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SONNTAGS ZEITUNG 23. August 1998, Seite 3,
Nachrichten
Rudolf Kellers Immunität soll aufgehoben
werden
Dem SD-Nationalrat droht ein Strafverfahren
wegen rassistischer Äusserungen - die "Basler" stellt sich vor ihn
BASEL/BERN - Die Basler Versicherung stellt sich hinter ihren Angestellten
Rudolf Keller, Nationalrat der Schweizer Demokraten, obwohl dieser
zum Boykott jüdischer Waren aufgerufen hatte. Keller, Nationalrat
der Schweizer Demokraten, ist empört: «So etwas nenne ich
Hatz und Ausgrenzung.» Am letzten Dienstag hatte die Aktion
Kinder des Holocaust der Basler Versicherung einen Brief geschrieben.
Darin fragt sie Konzernchef und Verwaltungsratspräsident Rolf Schäuble:
«Wie lassen sich die politischen Aktivitäten von Nationalrat
Rudolf Keller mit dem Leitbild und mit dem politischen Verständnis
der Basler Versicherung vereinbaren?» Keller selbst versteht
die Aufregung nicht: Es sei das erste Mal in 25 Jahren Politik,
dass er mit jüdischen Organisationen in Konflikt geraten sei. Bei
seinem Amerika-Boykott-Aufruf habe es ihn wegen der vielen Angriffe
auf die Schweiz "einfach verjagt". Bei der Basler Versicherung gibt
man sich zurückhaltend: «Wir geben generell keine Stellungnahmen
zu den politischen Aktivitäten unserer Mitarbeiter ab», betont
Sprecher Philipp Senn. Dies heisse jedoch nicht, dass das Unternehmen
mit allem einverstanden sei. Die "Basler" stehe aber zur Meinungsfreiheit.
Dieser Bescheid wird von der Aktion als «geschliffene Ausrede»
empfunden. Der Baselbieter Nationalrat hat auch anderswo ein Problem.
Der Zürcher Journalist Alfred Rom hat in der gleichen Sache gegen
ihn eine Anzeige wegen Verstosses gegen das Anti-Rassismus-Gesetz
eingereicht. Da Keller als Nationalrat parlamentarische Immunität
geniesst, müsste diese zuerst aufgehoben werden, um ein Strafverfahren
gegen ihn zu ermöglichen. Die Zürcher Bezirksanwaltschaft hat ein
entsprechendes Begehren in Bern eingereicht. Voraussichtlich im
November wird die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen unter
dem Vorsitz der sozialdemokratischen Nationalrätin Margrith von
Felten eine Vorprüfung vornehmen.
Iso Ambühl
SD und Auns im Netzverbund mit Neonazis
Die Webseiten der Schweizer Demokraten und
von Christoph Blochers Aktion für eine unabhängige und neutrale
Schweiz (Auns) sind neuerdings als Linkadressen im sogenannten Thule-Netz,
einem Kommunikationsorgan deutscher rechtsextremer und neonazistischer
Bewegungen aufgeführt. «Damit haben wir nichts zu tun»,
beteuert Keller. Auch Auns-Geschäftsführer und SVP-Nationalrat Hans
Fehr erklärt: «Dieser Link ist nicht von uns aus zustande
gekommen.» Und verärgert fügt Fehr an: «Wenn der Einsatz
für die verfassungsmässigen Staatsgüter wie Unabhängigkeit, Selbständigkeit
und Neutralität rechtsextrem ist, sind wir gerne rechtsextrem.»
Der SD-Link steht just unter der Linkverbindung zur anonymen, rechtsextremen
Schweizer Homepage «Wilhelm Tell». Diese Internetadresse
ist in einem Rundschreiben der Schweizer Bundespolizei an die Internetprovider
von Ende Juli aufgeführt und sollte wegen strafbaren Inhalts gesperrt
werden. Das Thule-Netz findet sich dagegen nicht auf der Liste der
Bundespolizei, weil es sich lediglich um ein geschlossenes Mailbox-System
handle, erklärt der zuständig Bupo-Sachbearbeiter. Doch das stimmt
nicht: Rechtsextreme Texte sind neuerdings auch öffentlich über
das Thule-Netz empfangbar. In einem Text unter der "Parole Spass"
wird beispielsweise der Zentralrat der Juden in Deutschland als
«Zentralrat der Neandertaler» verunglimpft.
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