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Waldorfschulen
- Wie Kritiker mundtot gemacht werden sollen
09. April2001
1.
Sendung: Waldorfschulen - enttäuschte
Eltern berichten
2. Sendung: Waldorfschulen
- Ministerium nimmt Geschichtsbuch ins Visier
Hinweis:
Erlöser. Film von Petrus van der Let
Der Film folgt dem okkulten Weg der H. P. Blavatsky von der
Theosophischen Zentrale in Madras / Indien - nach Europa,
wo Rudolf Steiner versuchte "ihren" Weg fort zu
setzten, während die Nazis mit ihrem "Erlöser
Hitler" der Welt eine mörderische Apokalypse bereiteten.
...weiter
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Zweimal haben wir vergangenes Jahr über Waldorfschulen berichtet.
Wir haben gezeigt, dass es bei allen Verdiensten der Waldorfpädagogik
in den Schriften des Gründervaters Rudolf Steiner dunkle
Seiten gibt. Antisemitische und rassistische Passagen, von denen
sich bis heute kein Offizieller der Waldorfschulen distanziert
hat. Fragwürdig auch ein Schulbuch für den Geschichtsunterricht,
in dem das Ariertum besonders gefeiert wird. Unsere Berichterstattung
löste heftige Reaktionen aus. Wie sich zeigt, gehen die Freunde
sanfter Pädagogik mit Kritikern gar nicht so sanft um, sondern
mit massiven Einschüchterungsversuchen, mit Telefonterror
und juristischen Attacken. Einzelheiten von Eric Friedler.
B E R I C H T:
O-Ton,
Samuel Althof, Aktion Kinder des Holocaust:
»Ich
denke, die Absicht dieser Handlungen ist ganz bewusst, Kritiker
mundtot zu machen. Wir sollen nicht mehr sprechen. Wir sollen
schweigen.«
O-Ton, Arnold Seul, MDR Fernsehdirektion:
»Das
ist eine Verhaltensweise, die ich vorher eigentlich nur von Sekten
à la Scientology kannte.«
O-Ton,
Colin Goldner, Psychologe, Forum kritische Psychologie e.V.:
»Man
könnte also mit Fug und Recht die anthroposophische Bewegung
einschließlich der Waldorfschulen als eine sektoide oder
Psychokult-Organisation bezeichnen. Was ich persönlich aus
juristischen Gründen allerdings nicht tue.«
Das Goetheanum in Dornach in der Schweiz. Ein tempelartiges Gebäude
- Zentrum der Anthroposophie. Gebaut wurde es nach den Entwürfen
Rudolf Steiners. Er selbst sah sich als Menschheitsführer.
Hier hütet man sein Erbe. Auf Steiners Anthroposophie beruht
auch die Waldorfpädagogik. Viele ihrer Anhänger können
sich von Steiners Lehre nicht distanzieren, nicht einmal von antisemitischen
Aussagen. Doch wer sich mit diesem Problemkreis befasst, muss
sich über heftigen Gegenwind nicht wundern.
Wir
erinnern uns: REPORT Mainz wagte Kritik, als wir vor über
einem Jahr über Waldorfschulen in Deutschland berichteten.
Wir fanden Schulhefte, in denen es viel um Atlantis und um Arier
ging. Kein Wunder, nach Steiner sind diese eben die am höchsten
entwickelte Rasse. Und wir fanden dieses Buch: "Atlantis
und das Rätsel der Eiszeitkunst" von Ernst Uehli.
Bis
wir über dessen rassistischen Inhalt berichteten, wurde es
offiziell zur Vorbereitung des Waldorfklassenlehrers für
den Geschichtsunterricht empfohlen. Das Familien- und Jugendministerium
beantragte sofort eine Indizierung bei der Bundesprüfstelle
für jugendgefährdende Schriften. Die Waldorfbewegung
reagierte prompt. Seitdem ist es von allen Waldorfbücherlisten
gestrichen. Das war einfach. Folgende antisemitische Thesen Rudolf
Steiners aber gehören weiterhin zum anthroposophischen Gedankengut:
Zitat:
»(...)
so könnten die Juden eigentlich nichts besseres vollbringen,
als aufgehen in der übrigen Menschheit, so daß das
Judentum als Volk einfach aufhören würde.«
Ihm hatten sich ehemalige jüdische Schüler anvertraut:
Samuel Althoff. In REPORT berichtete er über antisemitische
Vorfälle an Waldorfschule und hoffte damit, einen Dialog
vermitteln zu können. Statt dessen:
O-Ton,
Samuel Althoff, Aktion Kinder des Holocaust:
»Nachdem
ich meine Kritik geäußert hatte, wurde ich mit einem
Verfahren bedroht. Es wurde eine Inseratenkampagne geschaltet.
Ich wurde öffentlich diffamiert. Meine Informanten und Informantinnen
haben dies zur Kenntnis genommen, und ich kann es ihnen nicht
verübeln, wenn sie aufgrund von diesen öffentlichen
Repressionen anonym bleiben wollten und sich nicht gegenüber
der Waldorfbewegung persönlich äußern.«
Diese Erfahrung mussten auch andere machen. Colin Goldner, der
von Berufs wegen Menschen behandelt, die sich als Sektenopfer
fühlen, weiß um den harschen Umgang mit Kritikern.
O-Ton,
Colin Goldner, Psychologe, Forum kritische Psychologie e.V.:
»Es
werden die Kritiker persönlich diffamiert, geschmäht,
verleumdet. Sie werden mit Unflat überzogen ohne Ende, so
dass es auch für die Personen der Kritiker sehr schwer ist
mit dieser ständigen Konfrontation zu leben.«
Kritiker sollen mundtot gemacht werden. So auch der Eindruck von
Arnold Seul. Vor sechs Jahren wollte er als Redakteur des Politmagazins
Fakt über zweifelhafte Zustände an einer Waldorfschule
berichten. So erging es ihm vor der Ausstrahlung:
O-Ton,
Arnold Seul, MDR Fernsehdirektion:
»Das
ging bis hin zu dem Versuch des Rufmordes. Man hat mir, bevor
der Beitrag überhaupt erschienen ist, schon körbeweise
Briefe zugeschickt mit Beschimpfungen. Es wurde Druck ausgeübt.
Es wurde der Versuch gemacht mit rechtlichen Mitteln. Und, als
das nicht funktionierte, mit moralischem Druck und mit Drohbriefen
und mit Einflußnahmen über meinen Arbeitnehmer mich
davon abzubringen, diesen Bericht zu veröffentlichen.«
Vieles davon kommt uns bekannt vor. Als REPORT über antisemitische
Vorgänge an einzelnen Waldorfschulen berichtet hatte, wurden
wir mit Verfahren überzogen. In all diesen gerichtlichen
Auseinandersetzungen durch alle Instanzen unterlag der Bund der
freien Waldorfschulen. Doch die Waldorfschulen streiten nach über
einem Jahr noch immer. Jetzt geht es nur noch um die Aussage,
jüdische Eltern nehmen vermehrt Kinder von Waldorfschulen.
Dies könne nicht stimmen erklärten Waldorfvertreter
und verstiegen sich dazu in fünf eidesstattlichen Erklärungen
zu behaupten, an den genannten Schulen gäbe es gar keine
Juden. Da müssen wohl höchst eigentümliche Nachforschungen
angestellt worden sein. Das sieht auch ein ehemaliges Mitglied
des Zentralrats der Juden in Deutschland so.
Zitat:
»Es
ist daher letztlich skandalös und befremdend, wenn die Vertreter
der Waldorfschulen nun Erhebungen darüber anstellen, wie
viele jüdische Kinder Waldorfschulen besuchen.«
Keine Juden? Kein Antisemitismus? Für die Waldorfbewegung
scheint das Problem damit gelöst. Wo es keine Juden mehr
gibt, können sie auch nicht von der Schule genommen werden,
und schon gar nicht vermehrt. Also, nach so gründlichen Nachforschungen
wollen nun auch wir nicht mehr von vermehrten jüdischen Schulabgängen
sprechen. Ob damit allerdings das Problem der Waldorfschulen wirklich
gelöst ist?
Alte
Synagoge in Essen. Professor Ekkehard Stegemann hält einen
Vortrag über antisemitische Elemente in der Anthroposophie.
Unter den Zuhörern auch zahlreiche Anhänger der Waldorfbewegung.
Die Diskussion zeigt, warum man sich so schwer tut, sich von antisemitischen
Inhalten zu distanzieren.
O-Ton,
Diskussionsteilnehmer:
»Und
das ist es eben, dass er auch Fehler machen kann.«
O-Ton, Ekkehard W. Stegemann, Theologe, Universität Basel:
»Und
das fällt den Anthroposophen wahnsinnig schwer, das zuzugestehen.«
O-Ton, Diskussionsteilnehmer:
»Ja,
dass das so schwer fällt, kommt daher, weil wohl, wenn man
das jetzt rausnimmt dieses Thema, dass dann diese Kettenreaktion
besteht, dass eine Sache nach der anderen rauszunehmen ist. Aber
das jetzt, unabhängig davon, was das jetzt für Konsequenzen
sind, dass die Anthroposophie dann ziemlich am Ende ist.«
O-Ton, Ekkehard W. Stegemann, Theologe, Universität Basel:
»Gut,
wenn Sie das meinen, ich kenne mich nicht so gut in der Anthroposophie
aus, aber wenn das bedeuten würde, dass sie am Ende ist,
dann ist sie notwendigerweise am Ende. Weil wenn sie die Inhumanität
gegenüber Juden aufrechterhalten muss, damit ihr System aufrechterhalten
wird, dann ist das ganze System inhuman.«
Abmoderation Bernhard Nellessen:
Das
war's fürs Erste von REPORT Mainz. In "REPORT nachgefragt"
um 22.15 Uhr im Südwest Fernsehen mehr zum Thema "Kinderarmut
in Deutschland". Sie können mitdiskutieren, schicken
Sie eine Mail oder rufen Sie uns an unter: 01805 90 44 90. Vielen
Dank für Ihr Interesse. Guten Abend!
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