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Diese Platten müssen weg
Jüdische Rundschau 31. Juli 1996, Michel J.
Blatt
Die Aktion Kinder des Holocaust hat am 18.
Juli gegen ein Basler Plattengeschäft eine zweite Strafanzeige eingereicht.
Wie bereits am 29. Mai werfen die Aktion Kinder des Holocaust dem
Laden Verletzung des Artikels 261bis des Strafgesetzbuches, des
Antirassismusgesetzes also, vor.
Wie die Aktion Kinder des Holocaust mitteilt,
bezieht sich die neue Strafklage auf den Verkauf von CDs der Band
"Death in June" (Tod im Juni), speziell gegen den Verkauf
des Albums "Wall of Sacrifice", das SA-Märsche im Original
portiert. Die Plattenhülle ist aussen mit dem Abzeichen der Totenkopfverbände
(welche die Wachmannschaften für die Konzentrationslager stellten)
geschmückt, innen sind ein Nazistalhelm mit SS-Emblem und ein SS-Ehrendolch
zu sehen. Diese Art der "Nostalgie" passt wohl ganz gut
zu Textpassagen wie "Europa hat gebrannt und wird wieder brennen".
Die Aktion Kinder des Holocaust mahnt die "Anlehnung des Albums
an die Stimmung protofaschistischer Todesromantik" an und "fordert
mit Nachdruck alle Musikvertreiber in der Schweiz auf, freiwillig
auf den Verkauf und die Verbreitung von Musiktiteln dieser Art zu
verzichten."
Die Aktion Kinder des Holocaust steht, nach
eigener Darstellung, "allen Menschen aus allen Konfessionen
offen, die sich vom Holocaust betroffen fühlen." Zu ihren Aufgaben
gehört folglich, den allzuoft schon etwas abgegriffenen Ausdruck
"Holocaust" mit Inhalten zu versehen, die dem unbeschreiblichen
Horror gerecht werden, der mit dem Fremdwort für "Massenopfer"
um- und damit eigentlich zu gleich abgeschrieben wird. Der Holocaust,
den wir meinen, liegt fast ein Menschenalter zurück, und der viele
Dreck, den man auch hierzulande diesbezüglich am Stecken hat, sorgt
dafür, dass zu wenigen Menschen bewusst ist, worum es eigentlich
ginge. Aber wer die unmenschlichen Grausamkeiten verfolgt hat, die
sich in der jüngsten Vergangenheit im ehemaligen Jugoslawien zugetragen
haben, müsste deren Ursache erkennen: "Rassismus, Nationalismus
und Faschismus."
Offenbar sind aber weniger Menschen zu dieser
Erkenntnis gelangt, als man annehmen sollte. Anders ist nicht zu
erklären, dass selbst in der Basler Zeitung einer, der es besser
wissen müsste, in der "Aktion" so etwas wie seltsame Gesellen
sieht, die rassistische und antisemitische Umtriebe orten, wo weit
und breit alles völlig harmlos sei. Der wenig sensilble BaZ Beitrag
vom Donnerstag vor drei Wochen liefert, zwar sicher ungewollt, den
Beweis; auch den für die Befürchtungen des Sprechers der Aktion
Kinder des Holocaust :Aus "wir wollen nichts wissen wird schnell,
wir haben nichts gewusst".
Während sich die Basler Zeitung über die Bitte
der «Aktion» um Geheimhaltung der Namen amüsiert, berichtet
der Sprecher der «Aktion» über ein exponiertes Mitglied,
das nach dem Erscheinen des bedauerlichen BaZ-Berichtes ein Exemplar
des deutschen alt- und Neonaziblattes «Deutsche Nationalzeitung»
vorgefunden hat. Der Feind kennt also mindestens ein Mitglied und
dessen Adresse. Ausserdem wird dadurch klar, dass alle Verharmlosungen
der ominösen «Bühse Onkelz»- Texte vergeblich bleibt:
Die Fans wissen ganz genau, wo ihre Lieblinge stehen. Und die Gewaltbereitschaft,
die sich dort findet, schlägt sich bald täglich in den Nachrichten
nieder. Nur gut, dass die « Kinder des Holocaust » nicht
ganz auf verlorenem Posten kämpfen. Denn es gibt auch andere CD¹s
mit anderen Texten.
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