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«Jugendliche werden für Revisionismus missbraucht»

Franz Kohler, Baselbieter Rechtsextremismus-Beauftragter
QU: Volksstimme, 28.Juni 2002

Der diplomierte Sozialarbeiter Franz Kohler befasst sich im Auftrag der
Baselbieter Regierung mit der rechtsextremen Szene im Kanton. Die
«Volksstimme» hat ihn zu den neusten Entwicklungen befragt.

«Volksstimme»: Herr Kohler, haben Sie gewusst, dass das Statthalteramt
Liestal wegen einer Homepage gegen die Partei National Orientierter
Schweizer (PNOS) mit Sitz in Liestal bereits seit März ermittelt?

Franz Kohler: Ich war darüber informiert. Ich stehe im regelmässigen
Austausch mit der «Aktion Kinder des Holocaust», welche geklagt hat.

In Ihrem offiziellen Bericht zur rechten Szene im Baselbiet sind sie Ende
2001 zum Schluss gekommen, dass diese den Zenit bereits überschritten hat.
Da haben Sie sich wohl zu früh gefreut...

Man muss beim Ganzen zwei Aspekte berücksichtigen: den quantitativen und den
qualitativen. In Bezug auf strafrechtlich relevante Tatbestände hat sich die
Situation eher entspannt. Anders verhält es sich mit der informellen
Orientierung über rechte Thematik; sie ist weit verbreitet und überall
anzutreffen.

Birgt dies nicht eine grosse Gefahr für die Gesellschaft?

Nur wenn man nichts dagegen unternimmt. Es hängt von den Strategien ab, die
gefahren werden. Selbstverständlich muss man gefährliche Aspekte der
Entwicklung innerhalb der Gruppierung bearbeiten. Die Voraussetzung dafür
ist nicht zuletzt, dass man bei den Behörden Disziplinen übergreifend über
Wege und Möglichkeiten nachdenkt.

Wird das denn getan?

Diese Art der behördlichen Zusammenarbeit ist im Aufbau begriffen. Bereits
ist ja die Bildung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe für Rechtsextremismus von
Baselland und Basel-Stadt beschlossen. Sie wird nach den Sommerferien ihre
konstituierende Sitzung haben und künftig eine seismographische Funktion in
der Region einnehmen.

Die «Sonntagszeitung» berichtete von einem geplanten «nationalen Kulturtag»
in diesem Monat und dem Bestreben des Holocaust-Leugners Bernhard Schaub,
die rechte Szene der Schweiz unter die Führung der PNOS zu stellen.
Reisserische Schlagzeilen oder die Wahrheit?

Nein, das sind keine Schlagzeilen. Man muss sehen, dass die
PNOS-Jugendlichen von einer der Szene um Bernhard Schaub dazu missbraucht
werden, revisionistische Vorstellungen zu politisieren und ein Stück weit in
der Gesellschaft zu erden.

Wider den Behauptungen von Experten ist der braune Sumpf jedenfalls immer
noch sehr aktiv. Ein Grossteil seiner Aktivitäten haben ihren Ursprung
offenbar im Baselbiet.

Das stimmt so nicht. Die Zahlen vom Bundesamt für Polizei zeigen eine
landesweite Stabilisierung der erfassten Szenezugehörigen - mit Ausnahmen
des Kantons Aargau, wo in den vergangenen Jahren eine Verdoppelung
stattgefunden hat. Vieles dringt jedoch erst durch die öffentliche
Thematisierung ins Bewusstsein der Leute, das darf man nicht
überinterpretieren.


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