Stellungnahme des SIG (Schweizerisch Israelitischer Gemeindebund) zu «Das Rätsel des Judentums» von Ludwig Thieben:

 

SCHWEIZERISCH ISRAELITISCHER GEMEINDEBUND

FÉDERATION SUISSE DES COMMUNATUTÉS ISRAÉLITES

 

«Das Rätsel des Judentum» von Ludwig Thieben.

Stellungnahme in Stichworten.

Das Buch von Ludwig Thieben

Die Thesen von Ludwig Thieben sind für den unvorbereiteten Leser eher wirr als gefährlich. Trotzdem gilt es klar aufzuzeigen, welche antisemitischen Stereotypen Thieben in seinem Buch verwendet. So z.B. die Interpretation, dass das Judentum mit der Entstehung des Christentums seine Mission erfült habe und daher nur noch als sein Schatten existieren könnte.

Die Existenz des Judentums trotz dieser Interpretation kann sich Thieben nur mit den Bergriffen «Blindheit», «Verstockung», oder «Verblendung» erklären. Dass vom jüdischen Wesen zweifellos ungünstige Einflüsse ausgehen, rundet diese antisemitischen Stereotypen ab.

Vor dem Hintergrund der persönlichen Geschichte Thiebens sind diese Thesen erklärbar. Dass aber diese Texte 60 Jahre danach ohne Kritische Kommentare wieder aufgelegt worden sind, ist für mich nicht nachvollziehbar und hätte vermieden werden sollen.

Das Nachwort von Thomas Meyer

Statt des oben genannte gewünschten kritischen Kommentars, ist aus meiner Sicht das Nachwort von Thomas Meyer das eigentliche Problem dieses Werks.

Es ist doch skandalös, dass so ein Buch als «umfassende Darstellung des Judentums aus anthroposophischer Sicht» bezeichnet wird. Die weiter Ausführungen von Thomas Meyer sind dann aber noch viel bedenklicher. So etwa da, wo er Parallelen zwischen Judentum und Deutschtum zieht. Die Deutung des Reliefs aus dem Titusbogen mit dem Zitat «so wurde der jüdische Geist vom Ungeist des römischen und im 19. Jahrhundert des deutsch nationalistischen Machtgedankens ergriffen», kann als absolut abstrus gewertet werden.

Es wären noch mehr solche Vergleiche und Zitate möglich gewesen. Ich weiss aber, dass diese schon von anderen, kompetenteren Spezialisten genannt und kommentiert wurden.

Es bleibt zu hoffen, dass die geplanten Gespräche mit Vertretern der Anthroposophen in der Schweiz dazu führen, dass die Gefährlichkeit der oben genannten Texte und Thesen erkannt würde und das Buch von Ludwig Thieben in dieser Form nicht mehr verbreitet würde.

Gez. Thomas Lyssy

Vizepräsident

Basel, 7. Mail 1998

 
 
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