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Waldorfschulen - enttäuschte Eltern berichten
Transskription der Sendung "Report aus Mainz" vom 28. Februar 2000 im Ersten (ARD)



2. Sendung: Waldorfschulen - Ministerium nimmt Geschichtsbuch ins Visier
3. Sendung:
Waldorfschulen - Wie Kritiker mundtot gemacht werden sollen

Reaktionen zur Sendung:
Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bestätigt Recherchen des ARD-Magazins REPORT Mainz
english version
Rassismus-Vorwürfe zurückgewiesen
Gegendarstellungsbegehren abgewiesen. Bund der Freien Waldorfschulen im Rechtsstreit mit „REPORT Mainz“ in wesentlichen Punkten gescheitert
Die Berichte der TaZ vom 13. Mai 2000
Bund der Freien Waldorfschulen verliert Verfahren gegen AKdH

Eine weitere Sendung von Report Mainz vom 10. Juli 2000:
Nachgefragt: Waldorfschulen - Ministerium nimmt Geschichtsbuch ins Visier

Bund der Freien Waldorfschulen unterliegt auf ganzer Linie gegen den SWR  15.Dezember 2000
Oberlandesgericht: SWR gewinnt Rechtsstreit gegen Waldorfschulen, Frankfurter Rundschau, 18. Dezember 2000


Moderator:
Verlassen wir für einen Moment die Politik und wenden uns einem anderen Thema zu: den Waldorfschulen. Hier gibt es keine Noten, dafür gibt es manches, was in es in den anderen Schulen nicht gibt: Fremdsprachen schon nach dem ersten Schuljahr, einen Ökogarten für die Schulküche, Mädchen, die schreinern, Jungen, die stricken, und keiner bleibt sitzen. So sind Waldorfschulen seit 80 Jahren ein Begriff für sanftes Lernen.
Jetzt aber kommen sie ins Gerede.
In Frankreich beschäftigt sich die Sektenkommission des Parlaments mit den Waldorfschulen und ihren anthroposophischen Lehren. Und auch in Deutschland wird die Kritik an Konzepten und Unterrichtsformen immer lauter.

Barbara Siebert und Eric Friedler berichten.

B E R I C H T:

Waldorfschulen in Deutschland. 12 Jahre lang kein Leistungsdruck, keine Noten, keine Auslese. Viel Raum für Musik und Kunst.
Schlüsselfigur ist der Klassenlehrer, acht Jahre lang führt er allein die Kinder durch den Lehrstoff - ohne Schulbücher. Diese Pädagogik ist mit einem Mann verbunden, dessen Bild in fast jeder Waldorfschule hängt - Rudolf Steiner. Basis der Waldorfpädagogik ist seine Lehre. Doch die soll nun Risse haben.
Wir sprechen mit enttäuschten Müttern von Waldorfschülern aus allen Teilen der Bundesrepublik, fragen, warum sie ihre Kinder von der Schule nahmen.
Heute haben sie Angst. Viele werden als Verräterinnen beschimpft. Sie wollen nur anonym aussagen.

O-Ton, Mutter eines ehemaligen Waldorfschülers:

»Da ist keine Durchsichtigkeit da, keine Transparenz. Wir wissen nicht, was da eigentlich gemacht worden ist. Es ist grundsätzlich so, dass die Eltern in diese Pädagogik nicht genügend Einblick erhalten.«

O-Ton, Mutter eines ehemaligen Waldorfschülers:

»Eine Schule, die rassistisch geprägt und weltanschaulich sehr einseitig auf Steiner ausgerichtet ist. Es ist also eine Führerfigur, die ich eigentlich so nie für meine Kinder für meine Kinder hätte haben wollen. Im Geschichtsunterricht wurde von Rassen gesprochen. Die Völker wurden kategorisiert, und diese ganze Evolutionstheorie, mir ist das alles etwas eigenartig.«

Sybille Jacobs tritt offen vor unsere Kamera. Viel zu spät sei sie aufgewacht und nahm ihre Kinder erst Mitte der 90er Jahre von der Waldorfschule. Seit einigen Jahren leitet sie einen Verein für Eltern ehemaliger Waldorfschüler.

O-Ton, Sybille Jacobs, „Initiative zur Anthroposophie-Kritik“, Augsburg:

»Es wird meiner Meinung nach eindeutig rassistisches Gedankengut den Kindern vermittelt. Zwar subtil und so, dass die Eltern das nicht unbedingt sofort merken. Wir haben das auch nicht gemerkt, weil ich die Hefte damals nie so genau angeschaut habe, weil die Kinder keine Schularbeiten oder nur wenig Schularbeiten aufbekommen haben. Dann habe ich mir die Hefte vorgenommen, und dann hat es mich fast umgehauen.«

Geschichtshefte der fünften Klasse aus verschiedenen Waldorfschulen. alle aus den letzten Jahren. Hier finden wir eine Entwicklungslehre der Menschen, die im Geschichtsunterricht staatlicher Schulen unbekannt ist. Die Arier, so heißt es dort, verliessen den untergehenden Kontinent Atlantis, um zahlreiche Hochkulturen zu begründen.
Begriffe wie „Arier“, „Opferfeuer“ oder „Arierwanderungen“ tauchen auf - unkommentiert. Für den Betrachter von aussen wird hier lediglich ein wenig bekannter Mythos vermittelt.

Experten sind da anderer Meinung. Der Inhalt der Schulhefte zeige, dass den Kindern Mythologie als geschichtliche Tatsache gelehrt werde, eine Entwicklungstheorie, die die Arier besonders hervorhebe, sei pädagogisch unhaltbar.

O-Ton, Klaus Prange, Pädagoge, Universität Tübingen:

»Diese Konstruktion hat die Funktion, in den einzelnen ein Bewusstsein zu erzeugen, dass in ihnen selbst die ganze Geschichte- so wie Steiner sie liest, mit ihren Merkwürdigkeiten - in jedem Menschen diese Geschichte präsent ist. Mit einem deutlichen Vorrang unserer Zugehörigkeit oder angeblicher Zugehörigkeit, muss man ja sagen, zur arischen Rasse, die da nach wie vor wie etwas behandelt wird, das es wirklich gegeben hat.«

In einigen Heften werden Eigenschaften ganzer Völker beschrieben. Vermittelt wird dabei: Russen sind unbeherrscht und unpünktlich, Franzosen oberflächlich, und sogenannte Buschmänner haben Hohlkreuze und starke Hinterteile.

Hildegard Ernst bildet Geschichtslehrer für staatliche Schulen aus. Ihr legen wir die Waldorfhefte vor.
Den Inhalt hält sie für fatal.

O-Ton, Hildegard Ernst, Historikerin, Universität Mainz:

»In einigen Kapiteln werden Völker mit Stereotypen überzogen, die, wenn sie unkritisch so stehen bleiben, zu rassistischen Vorstellungen führen müssen.«

Nach Meinung einiger Eltern finden sich diese Einstellungen auch im Schulalltag - mit schlimmen Konsequenzen.

O-Ton, Mutter eines ehemaligen Waldorfschülers:

»Behinderte, Ausländer und alles, was nicht in die Schublade, in die gewisse Schublade gepasst hat, ist diskriminiert worden. Und unsere Kinder haben da ganz große Probleme damit gehabt, weil wir sehr weltoffen, sehr tolerant sind. Letztendlich ist es einer der grossen Gründe gewesen, warum wir unser Kind von der Waldorfschule genommen haben.«


O-Ton, Samuel Althof, „Aktion Kinder des Holocaust“, Basel:

»Seit circa 2 Jahren werden Geschichten uns zugetragen aus der Bundesrepublik Deutschland von antisemitischen Vorfällen an Waldorfschulen. Diese Vorfälle sind verschiedener Art, sie beinhalten zum Teil Gewalt gegenüber Kindern, sie beinhalten aber auch verbale Gewalt: Du darfst nicht jüdisch sein, du sollst besser aufhören, Hebräisch zu lernen. Überhaupt: Gehe nicht in den jüdischen Religionsunterricht, der Holocaust war eine Notwendigkeit, um das Karma abzutragen, die Opfer sind nötig gewesen, und damit ist der Holocaust legitimiert.«

Rassismus und Antisemitismus in der Waldorfpädagogik?
Ein Rückblick.

1919 Rudolf Steiner soll für die Arbeiterkinder der „Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik“ eine Schule gründen. Daher der Name Waldorf. Steiner entwickelte dafür eine neue Pädagogik. Grundlage bis heute - die Anthroposophie. Wiedergeburt und Karma stehen dabei im Vordergrund.
Mit Hilfe von Anthroposophie und Waldorfpädagogik soll der Mensch im nächsten Leben eine höhere geistige Stufe erlangen.

Doch in Steiners Lehre findet sich auch Folgendes: „Die weisse Rasse ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse“. „Der Neger hat also ein starkes Triebleben“. „So könnten die Juden also nichts besseres vollbringen, als aufgehen in der übrigen Menschheit, so dass das Judentum als Volk einfach aufhören würde, das ist dasjenige, was ein Ideal wäre“.
Drei von vielen Zitaten dieser Art aus Steiners Gesamtwerk. Wissenschaftler und Eltern kritisieren, dass die Waldorfbewegung sich bis heute nicht von diesen Aussagen distanziert habe.
Und: Viele Zeitgenossen Steiners vertraten ähnliche Thesen, doch nur Steiners Lehre sei bis heute Grundlage eines pädagogischen Systems. Die Kritiker sehen daher die Gefahr, dass diese Inhalte noch heute an Waldorfschulen gelehrt werden könnten.

Die Waldorfbewegung bildet ihre eigenen Lehrer aus. Mittelpunkt dabei - Steiners Gesamtwerk. Dass manche Waldorflehrer sogenannte Arierwanderungen und Völkerstereotypen im Unterricht vermitteln, muss der Bund der Freien Waldorfschulen eingestehen.


O-Ton, Walter Hiller, „Bund der Freien Waldorfschulen“, Stuttgart:

»Wir haben aber ganz sicherlich verstärkt die Diskussion zu pflegen oder auch zu provozieren, was ist denn berechtigt Bestandteil der Waldorfschule und was hat in der Schule nichts zu suchen, weil es auch wirklich zu Irritationen und vielleicht auch zu Abschweifungen führen kann, die mit einer persönlichen Ambition einer Lehrkraft vielleicht zu tun hat, aber nichts mit dem, was Waldorfschule insgesamt sein soll.«

Persönliche Ambitionen einer Lehrkraft?
Einzelfälle?
Gegenüber REPORT Mainz berichten ehemalige Waldorflehrer, es komme immer wieder vor, dass umstrittene Inhalte unreflektiert in den Unterricht einflössen. Und da es im Unterricht keine Bücher gäbe, seien die Kinder auf das angewiesen, was der Lehrer ihnen erzähle.

O-Ton, Norbert Biermann, ausgestiegener Waldorflehrer:

»Jeder Waldorflehrer fühlt sich den Lehren Steiners verpflichtet, und solange es für mich keine öffentliche Distanzierung von diesen rassistischen Thesen gibt, ist es für mich unbegreiflich, dass solche Schulen diese Ideologie im ausgehenden 20. Jahrhundert noch verbreiten und dafür auch noch staatliche Förderung beanspruchen.«

Heiner Ullrich beginnt demnächst die erste empirische Studie zu den Waldorfschulen. Er will den Unterricht in der Praxis beobachten. Doch schon jetzt fordert er mehr Pluralität in der Ausbildung von Waldorflehrern. Weniger Steiner könnte bedeuten,

O-Ton, Heiner Ullrich, Pädagoge, Universität Mainz:

»... dass man sich von nationalistischen, rassistischen, antisemitischen Vorurteilen in dieser Pädagogik ein für alle mal frei machen könnte.«

Abmoderation Bernhard Nellessen:
Es geht uns wohlgemerkt nicht darum, die Waldorfschulen generell in eine falsche, braune Ecke zu rücken. Wir glauben aber, dass es für die Verantwortlichen höchste Zeit wäre, sich kritisch mit dem Vater der Waldorfschule, Rudolf Steiner, auseinanderzusetzen.


Moderation:
Bernhard Nellessen

Bericht:
Eric Friedler
Barbara Siebert

Kamera:
Helmut Hörber
Harald von Hellborn

Schnitt:
Roland Rossner

Literaturliste:

Badewien, Jan
Die Anthroposophie Rudolf Steiners
München, 1994

Bierl, Peter:
Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik
Hamburg, 1999

Kayser Martina, Wagemann Paul Albert:
Wie frei ist die Waldorfschule. Geschichte und Praxis einer pädagogischen Utopie
Berlin, 1993

Prange, Klaus:
Erziehung zur Anthroposophie. Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik.
Bad Heilbrunn,1987

Rudolph, Charlotte:
Waldorf-Erziehung. Wege zur Versteinerung.
Darmstadt, 1987

Steiner, Rudolph:
Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik
Dornach 1992
Aus der Akasha-Chronik
Basel 1955

Treiber, Christine:
„Mein Eigenwesen fühl` ich kraftend zur Klarheit sich wenden“ – Bericht aus einem Waldorflehrerseminar
aus: PÄD Forum; Nummer 6; Dezember 1997; S.531-548

Ullrich, Heiner:
Waldorfpädagogik und okkulte Weltanschauung. Eine bildungsphilosophische und geistesgeschichtliche Auseinandersetzung mit der Anthroposophie Rudolf Steiners
Weilheim und München, 1986

Weibring, Juliane:
Die Waldorfschule und ihr religiöser Meister
Waldorfpädagogik aus feministischer und religionskritischer Perspektive
Oberhausen, 1998


Rat, Hilfe und Informationen:

Dr. Klaus-Peter Meyer-Bendrat, Pädagoge; Evangelische Fachhochschule Hannover.
Dr. Meyer-Bendrat berät Eltern und Schüler, die Probleme mit der Waldorfschule haben oder die Waldorfschule verlassen wollen.
Meyer-Bendrat@efh-hannover.de

Dr. Jan Badewien; Sektenbeauftragter der Evangelischen Kirche Baden
Dr. Jan Badewien hat sich auf das Thema Anthroposophie spezialisiert. Er berät unter anderem Eltern, deren Kinder Probleme an der Waldorfschule haben bzw. einen Schulwechsel für ihre Kinder erwägen.
badewien@ev-akademie-baden.de

Initiative zur Anthroposophie Kritik; Die IzAK ist eine Initiative von Eltern ehemaliger Waldorfschüler, die negative Erfahrungen mit der Waldorfschule gemacht haben.
Sybille Jacobs; IzAK Büro Augsburg
IzAK@gmx.de

Aktion Kinder des Holocaust: www.akdh.ch



Die selbstredende Replick von Detlef Hardorp

(veröffentlicht am 28.2. 2000 auf der Internetsite von Ifo3, AKdH Archiv)

(...) Schade, daß sich die Verantwortlichen der Report Sendung vor den Dreckkarren einiger hartgesottener Anti-Waldorf Missionare hat spannen lassen. Zugegeben: was diese den Waldorfschulen vorwerfen, ist derzeit das Skandalträchtigste.

Detlef Hardorp Zur Report-Sendung vom 28. Februar
Detlef Hardop ist Sprecher der Waldorfschulen in Berlin und Brandenburg


 

Paul Spiegel bestätigt Recherchen des ARD-Magazins REPORT Mainz

Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Seit circa eineinhalb Jahren sind mir antisemitische Vorfälle an Waldorfschulen bekannt“

In der Sendung „Wortwechsel“ des Südwestfernsehens (SWR) äußert sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland u.a. zu antisemitischen Vorfällen an Waldorfschulen.
Paul Spiegel wörtlich: „Seit ungefähr eineinhalb Jahren wird mir von antisemitischen Vorfällen berichtet, aus verschiedenen Städten. Bisher konnte ich nicht aktiv werden, weil die Eltern, die mir davon erzählt haben, nicht bekannt werden wollten.“
Auf die Frage, wie der Zentralrat der Juden künftig mit der Thematik umgehen werde, kündigte Spiegel an, zunächst noch mehr Fakten zu sammeln. „Wenn wir die Fakten beisammen haben, überlegen wir was wir machen.“
Auf jeden Fall werde man an dem Thema dranbleiben. „Ich bin schon sehr erschüttert über das, was ich da gehört habe“, so Paul Spiegel, der mit seiner Stellungnahme Recherchen des ARD-Magazins REPORT Mainz bestätigte.

REPORT Mainz hatte am 28.2.2000 in der ARD unter anderem über rassistische Lehrinhalte und antisemitische Vorgänge an deutschen Waldorfschulen berichtet. Betroffene Eltern und ein Vertreter einer jüdischen Organisation aus der Schweiz hatten über solche Lehrinhalte und Vorfälle informiert.
In dem Magazinbeitrag äußerten sich auch Pädagogik-Experten kritisch über einzelne Aspekte der Waldorf-Pädagogik.
Das gesamte Gespräch zwischen dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel und Fritz Frey ist zu sehen im Südwestfernsehen am Sonntag, 19.3.2000, um 22.35 Uhr.


dpa: 22.03.2000
Rassismus-Vorwürfe zurückgewiesen
Der Bund der Freien Waldorfschulen hat Rassismus- und Antisemitismus-Vorwürfe vehement zurückgewiesen. "Dies hat weder etwas mit unserem Lehrplan noch mit unserer Lehrerausbildung zu tun'', sagte die Vorsitzende des Landesverbandes der freien Waldorfschulen, Gise Kayser-Gantner, am Dienstag in Stuttgart. Eine Umfrage an allen Schulen habe keine Anhaltspunkte für die Verbreitung rassistischen oder antisemitischen Gedankengutes oder Vorfälle in dieser Richtung ergeben. "Das ist nicht der Alltag in den Waldorfschulen'', sagte sie.

Damit reagierte sie auf die jüngsten Aussagen des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel. Spiegel hatte im Südwestfernsehen (SWR) gesagt, dass ihm seit etwa anderthalb Jahren aus verschiedenen Städten von antisemitischen Vorfällen berichtet werde. Die Eltern, die ihm davon erzählt hätten, wollten anonym bleiben. Deshalb sei er noch nicht aktiv geworden. Er werde zunächst noch mehr Fakten sammeln. Kayser-Gantner betonte, der Bund der Freien Waldorfschulen versuche Kontakt zu Spiegel aufzunehmen. Zuvor war in der ARD-Sendung "Report'' über rassistische Lehrinhalte und antisemitische Vorgänge an Waldorfschulen berichtet worden.


Gegendarstellungsbegehren abgewiesen:
Bund der Freien Waldorfschulen im Rechtsstreit mit „REPORT Mainz“ in wesentlichen Punkten gescheitert


Am 28.2. 2000 sendete das ARD-Polit-Magazin des Südwestrundfunks (SWR) „Report Mainz“ einen Beitrag mit dem Titel: „Waldorfschulen, enttäuschte Eltern berichten“. Der Film setzte sich u.a. kritisch mit den Unterrichtsinhalten an einigen Waldorfschulen auseinander.

Eltern von Waldorfschülern berichteten, dass sie den Unterricht an Waldorfschulen als „rassistisch geprägt“ erlebt hätten. Darüber hinaus zeigte der Beitrag Schulhefte aus dem Geschichtsunterricht einzelner Waldorfschulen, in denen stereotype Beschreibungen verschiedener Völker, sowie Begriffe wie „Arier“, „Arierwanderungen“ und „Arieropferfeuer“ auftauchten. Experten äußerten Kritik an diesen Inhalten.

Darüber hinaus berichtete Samuel Althof, der Sprecher der Schweizer Initiative „Aktion Kinder des Holocaust“, dass jüdische Kinder an manchen Waldorfschulen unter antisemitischen Diskriminierungen zu leiden hätten.

Der Beitrag führte zu heftigen Reaktionen bei Anhängern und offiziellen Vertretern der Waldorfschulen. Unmittelbar nach der Sendung leitete der Bund der Freien Waldorfschulen juristische Schritte gegen den SWR ein und verlangte mehrere Gegendarstellungen sowie die Unterlassung unterschiedlichster Aussagen.


Am 5.4.2000 hat das Landgericht Stuttgart das Begehren auf Gegendarstellung in allen Punkten abgelehnt.
Wenige Tage vorher, am 22.3.2000, entschied das Landgericht Frankfurt über die nachfolgend aufgeführten Aussagen:

a. Rassismus und Antisemitismus gehöre zu der Pädagogik der Waldorfschule
b. jüdische Eltern nähmen vermehrt ihre Kinder von der Waldorfschule
c. es käme zu antisemitischen Vorfällen an Waldorfschulen und dabei würden u.a. folgende Äußerungen verbreitet werden:
„Du darfst nicht jüdisch sein, Du sollst besser aufhören hebräisch zu lernen. Überhaupt: Gehe nicht in den jüdischen Religionsunterricht, der Holocaust war eine Notwendigkeit um das Karma abzutragen, die Opfer sind nötig gewesen, und damit ist der Holocaust legitimiert„ ( Zitat: Sprecher „Initiative Kinder des Holocaust„ )


Mit diesem Ansinnen sind die Vertreter der Freien Waldorfschulen nun vor dem Landgericht in Frankfurt im wesentlichen gescheitert. Mit Beschluss vom 23.3.2000 wies das Landgericht Frankfurt einen Antrag des Bundes der Freien Waldorfschulen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den SWR bezüglich der Punkte a) und c) zurück. Begründung: die Sendung habe keine „falschen Tatsachen“ über die Waldorfschulen behauptet.
Hier einige Sätze aus der Begründung des Frankfurter Beschlusses:


„Die Behauptung „Rassismus und Antisemitismus gehöre zu der Pädagogik der Waldorfschule„ hat die Antragsgegnerin ( also der SWR ) nicht aufgestellt. Sie hat vielmehr im Rahmen ihrer Reportage, nachdem einige Mütter von ehemaligen Waldorfschülern und der Sprecher einer schweizer Bürgerinitiative „Aktion Kinder des Holocaust„ zu Wort gekommen waren, die Frage aufgeworfen: „Rassismus und Antisemitismus in der Waldorfpädagogik?“ Die Fragestellung erfolgt in dem Beitrag in neutraler und sachlicher Form und legt es nicht nahe, dass es sich bloß um eine rhetorische Frage handelt, die Antwort für die Antragsgegnerin schon feststeht.“

Darüber hinaus erklärte das Gericht, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, „dass die Äußerung von Herrn Samuel Althof nicht der Wahrheit entspricht.“ Das Gericht stellte ferner ausdrücklich fest, dass es nicht völlig unwahrscheinlich erscheint, „dass es an einzelnen Schulen von einzelnen Lehrern Äußerungen gegeben hat, wie von Herrn Althof berichtet. Da Herr Althof mit seinen Ausführungen nicht den Eindruck erweckt, die von ihm geschilderten Vorgänge seien in den Waldorfschulen quasi an der Tagesordnung, sind seine Äußerungen nicht zu beanstanden.“

Nach Auffassung von SWR-Chefredakteur und Report-Moderator Bernhard Nellessen wird damit die Report-Berichterstattung nachdrücklich bestätigt.

Einzig die unter Punkt b) aufgeführte Aussage darf vorläufig vom SWR nicht mehr verbreitet werden. Dagegen wird der SWR jedoch Widerspruch einlegen, weil ihm Stellungnahmen von Vertretern jüdischer Organisationen vorliegen, die die von den Waldorfschulen angegriffene Aussage belegen. Diese Unterlagen wurden dem Gericht bei der Antragstellung vom Bund der Freien Waldorfschulen bislang vorenthalten.

Quelle: http://www.swr-online.de/report/aktuell/index.html

Und so sieht der Bund der Freien Waldorfschulen die Sache:
"SWR leugnet den bisher erreichten Stand der gerichtlichen Auseinandersetzung um die umstrittene Report-Sendung".
Es ist erstaunlich mit welcher Überheblichkeit der Bund der Freien Waldorfschulen die Arbeit des Gerichtes abqualifiziert.

Bund der Freien Waldorfschulen verliert Verfahren gegen AKdH
Das Gesuch des Bundes der Freien Waldorfschulen um Erlass einer provisorischen Verfügung gegen den Sprecher der AKdH Samuel Althof wurde vom Bezirksgericht Arlesheim am 5. Juni 2000 vollumfänglich abgewiesen.
Das Gesuch um Erlass einer superprovisorischen vorsoglichen Massnahme wurde bereits am 24. März 2000 vom Bezirksgericht Arlesheim abgewiesen.
In der Sendung "Waldorfschulen - enttäuschte Eltern berichten" vom 28. Februar 2000 bei "Report" (ARD) berichtete Samuel Althof über Schwierigkeiten jüdischer SchülerInnen an Waldorfschulen.

Die AKdH betont, dass sie nur im Dialog und nicht in juristischen Streitereien Wege zur Lösung der anstehenden Probleme sieht!
(das Urteil zip öffnen mit imaging for windows)

Anthroposophen unterlagen
QU. Tages-Anzeiger, 06 14 2000

Zürich. - Anthroposophen sind mit ihrer einstweiligen Verfügung gegen einen Kritiker beim Bezirksgericht Arlesheim BL unterlegen. Der Basler Samuel Althof von der Aktion Kinder des Holocaust hatte den deutschen Waldorfschulen (Steiner-Schulen) in der Fernsehsendung "Report" (ARD) vom 28. Februar vorgeworfen, sie würden psychische und physische Gewalt gegenüber jüdischen Kindern anwenden (TA vom 10. Mai). Ausserdem werde an den Schulen versucht, den Holocaust zu rechtfertigen. Nachdem der deutsche Bund der Freien Waldorfschulen erfolglos eine superprovisorische Verfügung beantragt hatte, versuchte er es mit einer einstweiligen Verfügung.

In seinem Entscheid hält das Bezirksgericht Arlesheim fest, dass Althof seine Aussagen "nicht ohne hinreichenden Grund von sich gegeben hat". Schriftliche Erklärungen von betroffenen Personen hätten Althofs Aussagen bestätigt. Es sei davon auszugehen, dass es ihm nicht bloss um eine Verunglimpfung der Steiner-Schulen gegangen sei, sondern um eine für berechtigt gehaltene Kritik. Das Gericht hob aber ausdrücklich hervor, dass damit noch nichts über den Wahrheitsgehalt von Althofs Aussagen gesagt sei. Der Bund der Waldorfschulen hat noch nicht entschieden, ob er den Fall weiterziehen will. (sta.)
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Die Berichte der TaZ vom 13. Mai 2000

Quelle: http://www.taz.de/tpl/2000/05/13.nf/text?Tname=a0150&list=TAZ_txt&idx=108

Editorial:
Die Anthroposophie-Seiten der taz sind umstritten wie die Anthroposophie selbst. Weder sind die Anhänger Rudolf Steiners immer glücklich mit den Inhalten, noch sind alle taz-Leser damit einverstanden, daß "diesen Spinnern" auch noch Platz eingeräumt wird. Eine eventuelle Leserbriefflut wird dennoch nicht gefürchtet sondern mit Freude erwartet: Der Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf dem Thema "Waldorfpädagogik und Antisemitismus ?"

taz Nr. 6141 vom 13.5.2000 Seite 35 25 Zeilen

Antisemitismus an der Waldorfschule?
UMGEDREHTE HAKENKREUZE

Quelle: http://www.taz.de/tpl/2000/05/13.nf/text?Tname=a0153&list=TAZ_txt&idx=99

Die Berliner Rudolf-Steiner-Schule steht zur Zeit stellvertretend für den Bund der Freien Waldorfschulen vor Gericht, und zwar mit der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung, herausgegeben vom Zentralrat der Juden in Deutschland.

Stein des Anstoßes ist ein Artikel des Blatts vom 30. März dieses Jahres: "Waldorf-Unterricht rassistisch geprägt? Kritiker werfen den Rudolf-Steiner-Schulen Antisemitismus vor". Die Waldorfpädagogen fordern nun eine Gegendarstellung.

Ausgelöst wurde die aktuelle Diskussion um Rassismus und Antisemitismus in der Waldorfschule durch die SWR-Sendung "Report Mainz" vom 28. Februar (auch hier folgte ein Rechtsstreit siehe auch Artikel Tages-Anzeiger, Zürich). In einem Beitrag über Waldorfschulen kritisierten Eltern deren "rassistische Prägung" und eine auf "Rudolf Steiner als Führerfigur" ausgerichtete Pädagogik. Darüber hinaus zeigte der Beitrag Schulhefte aus dem Geschichtsunterricht einzelner Waldorfschulen, in denen stereotype Beschreibungen verschiedener Völker sowie Begriffe wie "Arier", "Arierwanderungen" und "Arieropfer" auftauchten. Die in der Tat schwierige und umstrittene zweite Seite der Anthroposophie und damit auch der Waldorfpädagogik, ihre okkult-esoterische Weltsicht, ist schon lange ein Streitthema. Auch der Antisemitismus-Vorwurf ist nicht neu.

In dem "Report"-Beitrag berichtete jedoch Samuel Althof, Sprecher der Basler Initiative "Aktion Kinder des Holocaust", ihm werde zunehmend über antisemitische Diskriminierung an Waldorfschulen berichtet.

Die Aussagen Althofs wurden später von Paul Spiegel, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, bestätigt. In der SWR-Sendung "Wortwechsel" vom 19. März sagte Spiegel in Bezug auf die Waldorfschulen: "Seit ungefähr anderthalb Jahren wird mir von antisemitischen Vorfällen berichtet, aus verschiedenen Städten. Bisher konnte ich nicht aktiv werden, da die Eltern, die mir davon erzählt haben, nicht bekannt werden wollten."
Die daraufhin losgetretene Diskussion bot genug Anlass für einen Artikel in der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung, der das Thema der "Report"-Sendung aufgriff und sich darüber hinaus eingehender mit der Problematik Rudolf Steiner und Antisemitismus befasste: Zitiert wurde Steiner unter anderem mit dem Satz "Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte."
Findet, wie in dem Artikel kritisiert, tatsächlich keine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der Waldorfbewegung statt, oder handelt es sich um "diffamierende Meinungsmache", wie der Bund der Freien Waldorfschulen meint?

Letzterer Ansicht ist auch Evelyn Hecht-Galinski. Die Tochter des langjährigen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, hat sich zu Wort gemeldet. Sie gründete die "Vereinigung gegen die Verunglimpfung der Waldorfpädagogik" und schaltete Anzeigen unter anderem in der Zeit und der Süddeutschen. Die taz hat für diese Ausgabe ein Interview mit ihr geführt. Auch der Sprecher der Berlin-Brandenburgischen Waldorfschulen, Detlef Hardorp, bekommt hier Gelegenheit, sich zu Rudolf Steiner und seinem Verhältnis zu Judentum und Zionismus zu äußern.

Eine öffentliche Diskussion des sensiblen Themas muss auch ohne Mitwirkung des Gerichts möglich sein, die Waldorfschulen laufen ohnehin Gefahr, sich mit einer Klage gegen die vom Zentralrat der Juden herausgegebene Zeitung mehr Schaden als Nutzen zuzufügen. Die geforderte Gegendarstellung kommt über philosophische Spitzfindigkeiten und Korrektur falscher Zahlenangaben kaum hinaus, auf der anderen Seite erschien in der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung bereits eine Leserbriefseite mit der Überschrift "Der antisemtische Anzug passt nicht": Sämtliche Schreiber hatten sich hier mit der Waldorfpädagogik solidarisiert.
MARTIN REICHERT
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"Verbale Diffamierungen"
http://www.taz.de/tpl/2000/05/13.nf/text?Tname=a0156&list=TAZ_txt&idx=92
Evelyn Hecht-Galinski, die Tochter des langjährigen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, verteidigt die Waldorfschulen gegen den Verdacht des Antisemitismus

Frau Eveline Hecht-Galinskis und Herrn M. Barkhoffs (Medienbeauftragter der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland) selbstredendes Schreiben an die Mitglieder des Patronatskomitees der Aktion Kinder des Holocaust. (tif ) Das Schreiben ist eine Reaktion auf die Aussagen S. Althofs bei Report und ein Versuch das Patronatskomitee von der AKdH abzuspalten. Der Versuch scheiterte!

Frau Hecht Galinski verteidigt in ihrem Schreiben an das Patronatskomitee sogar das von Experten als antisemitisch bezeichnete Buch Das Rätsel des Judentum von Ludwig Thieben, veröffentlicht im anthroposophischen Perseus Verlag in Basel.

Das im Schreiben gewählte Niveau der Auseinandersetzung entspricht nicht unseren sachlichen Interessen und in keiner Weise der ethischen und moralischen Haltung der AkdH. Aus diesem Grund und um unnötige Verhärtungen und Verletzungen zu vermeiden, entschied sich die AKdH, trotz des nachweislich ehrverletzenden und erlogenen Inhalts, vorerst keine rechtlichen Schritte gegen Frau Hecht-Galinski und Herrn Barkhoff zu unternehmen.

taz: Frau Hecht-Galinski, Sie waren selbst Waldorfschülerin in Berlin. Wie sind Ihre Erfahrungen aus dieser Zeit? Können Sie sich an antisemitische Vorkommnisse erinnern, oder wurden Sie als Jüdin irgendwie diskriminiert?

Evelyn Hecht-Galinski: Ich habe nur die besten Erinnerungen an meine Schulzeit in der Waldorfschule. Niemals wurde ich als jüdische Schülerin anders behandelt als meine Mitschüler. Auch ausländische Kinder in meiner Klasse wurden nie diskriminiert. Im Gegenteil, es wurde großer Wert darauf gelegt, dass ich den jüdischen Religionsunterrricht in der Jüdischen Gemeinde besuchen konnte. Man war auch interessiert an jüdischen Riten und Feiertagen. Genauso interessierte auch ich mich immer schon für andere Konfessionen und Bräuche. Dieses tolerante Miteinander fördert die Waldorfpädagogik. Gerade deshalb hat mich mein Vater auch sehr bewusst auf die Waldorfschule geschickt.

Haben Sie sich nach der Schulzeit mit der Anthroposophie beschäftigt? Sind Sie selbst Anthroposophin?
Ich kann nur sagen: Während meiner Schulzeit habe ich sehr wenig mit Anthroposophie zu tun gehabt, denn im Unterricht wird sie ja nicht vermittelt.
Dies steht ganz im Gegensatz zu dem, was unwissende Leute jetzt in den Medien darstellen. Da wird nämlich so getan, als ob auf der Waldorfschule anthroposophieverseuchte Rassisten erzogen würden! Dagegen verwahre ich mich ganz entschieden!
Nach meiner Schulzeit habe ich mich auch nicht mit der Anthroposophie beschäftigt. Mir hat nur immer die Farbenlehre gut gefallen, die mir später beruflich in unserer Textilfirma sehr hilfreich war. Außerdem mag ich den biologisch-dynamischen Landbau von Demeter sehr gerne. All diese Sachen sind ja erst heute zu ihrer Blüte gekommen. Aber um diese gut zu finden, muss man ja keine Anthroposophin sein. Auch die Esoterik liegt mir völlig fern.

Wie weit sind Sie mit der Jüdischen Gemeinde oder dem Judentum verbunden, und gibt es nach Ihrer Erfahrung grundsätzlich negative Einstellungen den Waldorfschulen gegenüber?
Ich bin erziehungsmäßig und traditionell mit dem Judentum verbunden, aber nicht im religiösen Sinne. Nach meinen Erfahrungen gibt es keine negativen Einstellungen der Juden der Anthroposophie gegenüber. Während der Amtszeit meines Vaters als Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland jedenfalls nie. (Brief von Ignatz Bubis an AKdH)
Insofern haben mich die pauschalen und unbewiesenen Äußerungen des derzeitigen Vorsitzenden Paul Spiegel im Interview des SWR verwundert. Es gab ja diese "Report"-Sendung, und auch die Allgemeine Jüdische Wochenzeitung hat in der Ausgabe vom 30. März dieses Jahres einen negativen Artikel über die Waldorfschulen veröffentlicht, der die Vorwürfe der Fernsehsendung wiederholt, sie jedoch auch nicht belegt.

Wie ist Ihre Auffassung dazu?
Nach der "Report"-Sendung aus Mainz vom 28. Februar war ich so entsetzt über diese gezielten Diffamierungen und unbewiesenen Behauptungen, auch noch mit anonymen Äußerungen! Durch die Telefonate mit Herrn Friedler von "Report" Mainz [ARD-Fernsehen], Mariette Schäfer, einer unter Pseudonym schreibenden Journalistin und Verfasserin des schlecht und falsch recherchierten Artikels in der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung, und Herrn Klaus Werry, der im Deutschlandfunk Köln einen hasserfüllten Kommentar zum 75. Todestag Rudolf Steiners gesprochen hatte, habe ich erst den unvorstellbaren Hass - für mich überhaupt nicht nachvollziehbar - zu spüren bekommen.
Mit diesen Leuten ist überhaupt keine normale Diskussion möglich, da sie nur verbale Diffamierungen loslassen.

Wie kamen Sie auf die Idee, mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit zu treten?
Weil ich diese Angriffe diffamierend und ohne konkrete Beweise fand und weil ich von meinem Vater so erzogen worden bin, zu solchem Unrecht nicht zu schweigen.
Hat Ihr Aufruf bereits Wirkung gezeitigt?
Glücklicherweise ja! Ich bekomme täglich Briefe von jüdischer und nichtjüdischer Seite. Die Leute berichten mir von ihren guten Erfahrungen und sind genau wie ich entsetzt. Erstaunlicherweise sind bisher keine anonymen oder negativen Briefe dabei gewesen. Die Menschen, die mir schreiben, haben es nicht nötig, ihre Namen geheim zu halten. Das hat mich sehr ermutigt und bestärkt, weiterzumachen.
Interview: ACHIM HELLMICH


Bund der Freien Waldorfschulen unterliegt auf ganzer Linie gegen den SWR

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit seinem Urteil vom 14.12.2000 (Az: 16 U 138/00) eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 22.3.2000 aufgehoben. Das LG Frankfurt hatte es seinerzeit dem SWR untersagt, die Behauptung zu verbreiten, dass jüdische Eltern vermehrt ihre Kinder von der Waldorfschule nähmen. Der Beschluss bezog sich auf die Berichterstattung des ARD-Magazins REPORT Mainz. Die Sendung vom 28.2.2000 hat unter anderem kritisch über Waldorfschulen berichtet, insbesondere antisemitische Vorfälle wurden öffentlich gemacht.

Hiergegen hatte der Bund der Freien Waldorfschulen zunächst versucht, diverse Gegendarstellungen zu erwirken; war damit aber sowohl beim Landgericht als auch beim Oberlandesgericht Stuttgart gescheitert.

Zwei weitere Unterlassungsbegehren hatte das Landgericht Frankfurt bereits am 22.3.2000 zurückgewiesen.

Mit der jetzigen Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt ist der Bund der Freien Waldorfschulen nunmehr in allen Rechtsstreitigkeiten dem SWR unterlegen. Der Redaktionsleiter von REPORT Mainz, Fritz Frey, sieht damit die REPORT-Berichterstattung in vollem Umfang bestätigt.

Oberlandesgericht: SWR gewinnt Rechtsstreit gegen Waldorfschulen
QU: Frankfurter Rundschau, 18. Dezember 2000

In einem Rechtsstreit zwischen dem Bund der Freien Waldorfschulen und dem Südwestrundfunk (SWR) über Probleme mit jüdischen Schülern hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu Gunsten der Rundfunkanstalt entschieden. Mit seiner Entscheidung (Az.: 16 U 138/00) hat das OLG einen Antrag des Bundes Freier Waldorfschulen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den SWR zurückgewiesen. Mit der Verfügung sollte dem Sender die Behauptung verboten werden, jüdische Eltern nähmen vermehrt ihre Kinder von den Waldorfschulen.

Der SWR hatte diese Behauptung in der Fernsehsendung Report Mainz aufgestellt und sich zum Beweis auf Äußerungen unter anderem des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland sowie auf zwei eidesstattliche Versicherungen von Eltern berufen. Damit bestand nach Feststellung des Gerichts eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung, die von dem Bund der Freien Waldorfschulen bestritten wurde.

Am 28. Februar diesen Jahres hatte der SWR in dem Beitrag Report Mainz über vermeintlich antisemitische Vorfälle an Waldorfschulen berichtet und gefragt, ob Rassismus und Antisemitismus zur Pädagogik der Waldorfschule gehörten. Der Bund der Freien Waldorfschulen hatte daraufhin die Unterlassung einiger Aussagen des Films gefordert. dpa



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