefert. «Die Auslieferung dieses Buches wurde von uns gestoppt», sagt er. Das Buch mit der Bezeichnung «GA 32» wurde vom Rudolf-Steiner-Verlag im Jahr 2004 herausgegeben und enthält die Passage: «(...) Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte.» Bohlen verspricht: «Wir gehen die Kommentierung der umstrittenen Passagen im nächsten Jahr an.» Dies sei aber unabhängig von der Strafanzeige bereits geplant gewesen, und es sei dies auch die bessere Lösung als diejenige mit dem Beiblatt. «Wir wollen keine Kompromisslösung. Wir wollen einen klaren Umgang mit der Problematik», sagt Bohlen.

erklärungen. Die Sensibilisierung sei jetzt da. Bohlen konstatiert: «Wir sind auch der Auffassung, dass einzelne Aussagen rassistisch wirken können.» Der Nachlassverwaltung sei bewusst, dass «es ein Missbrauchspotenzial bei solchen weltanschaulichen Aussagen Steiners gibt». Eine ganze Anzahl von Aussagen Steiners über Rassen, die im veröffentlichten Gesamtwerk zugänglich sind, würden den heutigen Kriterien von Diskriminierungsbestimmungen nicht entsprechen, schreibt die Nachlassverwaltung in einer Mitteilung. Rudolf Steiners Werk enthalte aber trotzdem keine rassistische Lehre. Steiner habe sich häufig und unmissverständlich gegen Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und ähnliche Strömungen ausgesprochen.

Sonderhinweise. Die Nachlassverwaltung weist zusätzlich in einer Mitteilung darauf hin, dass bereits seit 2005 Textstellen, die aus heutiger Sicht eventuell als rassendiskriminierend gesehen werden könnten, mit Sonderhinweisen in den Büchern kommentiert werden. Diese sollen die Interpretation der Aussagen im historischen Kontext ermöglichen und allfällige Missbräuche verhindern. Bisher seien zwei Bände der Steiner-Gesamtausgabe mit solchen Sonderhinweisen erschienen, hält der Verein fest.

 

Rudolf Steiner ist erklärungsbedürftig
Dornach. Trotz Erfolg im Rechtsstreit reagieren Anthroposophen auf Rassismus-Vorwurf
Von Michel Ecklin
QU. Basler Zeitung, 30.02.2007


Zwei der drei Strafverfahren gegen den Rudolf Steiner Verlag wegen Rassismus sind eingestellt worden. Der Verlag beschleunigt jetzt seine kritische Kommentierung der Gesamtausgabe Rudolf Steiners.

Die Herausgeber von wissenschaftlichen Schriften mit womöglich rassendiskriminierenden Aussagen können nicht wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz verfolgt werden. Dies gilt auch, wenn die Herausgeber ihre Werke in den Medien kommentieren. Zu diesem Schluss kam die Solothurner Staatsanwaltschaft, die ein entsprechendes Begehren eines deutschen Journalisten gegen den Dornacher Rudolf Steiner Verlag abwies. Ähnlich hatten die deutschen Strafermittlungsbehörden argumentiert, als der gleiche Journalist Steiners Bemerkungen zum Judentum in der Gesamtausgabe seiner Werke ahnden lassen wollte.

vertieft nachdenken. Offen ist, was mit der Strafanzeige geschieht, die der Rassismusexperte Samuel Althof im Herbst gegen den anthroposophischen Verlag eingereicht hat. Er forderte das Einfügen von Kommentaren bei kritischen Stellen der Gesamtausgabe. Für ihn selber ist es aber nicht in erster Linie entscheidend, wie es juristisch weiter geht. «Wichtiger ist mir, dass dank meiner Anzeige vermehrt kritisch über rassendiskriminierendes Gedankengut im Werk Steiners nachgedacht wird», sagt er.

Die Diskussion darüber finde zwar unter aufgeklärten Anthroposophen nicht erst jetzt statt, sie sei aber noch längst nicht beendet. Cornelius Bohlen, Präsident der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, bestreitet das nicht.

Bohlen hat aber Zweifel, ob das Strafverfahren das richtige Mittel sei, um die Debatte zu lancieren. Heikle Aussagen in historischen Werken mit den heutigen Gesetzen zu bekämpfen, erachtet er nicht als sinnvoll. «Und die beiden eingestellten Strafverfahren geben uns recht», sagt er.

beschleunigt. Im Rahmen einer Neubearbeitung der Editiergrundsätze versehe der Verlag bereits seit 2005 die «erklärungsbedürftigen» Passagen der Gesamtausgabe mit Fussnoten. Man stelle dort den zeithistorischen Kontext Steiners dar. Die verdächtigen Stellen werden dabei in Bezug zu seinen Aussagen gegen Rassismus gebracht, die es ebenfalls gibt. «Wir warnen davor, einzelne Stellen ohne Zusammenhang zu zitieren», so Bohlen. Die drohenden Strafverfahren hätten das Fussnoten-Projekt beschleunigt. Einige unkommentierte Bände der Gesamtausgabe mit fragwürdigen Aussagen sind bereits aus dem Handel gezogen worden, bis in rund zwei Jahren werden alle mit Kommentaren versehen sein und vorliegen.

Für Althof ist entscheidend, was in diesen Fussnoten schliesslich stehen wird. «Sie sind ein Schritt in die richtige Richtung, wenn sie die kritische Auseinandersetzung um die rassistischen Inhalte in Steiners Lehre fördern», sagt er. Die Anmerkungen dürften den Anthroposophen aber nicht dazu dienen, die rassistischen Stellen in irgendeiner Form zu legitimieren.



© Aktion Kinder des Holocaust