Holocaust im Internet geleugnet
Sonntags-Zeitung, 5. Dezember 1999

Zürcher Geschichtsstudent wegen Verstosses gegen Anti-Rassismus-Gesetz angezeigt


Zürich/Berlin - Gegen den Zürcher Geschichtsstudenten Michael Palomino Schulz hat eine Berliner Anwältin Strafanzeige eingereicht. Ihr Vorwurf: Verletzung der Anti-Rassismus-Strafnorm. Palomino Schulz leugne im Internet "das Verfolgungsschicksal der Juden Europas unter der Nazi-Herrschaft und setze sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise herab", so die Anwältin. Die Bezirksanwaltschaft Zürich reagierte prompt und leitete eine Strafuntersuchung gegen den Studenten ein.
Der Mann verbreitete die Thesen von Holocaust-Leugnern ausgerechnet im grössten europäischem jüdischen Internet-Onlinedienst haGalil Online. Er bezweifelte im Forum "Antisemitismus" die historische Tatsache des nazistischen Völkermords an den Juden Europas und stellte den Auschwitz-Prozess in Frage. Dabei stützte sich der Zürcher Student akribisch auf Quellen der Revisionisten in Büchern und Internetseiten ab.
Gegenüber der SonntagsZeitung erklärte Palomino Schulz, er habe die Thesen lediglich zur Diskussion stellen wolle. Das jüdische Forum habe er ausgewählt, um mit den dortigen Benutzern in Kontakt zu kommen. Einer Organisation gehöre er nicht an.
Das lässt der Rechtsvertreter der Geschäftsstelle des haGalil-Fördervereins in Berlin nicht gelten: "Unter dem Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit wird massive Holocaust-Leugnung betrieben". Es sei eine Strategie von Neonazis, offene Foren im Internet zu dominieren und damit kaputtmachen zu wollen. Strafanzeigen gegen rassistische Propagandisten seien deshalb keine Seltenheit. Auch in Deutschland und Österreich liefen Untersuchungen, erklärt er.
Die Universität Zürch verurteilt das Vorgehen von Palomino Schulz. Der Uni-Rechtsdienst schreibt in einem Brief an die Basler Aktion Kinder des Holocaust, er "verurteile" die Publikation des Studenten "schärfstens", sie sei dem "guten Ruf der Universität abträglich".
Palomino Schulz ist gemäss eigener Angabe vom Rechtsdienst auf mögliche disziplinarische Konsequenzen hingewiesen worden zu sein. Aus privaten Gründen wolle er sein Studium im deutschen Freiburg im Breisgau fortsetzen. Iso Ambühl

Brief der Universität Zürich an die "Aktion Kinder des Holocaust" (AKdH) bezüglich Vorwurf der Holocaustleugnung von Herrn Michael Palomino Schultz


Rechtsdienst Universität Zürich
Künstlergasse 15
8001 Zürich


An die Aktion Kinder des Holocaust
Telefax
4142 Münchenstein

Zürich 3. Dezember 1999

Ihr Schreiben vom 14. November 1999 ist beim Rektor der Universität Zürich eingegangen und zuständigkeitshalber an uns weitergeleitet worden. Wir danken Ihnen für die Inkenntnissetzung und sind Ihrer Ansicht, dass die Ihrem Schreiben beigelegte Publikation (Palominos Texte bei haGalil, Anm. AKdH) schärfstens zu verurteilen und dem guten Ruf der Universität abträglich ist.

Da von Ihrer Seite bereits die notwendigen strafrechtlichen Schritte in die Wege geleitet wurden, sind die Handlungsmöglichkeiten der Universität eng begrenzt.

Aus rechtlichen Gründen ist es uns verwehrt, bezüglich einzelner Studierender Auskünfte zu erteilen. In genereller Hinsicht können wir Sie jedoch darauf hinweisen, dass gewisse Fehlverhalten immatrikulierter Studierender in Anwendung der Disziplinarordnung der Universität Zürich (LS 415.32) geahndet werden. Ein Disziplinarverfahren und als Folge davon eine Disziplinarmassnahme bei strafrechtlich relevantem Verhalten eines Studierenden käme jedoch nur dann in Frage, wenn er rechtskräftig verurteilt wäre. Wir bitten Sie deshalb, uns über eine allfällige Verurteilung zu informieren, um gegebenenfalls die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu prüfen.

Unabhängig von einem formellen Verfahren wendet sich die Universität in Fällen wie dem vorliegenden direkt an den Studierenden, um ihn einerseits unmissverständlich auf die ablehnende Haltung der Universität gegenüber seinem Tun und andererseits auf die möglichen Konsequenzen hinzuweisen.

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen
Leiter Rechtsdienst
lic. jur . S. Akeret, Rechtsanwalt

(Abschrift AkdH)

 
 


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