Steiners Rassismus

Niederlande. Eine Untersuchungskommission der Anthroposophischen Vereinigung in den Niederlanden hat nun offiziell festgestellt: So manches, was Rudolf Steiner (1861 - 1925) gesagt hat, wäre heute strafbar. Italiener hielt der Begründer der Anthroposophie und der Waldorf-Schulen für »degeneriert«, die »Malaien« für »unbrauchbare Menschen«. Weiße Frauen warnte Steiner, sie sollten während der Schwangerschaft keine »Negerromane« lesen, sonst bekämen sie »Mulattenkinder«. Begonnen hatte die Debatte über Steiners Rassismus vor drei Jahren, als die Eltern eines Waldorf-Schülers in der Presse aus einem Schulbuch zitierten: »Neger haben dicke Lippen und viel Gefühl für Rhythmik«, hieß es da und »das immerwährende Lächeln des gelben Menschen verbirgt seine Emotionen«. Der stellvertretende Vorsitzende der Vereinigung, Christof Wiegert, versuchte daraufhin in einem Radiointerview die Wogen der Auseinandersetzung zu glätten und Steiners Ansichten über Rassenunterschiede zu erläutern, indem er auf die »speziellen Qualitäten« dunkelhäutiger Fußballspieler bei Ajax Amsterdam verwies. »Man sieht doch gleich, daß da Vitalitätsüberschüsse existieren, die unsereiner nicht hat«. Wiegert mußte nach Protesten gegen seine Äußerungen zurücktreten.

62 Textstellen aus der 89.000 Seiten umfassenden Gesamtausgabe sollen, so die Untersuchungskommission der Niederländischen Anthroposophen, zukünftig nicht mehr unkommentiert weitergegeben werden. Außerdem stellte diese fest: An den Waldorf-Schulen wurden »als Folge von Nachlässigkeiten Stereotypen verwendet, die Diskriminierung fördern können«. Viele Anthroposophen wollen allerdings die schmerzhaften Ergebnisse der Untersuchung lieber unter Verschluß halten. In den niederländischen Waldorf-Schulen wurden hingegen bereits erste Konsequenzen gezogen: Das Fach »Rassenkunde« wurde abgeschafft und alte Bücher mit diskriminierenden Texten wurden ausgesondert. In der Bundesrepublik, in der diese Diskussion eher mit Besorgnis gesehen wird, dämmert bereits manchen Waldorf-Eltern »die Erkenntnis, daß ihr Kind nicht ganzheitlich, angstfrei oder sonstwie progressiv erzogen wird, sondern einer kleinbürgerlich-muffigen, repressiven Atmosphäre ausgesetzt ist«, wie es Martina Kayer und Paul-Albert Wagemannn unlängst in ihrem kritischen Buch »Wie frei ist die Waldorf-Schule. Geschichte und Praxis einer pädagogischen Utopie« (Heyne-Sachbuch 404, 14,90 DM) feststellten.

hma
aus: Antifaschistische Nachrichten: 5/1998

 
 


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