Kämpfer
an vielen Fronten
Die
Sperrung von 754 Internet-Seiten rassistisch-antisemitischen
Gedankengutes vom vergangenen Samstag ist nur ein Teil
des umfangreichens Schaffens von Samuel Althof aus Münchenstein.
Der 45-jährige hat als Sprecher der Aktion Kinder
des Holocaust im vergangenen Jahr auch europaweit die
Diskussion über antisemitische Aspekte in der Anthroposophie
an Waldorfschulen vom Zaun gerissen. Althof ist in der
Schweiz aufgewachsen und
hat hier die Steinerschule besucht. Als Jugendlicher mit
israelischem Doppelbürgerrecht zog er nach Israel
und wurde prompt in den Jom-Kippur-Krieg (1973) verwickelt.
Nach dem Krieg hatte ihn die israelische Armee eingezogen.
Doch Althof dessertierte, weil er sich nicht an der «Politik
der Unterdrückung an den Palästinensern»
habe beteiligen wollen. So kam Althof 1975 in die Schweiz
zurück und begann die Ausbildung als
Psychiatriepfleger. Neben seinem Schaffen für die
AkdH, das ihn täglich vier bis fünf Stunden
in Anspruch nimmt, bietet er in der eigenen Praxis in
Basel
psychologische Beratung an. (wah)
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Ein
Einsatz für die Demokratie
QU: Basellandschaftliche Zeitung, 21. 02.01
Neonazis im Netz / Dem Baselbieter Samuel Althof ist es unter
anderem gelungen, 754 rassistisch-antisemitische Seiten in der
Schweiz zu sperren.
Von Münchenstein aus geht er weltweit gegen Neonazis vor.
Von
Daniel Wahl
Münchenstein. Es ist ein Tanz auf dem ungesicherten Hochseil,
den Samuel Althof aus Münchenstein, Sprecher und Gründer
der Aktion Kinder des
Holocaust (AKdH), aufführt: Er sucht Öffentlichkeit,
um das Problem von Rassismus und Antisemitismus ins Bewusstsein
der Bevölkerung zu rücken. Aber
jede Äusserung in der Öffentlichkeit kann mit aller
Härte auf ihn zurückschlagen. Etwa als er sich in der
deutschen Fernsehsendung «Report» zum «antisemitischen
Unterbau» der Anthroposophie äusserte. Rund zehn Verfahren
habe man darauf am Hals gehabt, die viel Energie gekostet haben,
die aber schliesslich alle gewonnen wurden, sagt Samuel Althof.
Pressefreiheit gegen Freipass für Rassismus ausgespielt
Althof ist vorsichtig. Er lässt nicht in sein Büro blicken
und in Münchenstein findet man ihn nicht auf Anhieb. Drohungen
ist er eben immer ausgesetzt, Schmähbriefe sind an der Tagesordnung.
Beispielsweise hagelt es jetzt Kritik, nachdem er am vergangenen
Samstag nach «langem Kampf» in der
Schweiz die Sperrung von 754 Internet-Seiten mit rassistischem
und antisemitischem Gedankengut erwirken konnte. Auf der von der
AKdH erstellten
Hompage www.shoah.de fordert nun ein Schreiberling im virtuellen
Gästebuch auf, sich von der AKdH zu distanzieren, weil mit
der Sperrung von
Neonazi-Seiten die Pressefreiheit verletzt würde. «Pressefreiheit
als Freipass für Rassismus?» fragt sich da Althof.
Der Kampf gegen diese «Internet-Fetischisten», wie
er sie nennt, ist schwer.
Bewusst suchen Neonazis «rechtsfreie Räume»,
um dem Arm der Justiz zu entrinnen. Beispielsweise würden
Judenhasser-Seiten von Ölplattformen in
internationalen Gewässern aufgeschaltet werden. Solches mit
juristischen Mitteln zu stoppen, sei kaum möglich. Alleine
über ein halbes Jahr habe es
gebraucht, eine Ansprechperson beim amerikanischen Provider Yahoo
zu bekommen, um Neonazi-Seiten zu verbannen. «Oft wissen
die Provider nicht,
welches Gedankengut sich auf ihren Festplatten befindet, weil
sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind», erzählt
Althof von seinen Alltagsproblemen.
In der Schweiz hingegen reicht manchmal ein Telefon. «Tiscalinet.ch»
habe den Internet-Auftritt der «Partei national orientierter
Schweizer» (PNOS) bereits nach einem Anruf der AKdH aus
dem Netz entfernt, sagt Althof. Man frage sich einfach, wie lange
es gehe, bis die Baselbieter Partei auf einem anderen Provider
auftauche.
Dennoch könne mit den «Andersdenkenden» nicht
so umgesprungen werden, wie dies die Baselbieter Regierung machte,
als sie den Entscheid ein Gesuch
der PNOS
in Liestal eine Demo durchzuführen auf die lange Bank
geschoben hatte. Denn eine Erfahrung habe er mit Neonazis gemacht:
Es sind Jugendliche, die nicht ausschliesslich, aber oft ein Defizit
am
«Ernst-Genommen-Werden» aufweisen. Solche Leuten hätte
der Erziehungsdirektor Peter Schmid ein Gespräch anbieten
sollen, meint Althof.
In seinen Gesprächen mit Rechtsextremen in der Schweizer-Szene
habe sich gezeigt, dass es oft Jugendliche sind, die ihre Probleme
nicht artikulieren
können, die nicht wirklich wissen, wer sie sind.
Weil Samuel Althof das Gespräch sucht, verwehrt er sich auch
explizit, ein Neonazi-Jäger zu sein. Die AKdH sei eine Organisation
von Holocaust-Opfern der zweiten Generation auf dem internationalen
Parkett, die schlicht Druck auf «antidemoktratische und
antisoziale Bewegungen» ausübe.
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