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  Rechte Szene weist alle Schuld weit von sich
 


JUGENDGEWALT / Exponenten der rechten Szene wehren sich gegen eine Vorverurteilung nach der Gewalt-Eskalation am Bahnhof Liestal.
Quelle: Basellandschaftliche Zeitung, 03.06.2004

LIESTAL. Die Polizei ermittelt im Überfall auf den Coop-Pronto-Shop vom 30. April angeblich gegen Personen aus der rechtsextremen Szene. So berichteten die «Basler Zeitung» und das Schweizer Fernsehen in der Sendung «10 vor 10» (vgl. bz von gestern). Gemäss BaZ habe die Polizei einen grossen Teil der mutmasslichen Täter, unter ihnen auch den Rädelsführer, ausfindig gemacht. Dabei beruft sich die Zeitung auf Informationen «aus gut unterrichteten Kreisen».
Barbara Umiker von der Justizdirektion kommentiert die Behauptung der beiden Medien nicht: «Wir ermitteln auf Hochtouren und geben keine Auskunft über vorläufige Ergebnisse.» Wie lange sich die Bevölkerung noch gedulden muss, bis die Baselbieter Polizei über Neuigkeiten aus dem Verfahren orientiert, lässt Umiker offen: «Sobald wir es verantworten können, informieren wir die Öffentlichkeit», lautet ihre knappe Antwort.

«Partei National Orientierter Schweizer» nimmt Stellung
Exponenten der rechten Szene wehren sich bereits gegen die über die Medien transportierte Schuldzuweisung. In einer Medienmitteilung betont die Vereinigung «Partei National Orientierter Schweizer» (PNOS), dass sie mit dem Überfall auf die CoopPronto-Filiale nichts zu tun habe. Sie wurde in der BaZ von gestern im Zusammenhang mit der Gewalttat genannt. PNOS-Parteivorsitzender Jonas Gysin betont: «Wir lehnen Gewalt als politisches Mittel strikt ab.» In ihrem Schreiben behauptet die PNOS zudem, dass eine politische Motivation für die Gewalttat am Liestaler Bahnhof fehlen würde.
Gemäss Samuel Althof, Rechtsextremismusexperte und Sprecher der «Aktion Kinder des Holocaust», ist die PNOS darum bemüht, Gewalt unter Aktivisten im Interesse ihrer politischen Arbeit zu verhindern. Das Risiko von rechtsextremen Ausschreitungen in der Region stuft Althof als «punktuell und nur selten gefährlich» ein. «In den Kantonen Baselland und Basel-Stadt gibt es kein programmatisches Rechtsextremismusproblem», ist er sich sicher. Punktuelle gewalttätige Ausschreitungen setzen keine programmatischen rechtsextremistischen Aktivitäten voraus, betont Althof. Gefährlicher ist in seinen Augen aber eine Aufbauschung des Themas durch die Medien: «Die PNOS und die rechtsextreme Szene profitieren von der Medienpräsenz», warnt er.

Anschuldigungen gegen Liestaler Jugendtreff
Bereits am Wochenende kämpfte die rechte Szene mit Flugblättern um die Aufmerksamkeit der Liestaler Bevölkerung. Unter dem Titel «Der Weg zur Wahrheit» distanzierten sich die anonymen Verfasser von der Gewalttat vom 30. April. Gleichzeitig schoben sie die Schuld am Überfall ausländischen Jugendlichen zu. In diesem Zusammenhang kritisierten sie den Jugendtreff «Joy», der als Drogenumschlagplatz und Sammelpunkt für gewaltbereite ausländische Jugendliche fungieren soll.
Thomi Jourdan von der Stiftung Jugendsozialwerk und Leiter des Jugendtreffs «Joy» ist besorgt über die zunehmende Polarisierung in schweizerische und ausländische Jugendgruppen. Er ist überzeugt, dass es heute zwar weniger gut organisierte gewalttätige Gruppierungen gebe, jugendliche jedoch «spontan» kommunizieren und agieren würden. «Ich hoffe, dass mit der neu geschaffenen Stelle des <Streetworkers> auch ausserhalb des Jugendtreffs Cliquen und Gruppen angesprochen und in die Jugendarbeit eingebunden werden können», meint Jourdan. Der «Streetworker» wird bereits nächsten Monat die Arbeit aufnehmen. (mir)


© Aktion Kinder des Holocaust