Quelle:
Basellandschaftliche Zeitung 11.04.2011
Zweiter Weltkrieg: Kirschgarten, Barfikirche oder Dorfmuseum Riehen:
Das Projekt Flüchtlingsgeschichte braucht ein Dach
Von Michael Nittnaus
Guy Morin
sagt es klipp und klar: «In Basel gibt es bereits so viele
Museen. Ein weiteres wird es nicht geben.» Damit beendet
der Regierungspräsident Spekulationen, dass es in Basel ein
eigenständiges Museum für die Flüchtlingsgeschichte
des Zweiten Weltkriegs geben könnte (die bz berichtete).
Man könnte meinen, dass die Morinsche Abfuhr ein schwerer
Schlag für die Arbeitsgruppe um Erik Petry vom Institut für
jüdische Studien ist. Doch dem ist nicht so: «Dass
die Basler Regierung von der Idee eines weiteren Museums nicht
begeistert ist, war uns klar», sagt Petry. Deshalb sei man
daran, ein sehr flexibles Konzept zu erstellen, das in bestehende
Museen integriert werden kann. Petry: «In zwei bis drei
Wochen sollte das Grobkonzept stehen.»
Historisches
Museum als Partner?
In den Fokus
rückt dabei vor allem das Historische Museum Basel. So liess
Morin jüngst verlauten, dass eine vertiefte Zusammenarbeit
mit dem Haus von Direktor Burkard von Roda prüfenswert sei.
CVP-Grossrat Oswald Inglin, der mit Petry zur Arbeitsgruppe gehört,
hält den Zeitpunkt für günstig: «Die gescheiterte
Diskussion um ein ‹Haus der Geschichte› hat das Historische
Museum in Bedrängnis gebracht. Basel fehlt ein Ort für
Gegenwartsgeschichte und dazu könnte man auch die Flüchtlingsgeschichte
nehmen.»
Inglin nennt
als mögliche Standorte das Haus zum Kirschgarten oder die
Barfüsserkirche. «Beim Kirschgarten besteht Handlungsbedarf.
Die Porzellansammlungen setzen langsam Staub an.» Fraglich
sei allerdings, ob das schmucke Patrizierhaus zum Thema der Flüchtlingsgeschichte
passt. Die Barfikirche ihrerseits hat Umbauarbeiten im Keller
hinter sich. «Das macht eine neuerliche Umnutzung unrealistisch»,
ist sich Inglin bewusst. Auch schätzt der Christdemokrat,
dass ein Umbruch erst mit dem Nachfolger von Burkard von Roda
möglich wird – ab Mitte 2012.
Wird daraus
nichts, wäre auch das Dorfmuseum Riehen eine Option. Dieses
läge nahe am «Brennpunkt der Flüchtlingsgeschichte»,
wie Inglin bemerkt, doch sei ein zentraler Standort in Basel-Stadt
öffentlichkeitswirksamer. Interessant klingt auch Inglins
Idee, die Flüchtlings- zusammen mit der Industrialisierungsgeschichte
in einer alten Halle von Roche oder Novartis unterzubringen.
EDA unterstützt
Projekt
Da der Standort
noch in den Sternen steht, dürfte das flexible Konzept ein
Vorteil sein. Einzelne Module decken Themen ab wie «Leben
der Flüchtlinge in der Schweiz», «Widerstand
in der Schweiz gegen Nazideutschland» oder auch Biografien
einzelner Akteure. Mit dieser Ausrichtung schielt die Arbeitsgruppe
nicht nur auf die Region Basel. Samuel Althof, der für die
Schweiz in der internationalen Holocaust-Task-Force (ITF) sitzt,
konnte sich bereits die ideelle Unterstützung des eidgenössischen
Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sichern.
Nun sucht er Nationalräte, die das Museumsprojekt politisch
mit vorantreiben können. «Am schönsten wäre
natürlich, wenn wir es national entwickeln könnten»,
sagt Althof. Das Modulsystem sollte dabei auf allen drei Ebenen
Schweiz, Basel oder auch Riehen funktionieren. Erik Petry hält
allerdings klar fest: «Basel muss im Zentrum stehen. Inhaltlich
wie auch bei der Standortsuche.»
historisches
museum: «Werden Projekt sicher prüfen»
Noch
gab es keinen Kontakt zwischen der Arbeitsgruppe von Erik Petry
und dem Historischen Museum Basel. Verwaltungsleiterin Esther
Keller signalisiert aber Gesprächsbereitschaft: «Eine
Anfrage zum Thema Flüchtlingsgeschichte werden wir sicher
prüfen.» Zu den konkreten Vorschlägen des Haus
zum Kirschgarten oder der Barfikirche verweist Keller auf Museumsdirektor
Burkard von Roda. Dieser war bis Redaktionsschluss leider nicht
erreichbar. Beim Dorfmuseum Riehen ist man schon weiter: Demnächst
soll ein Treffen mit der Arbeitsgruppe stattfinden, sagt Museumsleiter
Bernhard Graf. «Natürlich sind wir als geschichtsbehafteter
Grenzort ein möglicher Standort für so ein Museumsprojekt.»
Auch sei der Zeitpunkt für solche Überlegungen nicht
schlecht, da das Riehener Museum momentan eine Standortbestimmung
beginne, so Graf, der ergänzt: «Wenn die Arbeitsgruppe
eine genügend grosse Lobby findet, könnte es auch für
einen Neubau reichen.» (mn)
Siehe auch:
Eine
"jüdische" Gedenkstätte als historischer Fetisch
Die
von Herrn Czwalina gemachten Äusserungen können so nicht
stehen gelassen werden. ... weiter
Presseerklärung
der Aktion Kinder des Holocaust, AKdH vom 04. März 2011
Die
AKdH verurteilt die Errichtung und Benennung einer sogenannten
"Jüdischen Gedenkstätte" in Riehen. Alle Jüdischen
Institutionen hatten sich bereits im Vorfeld von dieser Gedenkstätte
deutlich distanziert.
Sie hat in keiner Weise etwas mit jüdischem Gedenken zu tun!
...
weiter
Gedenkstätte
treibt Museumspläne voran
Flüchtlingsgeschichte
In wenigen Wochen eröffnet die private jüdische Gedenkstätte
in Riehen. Basler Historiker planen dagegen ein offizielles, wissenschaftlicheres
Museum ...weiter
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