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  Strafanzeige der AKdH führt zur Verurteilung des Täters.
 


Rassismus im Internet
QU: Tagesanzieger 22.August 03

siehe weiter unten Bericht der NZZ: Rassismus im Chatroom

Das Bezirksgericht Winterthur hat einen jungen Schweizer zu einer Busse verurteilt, weil er sich in einem Internetgesprächsforum rassistisch geäussert hatte.

Von Felix Müller

Der heute 25-jährige Angeklagte hatte sich im Januar 2002 mehrmals in die Internetgesprächsplattform Swisstalk eingewählt. Er machte dort schriftlich Kommentare, die einen anderen Teilnehmer veranlassten, Anzeige zu erstatten. In der Anklageschrift wies die Bezirksanwältin auf Aussagen hin wie «Albaner vergasen», «. . . denn dein dreckiges jüdisches Grinsen verrät dich . . .» und «Da werde ich bei so dreckigen Ausländern gern zum Nazi! Vergast ihn! Heil Hitler!». Weiter bezeichnete der in Winterthur lebende Haustechniker Schwarze als Nigger und schrieb, man wisse, dass alle Nigger in Seuzach kriminell seien. Erwischt wurde der unter einem Pseudonym auftretende Beschuldigte, weil er sich mit seiner gültigen E Mail-Adresse registriert hatte.

Der Einzelrichter beurteilte das Verschulden als erheblich. Namentlich der Aufruf zum Vergasen sei «schwer verdaulich». Der Angeklagte habe Begriffe aus dem Dritten Reich verwendet, was von der Rassismusstrafnorm erfasst werde. Der Richter verurteilte den 25-Jährigen wegen mehrfacher Rassendiskriminierung zu einer Busse von 1000 Franken und auferlegte ihm Gerichtsgebühren und Verfahrenskosten. Weiter verweigerte das Gericht die Möglichkeit, die Busse vorzeitig aus dem Strafregister zu löschen. Grund: Der Richter zweifelte, ob der Angeklagte einsichtig sei. Wenn er sich nochmals etwas Ähnliches zu Schulden kommen lasse, müsse er mit Gefängnis rechnen.

Gesprächsforum ist öffentlich
Der Beschuldigte hatte zwar anerkannt, dass die Äusserungen von ihm stammten. Er behauptete jedoch, die Internetgesprächsplattform habe keinen öffentlichen Charakter: «Man geht über die Telefonleitung und muss sich einwählen - das ist wie wenn ich telefoniere.» Was er im Internet geschrieben habe, falle deshalb unter das Telefongeheimnis. Der Richter zerpflückte das Argument: Im Swisstalk könne sich einwählen, wer wolle. Auch das Bundesgericht bewerte solche Gesprächsforen als öffentlich. Auf derselben Internetseite hätte der Angeklagte die Möglichkeit gehabt, eine private Verbindung mit nur einer Person aufzubauen. Der Richter fragte ihn, weshalb er nicht diese Variante gewählt habe. Der 25-Jährige antwortete, im für alle zugänglichen Teil mache es eben mehr Spass.

 

Rassismus im Chatroom
QU: Neue Zürcher Zeitung; 2003-08-22;

1000 Franken Busse für 25-Jährigen
Von Felber Th.

tom. Auch wenn es der 25-jährige Angeklagte am Donnerstag vor Bezirksgericht Winterthur nicht hat wahrhaben wollen: Wer in einem Internet-Chatroom ohne Zugangsbeschränkung «Albaner vergasen» schreibt, tut dies in der Öffentlichkeit und macht sich der Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261 StGB schuldig. Der 25-jährige Sanitärangestellte wurde von einem Einzelrichter zu einer Busse von 1000 Franken verurteilt. Weil der Richter grosse Bedenken für eine günstige Zukunftsprognose hatte, gewährte er dem Angeklagten die vorzeitige Löschung der Busse im Strafregister nicht. Er drohte sogar, im Wiederholungsfall könne Gefängnis blühen.

Zuvor hatte sich der Angeklagte zwar geständig gezeigt, in der von Swissonline im Internet betriebenen Plattform «Swisstalk» beim Chatten «Albaner vergasen» und verschiedene andere Äusserungen wie «Heil Hitler» oder «Wir wissen alle, das alle Niggers in Seuzach kriminell sind» wörtlich geschrieben zu haben. Er bestritt aber vehement, dass diese unter die Antirassismus-Strafnorm fallen. Was in einem Chatroom diskutiert werde, sei vom Telefongeheimnis geschützt, erklärte er. Albaner seien eine Nationalität und keine Rasse, Ethnie oder Religion, und das Gesetz sei deshalb nicht verletzt, versuchte sich der 25-Jährige herauszureden. «Heil Hitler» sei nicht verboten, und das Wort «Nigger» für Schwarze bezeichne keine Rasse, sondern eine Hautfarbe. Michael Jackson habe auch nicht die Rasse gewechselt, als er seine Hautfarbe geändert habe.

Der Einzelrichter konnte mit solchen Argumenten nicht viel anfangen. Der Öffentlichkeitscharakter eines Chatrooms sei gemäss Bundesgerichts-Rechtsprechung klarerweise gegeben. Bei «Swisstalk» könne man sich zudem auch ohne Registrierung einloggen. Eine Mailbox sei mit dem Telefon vergleichbar und nicht öffentlich, dies gelte aber nicht für einen Chatroom. Äusserungen im Zusammenhang mit dem Dritten Reich würden vom Antirassismusgesetz erfasst, und auch das Wort «Nigger» sei klar diskriminierend. Der Straftatbestand sei in allen Teilen erfüllt.


 


© Aktion Kinder des Holocaust